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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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in der Hand hielt. »Nur als vorübergehende Vorsichtsmaßnahme. Nur so lange, bis wir mit Sutjiadi fertig sind. So fühlen wir alle uns etwas sicherer.«
    Er neigte die Handfläche zur Seite, und der Inhibitor rollte herunter. Für meine von Endorphinen getrübten Sinne schien es eine Ewigkeit zu dauern. Mit einer gewissen Faszination beobachtete ich, wie die Spinne im freien Fall die Beine ausstreckte und einen knappen Meter von meinem Kopf entfernt auf dem Boden landete. Dort sammelte sie sich, drehte sich einmal und krabbelte dann auf mich zu. Sie kletterte über mein Gesicht und weiter zu meinen Nackenwirbeln. Eine winzige Eisnadel bohrte sich in den Knochen, und ich spürte, wie sich die Gliedmaßen in meinem Genick festklammerten.
    Auch gut.
    »Wir sehen uns, Kovacs. Denken Sie gelegentlich darüber nach.« Carrera erhob sich und ging, wie es schien. Ich lag eine Weile reglos da und überprüfte die Versiegelung der gemütlichen Decke aus Benommenheit, in die mich die Systeme meines Sleeves gehüllt hatten. Dann griffen Hände nach meinem Körper und halfen mir, eine sitzende Position einzunehmen, an der mir eigentlich überhaupt nichts lag.
    »Kovacs.« Es war Deprez, der mir ins Gesicht starrte. »Alles in Ordnung?«
    Ich hustete schwach. »Ja, alles großartig.«
    Er lehnte mich gegen die Tischkante. Wardani kam hinter ihm in Sicht. »Kovacs?«
    »Uhhhh, tut mir Leid wegen dieser Sache, Tanya.« Ich riskierte einen prüfenden Blick in ihr Gesicht, um einen Eindruck von ihrer Beherrschtheit zu erhalten. »Hätte Sie warnen sollen, ihn nicht in die Ecke zu drängen. Er ist nicht wie Hand. So etwas lässt er sich nicht gefallen.«
    »Kovacs.« In ihrem Gesicht zuckten Muskeln, die vielleicht die ersten Risse in ihrem notdürftig zusammengezimmerten psychischen Gebäude waren. Oder auch nicht. »Was werden sie mit Sutjiadi machen?«
    Eine kleine Welle der Ruhe folgte auf diese Frage.
    »Eine rituelle Exekution«, sagte Vongsavath. »Nicht wahr?«
    Ich nickte.
    »Was bedeutet das?« Wardanis Stimme klang entnervend ruhig. Ich überlegte, ob ich meine Einschätzung ihres Erholungszustandes revidieren sollte. »Rituelle Exekution? Was werden sie mit ihm machen?«
    Ich schloss die Augen und rief Bilder aus den vergangenen zwei Jahren auf. Die Erinnerung schien einen dumpfen Schmerz in meinem zerstörten Ellbogengelenk zu erwecken. Als ich genug davon hatte, blickte ich wieder zu ihr auf.
    »Es ist wie ein Autochirurg«, sagte ich langsam. »Reprogrammiert. Das Ding scannt den Körper, kartiert das Nervensystem. Misst die Widerstandsfähigkeit. Dann wird ein Rendering-Programm gestartet.«
    Wardanis Augen weiteten sich ein wenig. »Rendering?«
    »Es nimmt ihn auseinander. Häutet ihn ab, seziert die Muskeln, bricht die Knochen.« Ich holte weitere Erinnerungen hoch. »Es weidet ihn aus, kocht die Augen in den Höhlen, zertrümmert seine Zähne und sticht in die Nerven.«
    Sie versuchte mit unsicherer Geste die Worte abzuwehren.
    »Dabei lässt es ihn die ganze Zeit am Leben. Wenn es scheint, dass er vor Schock das Bewusstsein verliert, hört es auf. Verabreicht ihm nötigenfalls ein Anregungsmittel. Es gibt ihm alles, was er braucht, natürlich mit Ausnahme von Schmerzmitteln.«
    Nun fühlte es sich an, als wäre in unserer Runde eine fünfte Person anwesend, die neben mir hockte und grinsend meine gebrochenen Armknochen zusammendrückte. Ich saß in meinem biotechnisch gedämpften Schmerz da und erinnerte mich daran, was mit Sutjiadis Vorgängern geschehen war, während sich die Wedge-Leute rundherum versammelt und das Geschehen beobachtet hatten, wie Gläubige vor einem obskuren Kriegsaltar.
    »Wie lange dauert es?«, fragte Deprez.
    »Das kommt darauf an. Vermutlich den ganzen Tag.« Die Worte flossen schleppend aus mir heraus. »Bei Anbruch der Nacht muss es vorbei sein. Das gehört zum Ritual. Wenn niemand vorher die Maschine stoppt, trennt sie beim letzten Tageslicht den Schädel ab. Damit ist es gewöhnlich vorbei.« Ich wollte nicht mehr weiterreden, aber wie es schien, war sonst niemand daran interessiert, mich aufzuhalten. »Die Offiziere haben das Recht, einen Gnadenstoß zu fordern, aber dazu wird es nicht vor dem Spätnachmittag kommen, nicht einmal von denen, die sich wünschen, dass es aufhört. Sie können es sich nicht leisten, eine Schwäche zu zeigen, die nicht ihrem Rang entspricht. Und selbst zu später Stunde geht das Votum meistens zu Ungunsten des Opfers aus.«
    »Sutjiadi hat den Anführer

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