Gefangen im Terror (German Edition)
hatte sich schon verflucht, dass er sie mitgenommen hatte. Es wäre so einfach gewesen, wenn sie vorerst in Tbilisi geblieben wäre.
Er wusste selbst, dass sein Vorschlag nicht besonders gut war, aber er klammerte sich an jeden Strohhalm, die Sache in Ordnung zu bringen. Vorerst gab es keinen Ausweg und Fatma musste das Training weiter absolvieren. Er hatte großes Vertrauen in sie, weil sie immer zuverlässig war und treu zu ihm gehalten hatte. Sie war eine gute Frau und es musste ein gutes Ende mit ihnen nehmen. Chamil hatte sich das fest vorgenommen. Sein Freund Achmed würde ihn dabei unterstützen, darauf konnte er zählen. Er vertraute ihm in jeder Hinsicht.
Er ging zurück an seinen Arbeitsplatz. Morgen würde er mit Achmed nach Kabul fahren, um Material zu besorgen. Dann würde er Fatma ein paar Kleinigkeiten mitbringen. Darüber würde sie sich freuen.
Am nächsten Morgen wurden wir wieder in die Schlucht gefahren. Das Wetter hatte sich verändert. Es war nicht nur heiß sondern auch sehr windig. Obwohl ich meine Haare wieder gut unter den Tüchern festgezurrt hatte, löste sich auf dem Jeep mein Schleier und während der Fahrt war es unmöglich, ihn wieder ordentlich zu befestigen.
Als wir ausgestiegen waren, kam Mustafa auf mich zu und herrschte mich an: „Bring deine Kleidung in Ordnung. Wir dulden keine Verstöße. Sonst werden wir dich bestrafen.“ Dieser Befehlston war für mich noch immer ungewohnt und ich biss die Zähne zusammen, um ihm nicht entsprechend zu antworten. Ich wusste, dass ich mich fügen musste. Achmed hatte mir mit seinen Warnungen einen solchen Schrecken eingejagt, dass ich keine Erwiderung wagte.
Vielleicht war es nützlich, gut schießen zu lernen, um es ihm irgendwann heimzuzahlen. Ich erschrak selbst über meine Gedanken. Sollte ich am Ende doch noch eine Terroristin werden?
Für den heutigen Tag nahm ich mir jedenfalls vor, die Übungen so gut wie möglich zu machen und mir die Handgriffe zu merken. Die Zeit würde schneller vergehen und falls ich tatsächlich zu einem Einsatz käme, wäre ich nicht von vorneherein verloren. Schließlich schossen wir vorerst nur auf Schilder und Pfähle mit Dosen und Schießscheiben. Dass ich je auf Menschen zielen würde, war für mich unvorstellbar, ich würde es auch niemals freiwillig tun.
Mustafa kam nach der ersten Übung und sprach mit Tarantula. Dann verließ sie unsere Gruppe und setzte sich unter ein aufgespanntes Zeltdach, unter dem wir am Vortag unsere karge Mittagsmahlzeit eingenommen hatten. Mir war nicht wohl bei der Vorstellung, dass sie nicht an den Übungen teilnahm. In ihrer Gegenwart hatte ich mich einigermaßen sicher gefühlt. Alle anderen schauten nach ihr, ohne zu erfahren, warum sie nicht mit uns üben musste. Mustafa saß bei ihr und sprach auf sie ein. Dann stiegen sie in den Jeep und fuhren weg.
Wir fingen wieder mit einfachen Gewehren an, doch dann bauten die Männer Maschinenpistolen auf. Mir graute bei der Vorstellung, dahinter Platz nehmen zu müssen. Die Ziele wurden in weiter Entfernung aufgestellt und ich konnte mir nicht vorstellen, überhaupt etwas zu treffen. Nach einer kurzen Pause war es dann soweit. Mustafa war zurückgekommen. Er übernahm persönlich meine Einweisung. Er rückte sehr nahe an mich heran und zeigte mir genau, wie die Munition einzulegen war und wie die Einstellung des Zielfernrohres vorgenommen wurde. Er roch streng nach Schweiß und Rasierwasser. Ich vermied es, ihn anzusehen. Er redete auf mich ein und erklärte in aller Ausführlichkeit was ich tun sollte und was auf keinen Fall. Dabei fuchtelte er ständig mit seinen Händen vor mir herum und streifte mich dabei in paar Mal am Arm. Das war mir sehr unangenehm und ich rückte etwas von ihm ab. Er schien es bemerkt zu haben und hielt in seiner Rede inne. Dann sagte er plötzlich in drohendem Ton: „Jalal, das ist doch dein Kampfname?" „Ja“, antwortete ich sehr leise. „Jalal, nimm dich zusammen, sonst wirst du deinem Namen noch viel Ehre machen!“ Dabei kniff er seine Augen zusammen und spuckte in den Sand.
Es war klar, was er mir damit sagen wollte. Sicher hatte ihm die Aufseherin von meinem Gefängnisaufenthalt erzählt. Dorthin wollte ich auf keinen Fall mehr zurück.
Er erklärte mir weiter die Waffe und zeigte mir, wie ich damit schießen musste. Der Höllenlärm, den dieses Maschinengewehr machte, ließ mir fast das Trommelfell platzen. Als ich mir die Ohren zu hielt, sah mich Mustafa wieder drohend an und
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