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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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ein kleiner Schritt zu sein. Aber es war weiter, als es aussah, und man würde sich nasse Füße holen.
    Er hatte eine Wohnung im ersten Stock, rechts, und es stand außer seinem kein anderer Name auf dem Schild.
    Ich lehnte mich gegen die Klingel und ließ es schellen, lange. Ich fühlte mich wie Knecht Ruprecht. Aber ich brachte keine Geschenke, ich brachte die Rute mit.
    Die Tür ging mit einem Knall auf, und Stig Madsen stand da mit struppigem Bart, das dünne Kopfhaar stand zu Berge, und sein Gesicht sah aus, als sei er aus einem tiefen, tiefen Schlaf gerissen worden. Nichts hätte mich mehr freuen können.
    Ich setzte einen Fuß in die Türöffnung, trat zwei Schritte nach vorn und schob ihn unsanft vor mir her, gegen die Wand.
    »Was, zum …« Er schüttelte verschlafen den Kopf.
    Ich trat die Tür hinter mir zu. »… Teufel!« beendete ich den Satz für ihn, preßte den linken Unterarm von unten gegen sein Kinn, kontrollierte seine Beine mit einem leicht angehobenen Oberschenkel und hielt die rechte Hand klar, um eventuelle Schläge abzuwehren.
    »Veum? Was, zum Teufel, soll das bedeuten?« Aber er sah mich an, als brauche er keine Übersetzung.
    »Das bedeutet Danke fürs letzte Mal, draußen im Treppenhaus bei Belinda Bruflåt, am Mittwoch. Und das bedeutet, daß ich gerade von da komme.«
    »Von …?«
    »Von Belinda!«
    »Von Belinda?« Er wurde erst bleich, dann erwachte er wieder zum Leben. »Na und? Laß mich los, zum Teufel! Das tut weh!«
    »Das soll es ja auch. Wie glaubst du, geht es wohl Belinda jetzt?«
    »Ahrrr!« Er schnitt eine Grimasse. »Das Hurenbiest! Du hast selbst gesehen, wie sie sich aufgeführt hat, aber mir gegenüber hat sie sich geziert!«
    »Du hast sie vergewaltigt …«
    »Sie hat dazu eingeladen!«
    »Sag das den …«
    »Ja verdammt, das werd’ ich auch. Den Bullen und den Geschworenen und dem ganzen Scheiß, wenn es nötig ist. – Sie hat dazu eingeladen, Veum! Hast du das nicht selbst gemerkt? Du hast doch mit ihr getanzt, oder?«
    »Aber ich habe sie nicht vergewaltigt«, schnarrte ich.
    »Nein, aber vielleicht hattest du auch keine Gelegenheit?«
    Ich preßte den Unterarm nach oben, so daß sein Kopf nach hinten an die Wand gebogen wurde.
    »Dazu hast du kein Recht, Veum! Du hast verdammt noch mal kein …« Er zappelte mit den Beinen, aber ich hatte ihn in der Zange.
    Dann fing er an zu schlagen. Die eine Faust traf mich in der Seite, die andere mitten im Bauch. Aber seine Bewegungen waren zu langsam, und ich hatte rechtzeitig die Muskeln angespannt.
    Ich knickte seinen Kopf noch ein Stück weiter nach hinten und schlug ihm schnell ein paarmal ins Gesicht. »Halt still, Madsen, sonst schlag’ ich dich zu Brei! Verstanden?«
    »Veum – du verdammter Moralist!« preßte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Und Johnny Solheim? Warst du eifersüchtig, weil er sich, anscheinend, gehörig gütlich tat an dem Leckerbissen. Hast du ihn niedergestochen, weil du hofftest, daß du danach freie Bahn hättest? Wurdest du enttäuscht?«
    Er wand sich wie ein Fisch am Haken. »Ich hab’ verdammt noch mal nichts damit zu tun, daß der Johnny umgebracht wurde!«
    »Was hast du denn gemacht – letzten Samstag? Gingst du gleich nach Hause? Oder hast du auf den Johnny gewartet, draußen auf der Straße?«
    »Ich – gar nichts!«
    »Vielleicht wußtest du auch – nein …« Es waren noch immer zu viele lose Fäden. Ich bekam sie nicht zusammen.
    »Was hattest du mit Harry Kløves Tod zu tun?«
    »Dem Harry?«
    »Und Arild Hjellestads?«
    »Ich versteh’ nicht, was du …«
    »Verschickst du vielleicht Drohbriefe mit Engeln drin?«
    »Engel? Spinnst du jetzt völlig, oder was …«
    »Der letzte – an Jakob Aasen?«
    Er trat mit dem einen Bein nach mir. »Der Jakob soll auf jeden Fall die Schnauze halten. Fickt seine eigene Tochter!«
    Er hing an meinem linken Unterarm wie eine Stoffpuppe an einem Haken. Plötzlich war es um uns ganz still geworden.
    Ich nahm ein Radio wahr, das dröhnte – vielleicht war es auch ein Fernseher. Der einfache, maskuline Flur um uns herum stank nach Staub und Salmiak. An ein paar Haken hingen ein paar verschlissene Lederjacken, ein Cowboyhut lag herum und ein paar andere Kopfbedeckungen auf einem Regal. An einer Wand standen in einem Papierkorb ein paar Regenschirme mit abgebrochenen Spitzen.
    »Was sagst du da?«
    Er blinzelte mich an. »W-was?«
    »Von Jakob – daß er …«
    »Seine eigene Tochter gefickt hat! Der Johnny hat’s

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