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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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gewesen – die verpassten Gelegenheiten, die Freundschaften, die nie entstehen würden. „Hör zu, würdest du deinen Freunden bitte sagen, dass ich nicht verrückt bin? Ich will nur, dass sich ein paar Dinge ändern.“
    „Du willst dich wirklich einschreiben?“
    „Ich will es versuchen.“
    Sie wurden getrennt, bevor das Mädchen reagieren konnte.
    Dawn erkämpfte sich den Weg zum Büro. Sie beeilte sich, damit niemand von der Picayune oder der Fernsehstation sie erwischte, bevor sie es bis ins Büro geschafft hatte. Sie war nicht hierhergekommen, um Interviews zu geben. Jedenfalls nicht als Erstes.
    Das Büro sah genauso aus wie der Rest des Gebäudes: spärlich beleuchtet und mit Wänden, die einen frischen Anstrich vertragen könnten, aber groß und gut ausgerüstet. Studenten belagerten den Empfangstresen, der von zwei Frauen bedient wurde. Nach dem behutsamen Einsatz ihrer Ellbogen öffnete sich schließlich eine kleine Lücke für Dawn.
    Jemand hämmerte von draußen gegen die Tür. Dawn hatte einen Verdacht. Als sie ihren Platz am Empfangstresen einnahm, wurde es plötzlich still. „Ich warte gerne, bis ich dran bin“, sagte sie.
    „Was willst du?“ Die Frau hinter dem Tresen klang weder besonders freundlich noch besonders unhöflich. Höchstens resigniert, so als ob sie ahnte, was kommen würde.
    „Ich würde mich gerne einschreiben. Ich lebe nicht weit von hier entfernt. Ich würde gerne hier studieren.“
    „Du müsstest wissen, dass das nicht geht.“
    Dawn hatte sich bereits eine Antwort zurechtgelegt. „Ich wüsste nicht, warum. Meine Familie bezahlt Steuern.“
    „Du weißt, dass das nicht der Grund ist.“
    „Ich bin eine gute Studentin. Ich bin keine Querulantin.“ Die Frau sah aus, als ob sie das bezweifelte. „Das hat nichts damit zu tun.“
    „Mein Vater ist Senator Ferris Gerritsen. Ich bin sicher, dass er mir eine Referenz schreiben wird. Mein Onkel, Pater Hugh Gerritsen, wird mir auch eine schreiben. Er wird gerade nur schwer zu erreichen sein, weil er drüben im neunten Bezirk versucht, dafür zu sorgen, dass die Eingliederung schwarzer Schüler in weißen Schulen friedlich vonstattengeht.“
    Im Büro war es plötzlich mucksmäuschenstill.
    Der Gesichtsausdruck der Frau veränderte sich fast unmerklich. „Ich hole den Direktor.“
    „Danke.“ Als Dawn sich umdrehte, um ihr hinterherzusehen, schaute sie in ein Blitzlichtgewitter. Sie wandte sich rasch wieder um und ignorierte die Fragen, die in die Stille hinein an sie gerichtet wurden.
    Ein älterer Mann kam an den Tresen. Er sah so aus, als wünschte er, sie würde verschwinden. „Warum wir?“
    „Es tut mir leid, aber von Gesetzes wegen sollte diese Schule hier für mich zuständig sein.“
    „Sie tun uns damit keinen Gefallen.“
    „Sie würden mir einen Gefallen tun, wenn Sie mich an den Vorlesungen teilnehmen ließen.“
    „Das kann ich nicht.“ Er sah die Reporter an. „Nicht weil ich es nicht wollte. Es gibt Gesetze, die es mir verbieten. Und ich muss sie befolgen, ob es mir passt oder nicht. Wenn es nach mir ginge, könnte jeder Mensch gleich welcher Hautfarbe die Schulen besuchen, die ihm gefallen.“
    „Wenn es nach mir ginge, wäre es genauso.“ Dawn versuchte herauszufinden, ob noch mehr gesagt werden musste. Schließlich reichte sie dem Direktor die Hand. Seine Augen blitztenvor Vergnügen. „Vielleicht haben Ihre Kinder eines Tages diese Möglichkeit.“
    „Ich werde alles tun, damit das eintrifft.“
    Diesmal zuckte sie nicht vor dem Blitzlichtgewitter zusammen.
    Das Foto, das am Abend und am nächsten Morgen in den Zeitungen erschien, zeigte Dawn beim Händeschütteln mit dem Direktor der Highschool.
    Eine Woche später erschien in denselben Zeitungen eine kleine Randnotiz auf der letzten Seite. Dawn Gerritsen, die kürzlich versucht hatte, sich an einer öffentlichen Highschool einzuschreiben, besuchte nun eine private Akademie in Virginia. Ihr Vater, Senator Ferris Gerritsen, erklärte, Dawn brauche ein friedliches Umfeld fernab der Unruhen in New Orleans, um ihre Ausbildung in Ruhe fortsetzen zu können.

26. KAPITEL
    D awn hatte zwar mit Reaktionen auf ihr eigenmächtiges Handeln gerechnet, aber nicht damit, dass man sie nach Virginia abschieben würde. Statt ihr die Hölle heißzumachen, hatte Ferris eiskalt angeordnet, ihre Koffer zu packen, während Cappy eine Schule für sie suchte. Da es so spät im Jahr nur noch wenige Möglichkeiten gab, sah Cappy sich gezwungen, Dawn in einem

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