Gefallene Engel
behutsam. »Es war nicht Hand, der uns an Wedge verkauft hat. Roespinoedji macht das Geschäft des Jahrtausends, und er weiß es. In diesem Punkt ist er zuverlässig, glauben Sie mir.«
»Gut. Sie sind der Envoy.«
Das Café war noch fast genauso, wie ich mich daran erinnerte, eine verloren wirkende Schar von Stühlen und Tischen, die sich im Schatten drängten, der von den massiven Pfeilern und Streben des Digger-Gerüsts geworfen wurde. Darüber fluoreszierte matt ein Holomenü, und ein Lapinee-Hit sickerte gedämpft aus Lautsprechern am Gebilde in die Luft. Marsianische Artefakte standen im Café herum, doch ich konnte keinen Sinn in der Anordnung entdecken. Wir waren die einzigen Gäste.
Ein gelangweilter Kellner kroch irgendwo aus seinem Versteck und baute sich mit mürrischer Miene vor unserem Tisch auf. Ich blickte zum Menü hinauf und sah dann wieder Wardani an. Sie schüttelte den Kopf.
»Nur Wasser«, sagte sie. »Und Zigaretten, falls Sie welche haben.«
»Site Sevens oder Wille zum Sieg?«
Sie schnitt eine Grimasse. »Site Sevens.«
Der Kellner sah mich an und schien zu hoffen, dass ich ihm nicht den Tag verdarb und womöglich etwas zu essen bestellte.
»Haben Sie Kaffee?«
Er nickte.
»Bringen Sie mir einen. Schwarz, mit Whisky.«
Er schlurfte davon. Hinter seinem Rücken warf ich Wardani einen Blick zu und zog eine Augenbraue hoch.
»Lassen Sie ihn in Ruhe. Es kann kein großes Vergnügen sein, hier zu arbeiten.«
»Könnte schlimmer sein. Er wirkt, als wäre er zwangsverpflichtet worden. Außerdem…« Ich deutete auf die Artefakte. »Sehen Sie sich das Dekor an. Mehr können Sie wohl kaum erwarten.«
Ein mattes Lächeln.
»Takeshi.« Sie beugte sich über den Tisch. »Wenn Sie sich die virtuelle Ausrüstung installieren lassen… werde ich… äh… nicht mit Ihnen kommen.«
Ich nickte. Hatte ich mir schon gedacht.
»Es tut mir Leid.«
»Wofür wollen Sie sich entschuldigen?«
»Sie… äh… Sie haben in den letzten Monaten eine Menge für mich getan. Sie haben mich aus dem Lager geholt…«
»Das haben wir getan, weil wir Sie brauchten. Schon vergessen?«
»Ich war wütend, als ich das gesagt habe. Nicht auf Sie, sondern…«
»Doch, auf mich. Auf mich, auf Schneider, auf die ganze beschissene Welt der Uniformträger.« Ich zuckte die Achseln. »Ich kann es Ihnen nicht verübeln. Und Sie hatten Recht. Wir haben Sie herausgeholt, weil wir Sie brauchten. Sie sind mir nichts schuldig.«
Sie betrachtete ihre Hände im Schoß.
»Sie haben mir geholfen, mich wieder zusammenzuflicken, Takeshi. Ich wollte es damals nicht zugeben, aber dieser Envoy-Therapiemist hat funktioniert. Es geht mir schon wesentlich besser. Langsam, aber es ist ein Anfang.«
»Das ist gut.« Ich zögerte, doch dann zwang ich mich, es zu sagen. »Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich es getan habe, weil ich Sie brauchte. Es gehörte quasi zum Rettungsprogramm. Es hätte keinen Sinn gehabt, Sie aus dem Lager zu holen, wenn Sie dort eine Hälfte Ihrer Seele zurückgelassen hätten.«
Ihr Mund zuckte. »Seele?«
»’tschuldigung, nur eine Redensart. Hab wohl zu viel Zeit mit Hand verbracht. Hören Sie, ich habe kein Problem damit, wenn Sie aussteigen. Ich wäre nur neugierig, warum, mehr nicht.«
In diesem Moment kam der Kellner wieder in Sicht, und wir verstummten. Er lud die Getränke und die Zigaretten auf dem Tisch ab. Tanya Wardani öffnete die Packung und bot mir eine an. Ich schüttelte den Kopf.
»Ich gewöhne es mir gerade ab. Diese Dinger bringen einen irgendwann um.«
Sie lachte fast lautlos und nahm sich eine aus der Packung. Rauch stieg auf, als sie sie gegen die Zündfläche drückte. Der Kellner ging. Ich nippte an meinem Kaffee mit Whisky und war angenehm überrascht. Wardani blies Rauch zum Gerüst des Diggers hinauf.
»Warum bleibe ich hier?«
»Warum bleiben Sie hier?«
Sie blickte auf die Tischplatte. »Ich kann jetzt nicht gehen, Takeshi. Früher oder später wird das, was wir da draußen gefunden haben, an die Öffentlichkeit gelangen. Sie werden das Tor erneut öffnen. Oder mit einem IP-Kreuzer hinfliegen. Oder beides.«
»Ja, früher oder später. Aber im Augenblick steht ein Krieg im Weg.«
»Ich kann warten.«
»Warum wollen Sie nicht auf Latimer warten? Dort ist es viel sicherer.«
»Das kann ich nicht. Sie haben selbst gesagt, dass die Flugzeit mit der Chandra mindestens elf Jahre betragen wird. Bei voller Beschleunigung und ohne Kurskorrekturen, zu denen Ameli
Weitere Kostenlose Bücher