Gefangen im Palazzo der Leidenschaft
Restaurant, in dem sie zu Abend gegessen hatten – Dmitri war von dem rundlichen Chef namentlich begrüßt worden –, war es wunderschön gewesen. Sie hatten sehr nett miteinander geplaudert, das Essen hatte ausgezeichnet geschmeckt, und der Rotwein hatte Lilys Wangen mit einem warmen Schimmer überzogen.
Schließlich waren sie durch das weihnachtlich verzauberte Rom zu einer Piazza mit einem einzigartigen Brunnen geschlendert. Neptun, dem dieser gewidmet war, stand in der Mitte. Es gab einen Weihnachtsmarkt, wo Holzschnitzer Krippenszenen anboten, ähnlich denen, die in der ganzen Stadt zu finden waren. Auf einem Karussell quietschten Kinder vor Vergnügen.
Als sie genug von dem Weihnachtsmarkt gesehen hatten, waren sie weiter zu einer Schlittschuhbahn gegangen, hatten gelacht, wenn sie übereinanderfielen, oder vor Vergnügen gestrahlt, wenn sie sich auf den Beinen hielten.
Es war ein wunderschöner, verzauberter Abend, und Lily war sicher gewesen, dass sie nach dem köstlichen Essen nichts mehr hinterbringen würde. Bis Dmitri ihr bei der berühmtesten Eisdiele Roms, die eine reiche Auswahl an unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen bot, ein Zitroneneis gekauft hatte und für sich eines mit Schokolade.
Die ganze Zeit war ihr deutlich bewusst, wie verwirrend attraktiv Dmitri an diesem Abend aussah. Er trug eine graue Hose und ein graues Poloshirt unter einer schwarzen Wildlederjacke, das dunkle Haar zerzaust von einer leichten Brise. Dass er im Gegensatz zu den meisten seiner Landsleute ungewöhnlich groß war, verlieh ihm zusätzlich einen besonderen Reiz.
Wäre sie nicht ohnehin schon begeistert von ihm gewesen, wäre es spätestens jetzt der Fall. Sie war völlig hingerissen von ihm. Ohne Wenn und Aber.
Die ermutigenden Blicke, die Dmitri von anderen Frauen erhielt, waren unmöglich zu übersehen – sowohl im Restaurant als auch in den Straßen Roms. Blicke, die er meist ignorierte, auch wenn sie ihm sicher nicht entgangen waren. Blicke von schönen und weniger schönen Frauen, die offenbar alle nur eine Frage beschäftigte: Wie würde dieser große, attraktive Italiener sich wohl als Liebhaber machen? Wäre er stark und geschickt? Zärtlich und aufmerksam? Oder – was perfekt wäre – eine Kombination aus beidem?
Lily hatte sich die gleiche Frage gestellt …
Tatsächlich konnte sie, die mit ihren sechsundzwanzig Jahren erst einen sehr unbefriedigenden Liebhaber gehabt hatte, an nichts anderes denken, als ihn nackt vor sich zu sehen, ihn neben sich, in sich zu spüren, während sie sich gemeinsam einer Lust hingaben, die für sie, Lily, bisher nur Fantasie gewesen war.
Ihre Eiscreme! Darauf musste sie sich konzentrieren, in der Hoffnung, so ihre erotischen Fantasien verdrängen zu können.
Doch ein Blick auf Dmitri, der gerade Schokoeiscreme von seinen Lippen leckte, reichte, um den Wunsch in ihr zu wecken, er möge ihr mit seiner Zunge Vergnügen bereiten.
Ach du meine Güte!
Dmitri warf ihre leeren Becher und Papierservietten in einen Abfallkorb, ehe er sich wieder Lily zuwandte, magisch angezogen von ihren vollen, rosigen Lippen. „Es ist fast Mitternacht. Also sollten wir überlegen, was wir tun wollen.“ Seine Stimme klang angespannter als beabsichtigt, weil er sich Lilys zu sehr bewusst war.
Ein Tonfall, den Lily bereits kannte und nun missverstand. „Willst du für heute nicht lieber Schluss machen? Du warst doch schon so freundlich, den Abend mit mir zu verbringen und mir Rom zu zeigen …“
„Das hat mit Freundlichkeit nichts zu tun, Lily, sondern mit Stolz auf meine Stadt“, versicherte Dmitri leichthin, um seiner Erregung einen Dämpfer zu versetzen.
Eine Erregung, die er schon verspürte, seit sie ihm die Tür zu ihrer Hotelsuite geöffnet hatte. Das knielange schwarze Kleid schmeichelte ihren Rundungen und zeigte schlanke, wohlgeformte Beine. Gleichfarbige hochhackige Riemchenpumps ließen ihre Füße noch zarter erscheinen. Sie war nur dezent geschminkt – mit Mascara, die ihre langen Wimpern betonte, und erdbeerrotem Lipgloss, passend zur Farbe ihrer Strickjacke, die sie sich über die schmalen Schultern geworfen hatte, ehe sie ihm zum Lift gefolgt war.
Schon da hatte er sich sehr zusammennehmen müssen, um ihre sinnlich-vollen Lippen nicht zu küssen. So wie jetzt auch.
Forschend sah Lily ihn einen Moment an und entspannte sich dann wieder ein wenig. „Was steht denn zur Auswahl?“
Er zuckte die Schultern. „Auf dem Petersplatz gibt es die traditionelle
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