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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Dunkelheit verloren.
    Ich machte ein paar schnelle Tanzschritte auf dem verwitterten Gehweg. Dann ging ich los.
    Ein Geräusch ließ mich stoppen. Es klang wie ein Stöhnen.
    Ich sah mich um.
    Unten auf einer Kellertreppe, zehn Meter entfernt, bewegte sich etwas. Ich hörte wieder das gleiche Geräusch. Es kam von dort.
    Ich lief die wenigen Schritte dorthin.
    Eine Sekunde oder zwei blieb ich stehen.
    Johnny Solheim lag auf dem Rücken unten an der Kellertreppe. Er hatte mit beiden Händen um den Mauerrand gegriffen, in dem vergeblichen Versuch, sich hochzuziehen.
    Als er mich entdeckte, öffnete er den Mund, als wolle er etwas sagen. Aber es kam nur Blut heraus.
    Dann brach sein Blick.

16
    Ich lief ein paar Schritte zurück, in Richtung Hot Spot. Dann kehrte ich um und lief in die entgegengesetzte Richtung.
    Ich war auf der Suche nach der nächsten Telefonzelle, als ein Taxi um eine Hausecke bog. Ich winkte es an die Bordsteinkante heran und bat den Fahrer, die Polizei zu informieren, und lief dann zurück zu Johnny Solheim.
    Er lag genauso da, wie ich ihn verlassen hatte. Das einzige, was sich verändert hatte, war ein ständig wachsender Blutfleck vorn auf seinem Hemd unter der offenen schwarzen Lederjacke. Das Blut aus seinem Mund war zu zwei Streifen zusammengeflossen, die aus seinen Mundwinkeln liefen, wie bei einem Opfer aus einem Dracula-Film.
    Ich blieb stehen und sah ihn an. Jemand hatte die Nadel auf die letzte Rille seiner LP gesetzt, sie tief hineingepreßt und dafür gesorgt, daß niemand sie je wieder würde spielen können.
    Von weit her hörte ich die ersten Sirenen. Dann wurde die Straße von Blaulicht erleuchtet, während das Echo zuschlagender Autotüren von den Häuserwänden widerhallte. Uniformierte Männer näherten sich mit großer Geschwindigkeit. Ein großes, sommersprossiges Gesicht, das mir nicht bekannt vorkam, sagte etwas. Dann glitt der Blick an mir vorbei, und er verstummte.
    Danach war alles Chaos, lange.
    Ich erzählte ihnen, wer ich war. Ich zeigte auf das Hot Spot und erzählte, was sich dort befand. Ich sagte, daß ich seine Frau dort gesehen hätte und daß sie vielleicht jemand losschicken sollten, um zu checken, ob sie schon nach Hause gekommen war. Ich gab ihnen die Namen von Jakob Aasen, Stig Madsen und Belinda Bruflåt und sagte, daß alle drei gegangen wären, lange vor mir. Ich erzählte ihnen alles, was mir einfiel, und danach erzählte ich es noch einmal.
    Es war vier Uhr, als ich gehen durfte. Ich ging direkt nach Hause, in meine Wohnung, duschte heiß und ging ins Bett.
    Ich erwachte mit einem Ruck, dadurch, daß jemand versuchte, meine Türklingel durch die Wand zu pressen. Es war fünf Uhr, wann und an welchem Tag auch immer.
    Ich hüpfte aus dem Bett und zog mir einen Morgenmantel an, bevor ich in den Flur wankte, öffnete die Tür einen Spalt und sah hinaus.
    In früheren Tagen schickten sie sowohl Ellingsen als auch Bøe. Aber Bøe war pensioniert, und das Budget war geschrumpft, also schickten sie Ellingsen allein.
    Er zeigte mir seinen Ausweis und fand sich witzig, schielte skeptisch auf meine nackten Füße und sagte: »Du wirst auf der Wache erwartet, Veum.«
    »Und von wem?«
    »Dem Wachhabenden der Kripo.«
    »Aber ich hab’ doch gesagt …«
    »Sie wollen, daß du noch mal aussagst.«
    »Das hat man davon, die Polizei zu verständigen, Elling. Nächstes Mal laß ich die Leiche liegen.« Ich trat zur Seite. »Komm eben rein, ich zieh’ mir was an. Wenn ich darf.«
    Er blieb im Flur stehen, während ich mich anzog. Ich machte mir die Haare naß, bürstete sie, strich mir über den Drei-Tage-Bart, sah aus dem Fenster, um festzustellen, wie das Wetter war, ging wieder in den Flur und sagte: »Welcher Tag ist heute?«
    Er sah mich ungerührt an. »Heute ist Sonntag. Und es ist fünf Uhr nachmittags. Willkommen in der Zivilisation, Veum. Willkommen über Tage.«
    »Ich hätte mir ein besseres Begrüßungskomitee vorstellen können als dich, Elling. Wollen wir los?«
    »Wir wollen.«
    Auf halber Treppe fragte ich: »Und wer ist der Wachhabende dieses Wochenende?«
    »Der Muus is los«, sagte er und grinste.
    Ich seufzte schwer. »Fröhliche Weihnachten, Elling. Fröhliche Weihnachten.«

17
    Oberkommissar Dankert Muus lächelte wie ein ungeliebter Schwiegersohn bei der Beerdigung seiner Schwiegermutter. In seinem Büro hing der stickige Geruch kremierter Zigaretten, und die letzte Leiche hing noch zwischen seinen schmalen Lippen.
    Er machte einen auffallend

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