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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht mehr darüber nachdenken, wer sonst noch involviert sein könnte. So viel zum Thema Distanziertheit.«
    Sie sagte nichts.
    »Aber es gab einen Riesenstapel von Gründen, warum Schneider nicht der Einzige sein konnte. Und die Envoy-Konditionierung quälte sich immer wieder damit herum, bis es nicht mehr allzu viel gab, was ich ignorieren konnte.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel das.« Ich griff in die Tasche und holte einen tragbaren Datenstack heraus. Die Membran balancierte sich auf dem Tisch aus, und Lichtpunkte entstanden im projizierten Datengitter. »Räumen Sie bitte das Feld frei.«
    Sie sah mich verwundert an, dann beugte sie sich vor und stieß die Lichtflocken in die obere linke Ecke des Gitters. Die Bewegung hallte als Echo in meinem Kopf nach, die Stunden, die ich sie bei der Arbeit an ihren Monitoren beobachtet hatte. Ich nickte lächelnd.
    »Interessante Angewohnheit. Die meisten Leute drücken sie nach unten. Ich vermute, es ist endgültiger oder befriedigender. Aber Sie sind anders. Sie räumen nach oben auf.«
    »Das ist Wycinski.«
    »Von ihm haben Sie es übernommen?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich.«
    »Sie sind nicht zufällig Wycinski?«
    Das entlockte ihr ein kurzes Lachen. »Nein. Ich habe auf Bradbury und auf Nkrumahs Land mit ihm zusammengearbeitet, aber ich bin halb so alt wie er. Was hat Sie auf so einen Gedanken gebracht?«
    »Nichts. Es kam mir nur gerade in den Sinn. Wegen der Cybersex-Virtualität. Es waren eine Menge männliche Neigungen in dem, was Sie mit sich selbst angestellt haben. Darüber habe ich mich gewundert. Wer könnte besser auf männliche Phantasien eingehen als ein Mann?«
    Sie sah mich lächelnd an. »Falsch, Takeshi. Völlig falsch. Wer könnte besser auf männliche Phantasien eingehen als eine Frau?«
    Für einen kurzen Moment funkte etwas Warmes zwischen uns, das gleich darauf schon wieder verblasste. Ihr Lächeln verflüchtigte sich ebenfalls.
    »Und was wollten Sie eigentlich sagen?«
    Ich zeigte auf das Datengitter. »Das ist das Muster, das Sie am Ende Ihrer Arbeit hinterlassen. Das ist auch das Muster, das Sie im Datengitter in der Kabine an Bord des Trawlers hinterlassen haben. Wahrscheinlich nachdem Sie hinter Dhasanapongsakul und seinen Kollegen das Tor zugeschlagen haben, nachdem Sie die zwei anderen auf dem Trawler erledigt und sie im Netz versenkt haben. Ich habe es am Morgen nach der Party gesehen. Es ist mir zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen, aber wie ich schon sagte, bei Envoys funktioniert es anders. Man sammelt immer mehr kleine Datenfetzen, bis sie schließlich einen Sinn ergeben.«
    Sie starrte angestrengt in das Datengitter, aber ich konnte trotzdem das Zittern erkennen, als ich Dhasanapongsakuls Namen erwähnte.
    »Es gab noch weitere Fetzen, nachdem ich wusste, wo ich suchen musste. Die Korrosionsgranaten im Frachtraum. Klar, Schneider war nötig, um die Monitore an Bord der Nagini auszuschalten, aber Sie haben mit ihm gevögelt. Ihre alte Flamme. Ich glaube, es ist Ihnen nicht schwerer gefallen, ihn dazu zu überreden, als mich in den Freizeitbereich von Mandrake zu locken. Zuerst passte es nicht, weil sie so energisch darauf drängten, dass wir die Claimboje an Bord nahmen. Warum sollten Sie sich die Mühe machen, die Bojen außer Betrieb zu setzen, um dann alles zu tun, damit die letzte noch funktionierende abgesetzt wird?«
    Sie nickte energisch. Der größte Teil ihres Geistes war immer noch mit Dhasanapongsakul beschäftigt. Ich sprach in ein Vakuum.
    »Das heißt, es ergab erst dann Sinn, als ich darüber nachdachte, was sonst noch sabotiert wurde. Nicht die Bojen. Die IDV-Sets. Sie haben alle zerstört. Denn so war niemand mehr in der Lage, Dhasanapongsakul und die anderen virtuell zu reaktivieren und sie zu befragen, was mit ihnen passiert war. Natürlich hätten wir sie irgendwann nach Landfall gebracht und alles herausgefunden. Aber Sie hatten geplant, dass wir gar nicht zurückkehren, stimmt’s?«
    Damit gewann ich ihre Aufmerksamkeit zurück. Ein abgehärmter Blick durch Rauchkringel.
    »Wissen Sie, wann mir die meisten Zusammenhänge klar geworden sind?« Ich sog heftig an meiner Zigarette. »Als wir zum Tor zurückgeschwommen sind. Ich war ziemlich fest davon überzeugt, dass es zum Zeitpunkt meines Eintreffens geschlossen sein würde. Ich war mir nicht ganz sicher, warum ich das gedacht habe, aber es hätte irgendwie gepasst. Die anderen waren durch das Tor gegangen, und dann

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