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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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meine viel gepriesene Envoy-Intuition irrte, falls die Mandrake-Mitarbeiter fester an die Leine genommen wurden, als ich gedacht hatte, und falls Hand kein grünes Licht für eine Kooperation erhielt, entschied er sich vielleicht doch dafür, sich mit Gewalt zu nehmen, was er haben wollte. Dann würde er mich höchstwahrscheinlich töten und anschließend in einem Verhörkonstrukt wiederbeleben. Falls ich jetzt von Mandrakes mutmaßlichen Heckenschützen erledigt wurde, konnten Schneider und Wardani kaum noch etwas tun, außer sich zurückzuziehen und zu verstecken.
    Erwarte nichts und…
    Aber sie würden sich nicht lange verstecken können. Schon gar nicht vor jemandem wie Hand.
    Erwarte nichts…
    Es war schwierig, auf Sanction IV die Gelassenheit eines Envoys zu wahren.
    Dieser verdammte Krieg!
    Dann war Matthias Hand wieder da. Er schob sich durch die Menge, mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen und entschlossenen Schritten, als wollte er sich selbst vermarkten. Über ihm drehte sich der holografische marsianische Pylon, die orangefarbenen Ziffern erstarrten flackernd und nahmen das Rot verspritzten Arterienbluts an. Die Farbe der Endgültigkeit. Einhundertdreiundzwanzigtausendsiebenhundert Aso.
    Verkauft.

 
10
     
     
    Dangrek.
    Die Küste schien immer weiter vor dem kühlen grauen Meer zurückzuweichen, und verwitterte Granithügel waren nur noch mit niedriger Vegetation und ein paar bewaldeten Flecken bedeckt. Es war, als würde sich die Landschaft entkleiden und in diesen Breitengraden nur noch Flechten und nackten Fels zeigen. Keine zehn Kilometer landeinwärts traten die blanken Knochen des Landes im Durcheinander der Gipfel und Schluchten des uralten Gebirgszuges hervor, der Dangreks Rückgrat darstellte. Speere aus spätnachmittäglichem Sonnenlicht stachen durch die Risse in den Wolken, ließen die wenigen noch vorhandenen Zähne der Landschaft aufblitzen und verwandelten das Meer in schmutziges Quecksilber.
    Eine leichte Brise wehte vom Ozean heran und rüttelte gutmütig an uns. Schneider betrachtete seine Arme, die keine Gänsehaut bildeten, und runzelte die Stirn. Er trug das Lapinee-T-Shirt, mit dem er morgens aufgestanden war, und keine Jacke.
    »Eigentlich sollte es hier kälter sein«, sagte er.
    »Eigentlich sollte hier alles mit den kleinen Fetzen toter Wedge-Truppen übersät sein, Jan.« Ich ging an ihm vorbei zu Matthias Hand, der mit den Händen in den Taschen seines Konferenzanzugs dastand und in den Himmel blickte, als würde er mit Regen rechnen. »Dieses Konstrukt stammt aus dem Archiv, nicht wahr? Kein Echtzeit-Update.«
    »Noch nicht.« Hand erwiderte meinen Blick. »Genau genommen haben wir es auf der Grundlage von Extrapolationen militärischer KIs erarbeitet. Die Klima-Protokolle sind noch nicht berücksichtigt worden. Das Ganze ist recht einfach strukturiert, aber für Orientierungszwecke…«
    Er drehte sich erwartungsvoll zu Tanya Wardani um, die über die mit zähem Gras bewachsenen Hügel in die entgegengesetzte Richtung starrte. Sie nickte, ohne sich zu uns umzuschauen.
    »Es müsste genügen«, sagte sie geistesabwesend. »Ich schätze, einer MKI dürfte nicht allzu viel entgangen sein.«
    »Dann müssten Sie in der Lage sein, uns zu zeigen, wonach wir suchen.«
    Es folgte eine lange Pause, als hätte sie sich ausgeklinkt, und ich fragte mich bereits, ob die Schnelltherapie, mit der ich Wardani wieder zusammengeflickt hatte, an den Nähten aufplatzen würde. Doch dann drehte sich die Archäologin zu uns um.
    »Ja.« Wieder eine Pause. »Natürlich. Hier entlang.«
    Sie marschierte den nächsten Hügel hinauf, mit Schritten, die übermäßig lang wirkten, während ihr Mantel in der Brise flatterte. Ich tauschte einen Blick mit Hand, der die tadellos geschneiderten Schultern hob und mit der Hand eine elegante Nach-Ihnen-Geste vollführte. Schneider war der Archäologin bereits gefolgt, sodass wir die Nachhut bildeten. Ich überließ Hand die Führung und ließ mich zurückfallen, während ich amüsiert zusah, wie er mit seinen unpassenden Sitzungssaalschuhen auf der Schräge ausrutschte.
    Hundert Meter weiter war Wardani auf einen schmalen Pfad gestoßen, der von irgendwelchen Weidetieren ausgetreten worden war, und folgte ihm zum Ufer hinunter. Die Brise begleitete uns durch die Hügel, zerrte am langen Gras und ließ die steifen Blüten der Spinnenrose in verträumter Demut nicken. Die Wolkendecke schien vor einem Hintergrund aus stillem Grau aufzubrechen.
    Es fiel

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