Gefangen im Terror (German Edition)
bekamen, schämte ich mich. Denn außer mir hatten alle mehrmals ins Schwarze getroffen. Nach diesen Schießübungen blieben wir unter diesem provisorischen Zelt, das nur aus einer durchhängenden Plastikplane und drei dürren Bäumen bestand. Dort setzten wir uns in den Schatten. Wir erhielten einen Kanister mit Wasser und einige Fladenbrote. Die Männer zogen sich zum Rauchen in den Jeep zurück. Trotz der unsäglichen Hitze wirkten die anderen Frauen auf mich fröhlich, wenn nicht gar ausgelassen. Als ich zu der Frau, die neben mir saß sagte: "Euch macht dieses Training wohl Spaß?", sah sie mich verständnislos an, dann antwortete sie: "Wir haben uns der heiligen Sache verschrieben, was ist daran auszusetzen?" Ich war still. Wahrscheinlich hatte sie Recht, es gab hier kein anderes Ziel, als sich ausbilden zu lassen und dann im Namen Allahs zu sterben.
Tarantula kam zu mir und erklärte mir: „Na auf Mustafa hast du wirklich Eindruck gemacht!“ Ich sah sie verständnislos an. „Er hat dich nur einmal grob angefasst, obwohl du nichts getroffen hast. Er schont dich. Bei uns war er nicht so zimperlich.“ Die anderen warfen mir vorwurfsvolle Blicke zu.
„Er interessiert mich überhaupt nicht“, sagte ich. Dass ich ihn kannte und vor allem woher, behielt ich lieber für mich.
Der Nachmittag begann mit dem Säubern der Waffen. Dazu mussten wir sie zum Teil auseinander bauen. Ich hatte zu hause nur selten einmal ein Werkzeug in die Hand bekommen und wenn, dann war es nur ein Hammer oder eine Zange gewesen. Die Waffen wurden auseinandergeschraubt und man musste sich die Reihenfolge gut merken. Das fiel mir nicht schwer. Zu meiner eigenen Überraschung machte es mir Spaß, die einzelnen Teile wieder zusammenzusetzen. Es war wie ein Spiel, bei dem es um Schnelligkeit ging. Mustafa, der uns beobachtete, sagte am Schluss: „Unsere Neue kann schon beim nächsten Einsatz dabei sein, wenn sie jetzt beim Schießen auch noch trifft.“ Die anderen lachten hämisch, denn sie hatten ja mitbekommen, dass ich meistens daneben schoss. Nach dieser Lektion hoffte ich, dass wir fertig wären. Es war immer noch glühend heiß und meine Fußsohlen brannten vom Hin- und Herlaufen beim Abstecken der Ziele. Doch das Schlimmste stand uns noch bevor.
Die Männer kamen wieder zurück. Sie hatten sich unter Büsche in den Schatten gesetzt, nur Mustafa hatte das Zerlegen der Waffen beaufsichtigt.
Wir mussten uns in einer Reihe aufstellen und einer der Männer zeigte uns verschiedene Abwehrmöglichkeiten im Nahkampf, die wir paarweise nachstellen mussten. Meine Partnerin, die neben mir stand, wog ungefähr doppelt so viel wie ich. Als sie mich packte, merkte ich, wie wenig Ahnung ich überhaupt vom Kampf hatte. Sie warf mich auf die Erde und, ehe ich mich versah, saß auf mir mit hoch erhobenem Dolch. Ich war so erschrocken, dass ich überhaupt nicht reagiert hatte. Außerdem handelte es sich tatsächlich um ein scharfes Messer.
Die anderen hatten es geschafft, die Angreiferin zu entwaffnen und sie ihrerseits auf den Boden zu schleudern. Natürlich hatten sie diese Abwehr bereits mehrmals geübt und ich bekam meine Lektion im Schnellverfahren. Ich fiel ungefähr 10 Mal auf die Erde, bis es mir gelang, ihr wenigstens den Dolch zu entreißen. Die Männer lachten und forderten uns auf, härter zuzuschlagen. Meine Gegnerin nahm diese Aufforderung allzu wörtlich und versetzte mir einen Schlag aufs Auge, das augenblicklich zu schwoll und ich nichts mehr sehen konnte. Dieses kräftezehrende Training dauerte über zwei Stunden und am Ende sahen wir alle aus, als ob wir uns seit Tagen nicht gewaschen hätten. Die Männer hatten ihren Spaß dabei und mir schien, dass auch ein paar der Frauen gerne herumbalgten.
Als es endlich hieß, wir könnten in den Jeep einsteigen zur Heimfahrt, war ich völlig erschöpft. Ich wünschte mir nur noch, mich auf mein Bett zu legen und zu schlafen.
Es war mir nicht entgangen, dass mich Mustafa während all der Aktionen immer im Auge behielt. Oft lächelte er in sich hinein und ich fürchtete, dass er mich doch erkannt haben könnte. Aber dann schob ich den Gedanken wieder weit weg. Wenn er mich als Geisel erkannt hätte, dann wäre ich sicher nicht mehr am Leben. Er war den Soldaten und der Miliz entkommen und hier in Freiheit und ich wäre ein Zeuge, den man sofort beseitigen musste. Trotzdem machte er mir Angst. Ich versuchte, mich nicht hinein zu steigern. Ich musste unbedingt Chamil davon erzählen,
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