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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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nach geschnittenem Roggenbrot aussah.
    »Darf ich mich Ihnen anschließen?«
    »Es wäre mir… eine Ehre.«
    Wir aßen immer noch, als Schneider zurückkam, von wo auch immer er sich in den vergangenen zwanzig Minuten aufgehalten hatte.
    »Treffen in der Hauptkammer«, sagte er über die Schulter und verschwand im Schlafzimmer. Eine Minute später kehrte er zurück. »In fünfzehn Minuten. Sutjiadi scheint davon auszugehen, dass sich jeder einfinden sollte.«
    Dann war er wieder weg.
    Jiang hatte sich halbwegs erhoben, als ich mit einem Handzeichen zu verstehen gab, dass er wieder Platz nehmen sollte.
    »Immer mit der Ruhe. Er sagte, in fünfzehn Minuten.«
    »Ich möchte mich noch duschen und umziehen«, erwiderte Jiang etwas steif.
    »Ich werde ihm sagen, dass Sie unterwegs sind. Beenden Sie Ihr Frühstück, um Himmels willen. In ein paar Tagen wird Ihnen allein der Gedanke, Nahrung zu sich zu nehmen, Übelkeit bereiten. Genießen Sie den Geschmack, solange Sie es noch können.«
    Er setzte sich wieder, mit einem seltsamen Gesichtsausdruck.
    »Dürfte ich Ihnen eine Frage stellen, Takeshi-san?«
    »Warum ich kein Envoy mehr bin?« In seinen Augen sah ich Bestätigung. »Nennen wir es eine ethische Offenbarung. Ich war auf Innenin.«
    »Ich habe davon gelesen.«
    »Hayashi?«
    Er nickte.
    »Wie soll ich sagen… Hayashis Bericht kommt der Wirklichkeit recht nahe, aber er war nicht dabei. Deshalb urteilt er so zwiespältig über die Angelegenheit. Eigentlich fühlte er sich nicht zu einem Urteil imstande. Man hat uns verarscht. Niemand kann genau sagen, ob es so beabsichtigt war, aber ich kann Ihnen sagen, dass es keine Rolle spielt. Der Tod meiner Freunde – der reale Tod – war völlig überflüssig. Nur das zählt.«
    »Aber als Soldat muss man sicher…«
    »Jiang, ich möchte Sie nicht enttäuschen, aber ich versuche, mich selbst nicht mehr als Soldat zu sehen. Ich versuche mich weiterzuentwickeln.«
    »Und als was betrachten Sie sich?« Sein Tonfall blieb höflich, aber seine Haltung spannte sich an, und das Essen auf seinem Teller war vergessen. »Wohin haben Sie sich entwickelt?«
    Ich hob die Schultern. »Schwer zu sagen. Auf jeden Fall zu etwas Besserem. Vielleicht zu einem bezahlten Killer.«
    Das Weiß in seinen Augen blitzte. Ich seufzte.
    »Es tut mir Leid, wenn es Sie beleidigt, Jiang, aber es ist die Wahrheit. Sie wollen es wahrscheinlich nicht hören. Die meisten Soldaten wollen es nicht hören. Wenn Sie diese Uniform anlegen, sagen Sie damit, dass Sie Ihr Recht abtreten, unabhängige Entscheidungen über das Universum und Ihre Beziehung zu ihm zu treffen.«
    »Das ist Quellismus!« Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre entsetzt von seinem Platz aufgesprungen.
    »Vielleicht. Aber damit wird es nicht unwahr.« Ich wusste selbst nicht genau, warum ich mich mit ihm abgab. Vielleicht lag es an seiner Ninja-Gelassenheit, die geradezu darum flehte, zerstört zu werden. Oder weil ich durch seinen kontrollierten Killertanz zu früh aus dem Schlaf gerissen worden war. »Jiang, überlegen Sie selbst, was Sie tun würden, wenn Ihr Vorgesetzter Ihnen befiehlt, ein Krankenhaus voller verletzter Kinder mit einer Plasmabombe auszulöschen.«
    »Es gibt gewisse Maßnahmen…«
    »Nein!« Die Schärfe meines Tonfalls überraschte mich selbst. »Soldaten steht es nicht zu, solche Entscheidungen zu treffen. Schauen Sie aus dem Fenster, Jiang. In dem schwarzen Staub, der da draußen herumgeweht wird, befindet sich eine dünne Schicht aus Fettmolekülen, die bis vor kurzem Menschen waren. Männer, Frauen, Kinder, alle von einem Soldaten ausgelöscht, der auf Befehl eines Vorgesetzten handelte. Weil sie im Weg waren.«
    »Das war eine Aktion der Kempisten.«
    »Bitte!«
    »Ich würde niemals einen Befehl ausführen…«
    »Dann sind Sie kein Soldat mehr, Jiang. Soldaten führen Befehle aus. Ohne Rückfrage. Sobald Sie die Ausführung eines Befehls verweigern, sind Sie kein Soldat mehr. Dann sind Sie ein bezahlter Killer, der die Vertragsvereinbarung aushandelt.«
    Er stand auf.
    »Ich werde mich jetzt umziehen«, sagte er kalt. »Bitte richten Sie Captain Sutjiadi meine Entschuldigung für die Verspätung aus.«
    »Gerne.« Ich nahm eine Kiwi vom Tisch und biss durch die Schale. »Wir sehen uns dort.«
    Ich beobachtete, wie er sich ins andere Schlafzimmer zurückzog, dann erhob ich mich vom Tisch und spazierte in den Morgen hinaus, während ich die pelzige Bitterkeit der Kiwischale zwischen dem Fruchtfleisch

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