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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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intelligent, sie steckt bis über beide Ohren in Sachen, die für uns nur Geistergeschichten und Mathematik sind. Eine Frau mit Mystik. Ich verstehe, dass Sie das anmacht.«
    Sie blickte sich um.
    »Habe ich Sie überrascht?«
    »Ein wenig.«
    »Tja. Ich mag ein Stinkstiefel sein, aber ich erkenne eine Einmalige Gelegenheit, wenn ich sie sehe. Das Ding, mit dem wir es hier zu tun haben, wird unsere Sichtweise auf alle anderen Dinge ändern. Man spürt es, wenn man es nur ansieht. Sie verstehen, was ich meine?«
    »Ja.«
    »Gut.« Sie deutete auf den Strand, der jenseits des dunklen Wassers in blassem Türkis leuchtete. »Ich weiß es. Ganz gleich, was wir nach dieser Sache machen, wenn wir durch das Tor blicken, wird diese Erfahrung uns für den Rest unseres Lebens prägen.«
    Sie sah mich wieder an.
    »Ein unheimliches Gefühl, nicht wahr? Es ist wie… als ich gestorben bin. Und nun bin ich zurückgekommen und muss mich diesem Augenblick stellen. Ich weiß nicht, ob es mir Angst machen sollte. Aber das tut es nicht. Ich freue mich darauf. Ich kann es gar nicht erwarten, zu sehen, was sich auf der anderen Seite befindet.«
    Zwischen uns dehnte sich eine warme Sphäre aus, die von dem gespeist wurde, was sie sagte, wie sie mich ansah, und von einem tieferen Gefühl der Zeit, die wie Stromschnellen an uns vorbeistrich.
    Wieder lächelte sie, wischte sich hektisch über das Gesicht, dann wandte sie sich ab.
    »Wir sehen uns, Kovacs«, murmelte sie.
    Ich beobachtete, wie sie über das Deck nach achtern ging und sich der Party anschloss, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Prima, Kovacs! Schwerfälliger kannst du dich nicht benehmen, was?
    Ich plädiere auf mildernde Umstände. Ich sterbe.
    Ihr alle sterbt, Kovacs. Ihr alle.
    Der Trawler bewegte sich im Wasser, und ich hörte, wie die Netze knarrten. Meine Erinnerung rief den Fang auf, den wir an Bord gehievt hatten. Der Tod hing in den Stricken wie eine Newpest-Geisha in einer Hängematte. Vor diesem Bild wirkte die kleine Gruppe am anderen Ende des Decks plötzlich so verletzlich, so gefährdet.
    Chemikalien.
    Wieder die alte Mischung sich verändernder Bedeutungen, eine Folge zu vieler Chemikalien im System. Und wieder diese verdammten Wolfsgene. Nicht vergessen! Loyalität gegenüber dem Rudel, immer dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann.
    Egal, ich werde sie alle kriegen. Der Beginn einer neuen Erntezeit.
    Ich schloss die Augen. Die Netze unterhielten sich flüsternd miteinander.
    Ich hatte in den Straßen von Sauberville zu tun, aber…
    Verpiss dich!
    Ich schnippte die Zigarre über die Reling und marschierte dann mit schnellen Schritten zum Niedergang.
    »Ahoi, Kovacs!« Es war Schneider, der mit glasigen Augen von der Pfeife aufblickte. »Wohin gehen Sie, Mann?«
    »Ruf der Natur«, gab ich in schleppendem Tonfall zurück, schob mich in den Niedergang und hangelte mich halbmeterweise am Geländer hinunter, was ziemlich auf die Handgelenke ging. Am Boden stieß ich im schwachen Licht mit einer frei schwingenden Kabinentür zusammen, wehrte sie mit dem triefnassen Geist des Neurachems ab und stürmte in den engen Raum dahinter.
    Illuminiumkacheln mit schlecht sitzenden Abdeckplatten verbreiteten dünne, rechtwinklige Lichtflächen auf einer Wand. Es war gerade genug, um mit normalem Sehvermögen Einzelheiten erkennen zu können. Ein Bettgestell, als Teil der ursprünglichen Grundausstattung am Boden festgeschweißt. Gegenüber Lagerregale. Schreibtisch mit Arbeitsfläche in einer Nische am anderen Ende. Ohne ersichtlichen Grund durchquerte ich den Raum mit drei Schritten und stützte mich mit gesenktem Kopf auf der horizontalen Platte des Arbeitstisches ab. Die Spirale des Datendisplays erwachte und tauchte mein Gesicht in blaues und indigofarbenes Licht. Ich schloss die Augen und ließ den Schein in der Dunkelheit hinter meinen Lidern hin und her strömen. Was immer sich in der Pfeife befunden hatte, zog nun in mir seine Schlangenwindungen zusammen.
    Siehst du, Wedge-Wolf? Siehst du, wie die neue Erntezeit beginnt?
    Verpiss dich aus meinem Kopf, Semetaire!
    Du täuschst dich. Ich bin kein Scharlatan, und Semetaire ist nur einer von hundert Namen…
    Wer immer du bist, du provozierst eine volle Ladung in die Fresse.
    Aber du hast mich hierher gebracht.
    Das glaube ich kaum.
    Ich sah einen Schädel, der in verwegenem Winkel in den Netzen hing. Ein sardonisches Grinsen auf den geschwärzten, geschrumpften Lippen.
    Ich hatte in den Straßen von Sauberville zu

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