Gefallene Sonnen
inmitten einer Bevölkerung, die sich von den Visionen des Designierten hatte anstecken lassen. Vor einem Tag war Rusa’h mit den Kriegsschiffen fortgeflogen, um andere ildiranische Splitter-Kolonien anzugreifen. Er wollte schnell zuschlagen und weitere Planeten unter seine Kontrolle bringen, bevor dem Weisen Imperator das ganze Ausmaß der Verschwörung in seinem Reich klar wurde.
Es war zum Teil Zan’nhs Schuld. Er hatte die Schiffe verloren und dem Designierten von Hyrillka die Waffen gegeben, die er brauchte.
Er richtete einen finsteren Blick auf die Vergnügungsgefährtinnen vor der Tür, um seine Entschlossenheit zu zeigen. Diese Frauen waren einst Spezialistinnen für Sex gewesen, doch die Rebellion hatte sie in Boten des Todes verwandelt. Sie lächelten böse. Zwei von ihnen hielten Kristallspeere in den Händen, an denen geronnenes Blut klebte, das sie für ein Zeichen von Ehre zu halten schienen – es stammte von Zan’nhs Besatzungsmitgliedern.
Wenn Zan’nh eine Chance gesehen hätte, wäre er bereit gewesen, sich auf die Frauen zu stürzen und sie zu töten, um anschließend zu fliehen. Aber er wusste, dass es aussichtslos war, denn in anderen Teilen des Gebäudes warteten konvertierte Wächter. Die muskulösen Soldaten hätten ihm sicher keine Möglichkeit gegeben, sich zu rächen… oder den Weisen Imperator für sein Versagen um Verzeihung zu bitten.
Allein im Zitadellenpalast sehnte er sich immer mehr nach dem Trost des Thism-Kontakts. Zan’nh wusste, dass ihn die Einsamkeit schwächen würde. Er musste entkommen, bevor sein geistiger Widerstand bröckelte.
Er versuchte zu planen, aber wenn er sich konzentrieren wollte, lenkte ihn jedes Mal die grässliche Leere in seinem Geist ab. Dann raste sein Puls, und er atmete schneller, suchte dort draußen nach einer Verbindung. Die silbrigen Thism-Fäden waren weit entfernt und unerreichbar. Er schloss die Augen.
Er erinnerte sich an eine Zeit, als er jünger gewesen war und nur den Rang eines Septar bekleidet hatte. Damals hatte er einen kleinen Angriffsjäger geflogen, zusammen mit achtundvierzig anderen am Rand eines Nebels, der das Licht einiger heißer, junger Sterne empfing. Der Flug durch eine unerwartet dichte Wolke aus ionisiertem Gas beeinträchtigte die Navigationssysteme, und dadurch kam er bei Sternenantrieb-Geschwindigkeit vom Kurs ab – er wurde von den anderen Schiffen seiner Gruppe getrennt.
Als das Triebwerk versagte, hatte er völlig die Orientierung verloren und wusste nicht, wo er sich befand. Die Schäden an Bord waren größer, als zunächst angenommen, aber es gelang ihm, das Kommunikationssystem wieder in Betrieb zu nehmen. Er ging auf Sendung, schilderte seine Situation und bat um Hilfe, konnte aber seine Position nicht bestimmen. Adar Kori’nh sprach dem jungen Septar Mut und schickte Rettungsgruppen so weit, wie es die Thism- Verbindungen erlaubten.
Es blieb Zan’nh nichts anderes übrig, als zu warten. Er trieb in Dunkelheit und fühlte, wie die mentalen Fäden um ihn herum zerfaserten und immer schwächer wurden. Die Zeit verging quälend langsam.
Zan’nh hörte Stimmen aus dem Kom-Lautsprecher, aber er sah niemanden. Kori’nh sprach weiter und verlangte von ihm durchzuhalten. Zan’nh befolgte die Anweisungen und hielt durch, schöpfte Kraft aus seinem Innern, bis ihn ein Angriffsjäger wie durch ein Wunder fand. Weitere Schiffe näherten sich, und Zan’nh nahm die beruhigende Präsenz der Ildiraner an Bord wahr.
Er hatte jene grässliche Einsamkeit ebenso wenig vergessen wie den Umstand, dass es die eigene Kraft und Zuversicht gewesen waren, die ihn damals gerettet hatten. Auf die gleiche Weise musste er mit dieser Situation fertig werden.
Aber in gewisser Weise war die Lage jetzt genau umgekehrt. Er wusste sich von vielen Personen umgeben, doch er fühlte sie nicht. Er kam sich vor wie jemand, der hinter einer Glasbarriere stand und ein Festmahl sah, an dem er nicht teilnehmen konnte. In der vom Hyrillka-Designierten geschaffenen neuen Gemeinschaft blieb Zan’nh ein Außenseiter – bis er aus freiem Willen beschloss, ein Teil von ihr zu werden. Und das kam für ihn nicht infrage…
Der Adar wanderte in seinem Quartier umher, das einst eine wundervolle Suite des Zitadellenpalastes gewesen war. Der Designierte-in-Bereitschaft Pery’h hatte hier gewohnt und sich darauf vorbereitet, die Nachfolge seines Onkels anzutreten – bevor der verrückte Designierte sein Volk aus dem wahren Thism-Netz gerissen
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