Gefallene Engel
ja? – Und wie lange war es her, daß du zuletzt mit ihm gesprochen hattest?«
»Das war am Tag vorher. Im Steinen. Ich war dort zusammen mit Jakob, und wir besuchten ihn in der Garderobe. Er trat da auf.«
»Das stimmt. Und dann fiel dir ein, daß du ein bißchen mehr mit ihm reden wolltest?«
»Nein.« Ich beugte mich vor, wie um das Vertrauliche der Information zu unterstreichen. »Also es ist nämlich so, daß Jakob Aasen eine Frau hat, Rebecca – die übrigens auch mit uns zusammen aufgewachsen ist, in Nordnes. Vor ein paar Jahren hatte sie ein kurzes Verhältnis mit Johnny Solheim. Jetzt war sie wieder von zu Hause ausgezogen, und Jakob … Jakob wollte wissen, ob sie vielleicht die alte Verbindung zu Johnny wieder aufgenommen hatte.«
Vegard Vadheim hatte aufgehört, zu notieren. »Ich dachte … Ich meine, mich zu erinnern – daß du zu solchen Fällen normalerweise nein sagst, Veum?«
»Es war auch kein Fall. Wie ich schon sagte – ein Freundschaftsdienst. Jakob bat mich, erst mal Johnny abzuchecken, der Ordnung halber. Später sollte ich die Namen von ein paar Freundinnen erhalten, bei denen ich dann weitersuchen konnte – heute.« Ich sah auf die Uhr, wie um bestätigt zu finden, daß heute Montag war.
»Und was war das Resultat? – War sie bei Johnny?«
»Nein, nein.« Ich zeigte auf die Papiere, die er vor sich hatte. »Wie du dort siehst, traf ich nur seine Frau an. Sie schickte mich in diesen Videoladen, wo er Teilhaber ist, und da hab’ ich ihn direkt gefragt. Er sagte jedenfalls nein. Aber mehr weiß ich auch nicht. Er kann gelogen haben.«
»Diese Rebecca, wie ist sie so?«
Ich schielte zu Eva Jensen hinauf. »Ich kenne sie nicht – mehr. Ich habe sie seit – 1965 nicht mehr gesehen.«
»Aber damals …«
»… war sie ein ganz normales Mädchen. Die tat, was Mädchen meist so tun.«
»Und das ist …«
Ich hob die Arme und lächelte ein angestrengtes Lächeln. Liebte und verließ. War da – und war nicht da. »Wir waren – ziemlich gute Freunde, Jakob und ich. Sie geriet wohl, irgendwie, zwischen uns. Ich hatte sie fast beide vergessen, als ich ihn am Freitag traf, bei einer Beerdigung.«
»Wer war gestorben?«
»Jan Petter Olsen. Noch ein Klassenkamerad.«
»Natürliche Todesursache?«
»Ein Arbeitsunfall. Er fiel von einem Gerüst. Ist das natürlich genug? Du glaubst doch wohl nicht …«
»Ich glaube überhaupt nichts, Veum. Ich sammle Fakten. Wenn ich genug Fakten auf der Bank habe, dann fange ich vielleicht an zu glauben. Wenn ich dann nicht schon weiß. «
»Aber du hattest sie doch eigentlich nicht wirklich vergessen, oder?« fiel plötzlich Eva Jensen in das Gespräch ein.
»Wen? Jakob und Rebecca?« Ich merkte, daß ich verlegen wurde. »Nein. Eigentlich natürlich nicht. Eher – verdrängt, vielleicht.«
Sowohl Vegard Vadheim als auch Eva Jensen sahen mich mit neugierigen Blicken an. Ich fühlte mich unwohl. Es wurde mir langsam etwas zu persönlich.
Nach einer Pause fragte Vadheim vorsichtig: »Also dir gefiel es vielleicht auch nicht so sonderlich, zu hören, daß Rebecca Aasen ein Verhältnis mit – Johnny Solheim hatte?«
Rebecca Aasen? Für mich hieß sie Rebecca Holmefjord und würde ihr Leben lang so heißen. »Nein, das mag stimmen.« Schnell fügte ich hinzu: »Aber es mißfiel mir nicht so sehr, daß ich …«
Er hob abwehrend beide Handflächen. »Nein, nein, Veum, ich will auch gar nicht andeuten … Dies sind ausschließlich Hintergrundfakten. Ich versuche, mir ein Bild von den Personen zu machen, die in den Fall verwickelt sind.«
Ich nickte. »Okay. Und weiter?«
Er sah nach unten. »Ihr kamt in diesen Laden – Hot Spot –, habt ihr da jemanden getroffen, jemanden, der in irgendeiner Verbindung stehen könnte zu dem, was mit Johnny Solheim passiert ist?«
»Ich glaube ja. Aber zuerst … Dieses – dieser ambulante Nachtclub, der ist dir bekannt?«
Er lächelte schief. »Das Phänomen ist uns bekannt, sozusagen. Aber streng genommen untersteht das einer anderen Abteilung, nicht meiner.«
»Der Wirtschaftsabteilung?«
»Unter anderem. – Also? Wen habt ihr getroffen?«
»Es war eigentlich so geplant, daß Johnny Solheim auch dorthin kommen sollte. Aber er kam nicht. Jetzt wissen wir warum. – Einer der Musiker, mit denen er jetzt spielt, er heißt Stig Madsen und betreibt außerdem seinen Videoladen, wollte ihn da treffen.«
»Eine Verabredung?«
»Er erwartete jedenfalls, ihn da zu treffen. Und er wurde ziemlich – wirkte
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