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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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die Hand entgegen. „Ich bin Leon.“
    „Alexei“, lächelte er und schlug ein. Wieder fielen mir die Kühle und die für einen Mann ungewöhnliche Zartheit seiner Haut auf.
    „Bis Samstag, Leon. Ich freue mich.“
    „Bis dann.“
     
    Als ich mich auf den Weg zu meinem Wagen machte, hatte ich plötzlich das Gefühl, seit mehreren Minuten nicht mehr geatmet zu haben und holte tief Luft. Mir fiel auf, wie schnell sich der Nebel plötzlich aufgelöst hatte. An meinem Wagen wollte ich die Autoschlüssel aus meiner Aktentasche holen.
    „Scheiße!“ Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte den Kopf. Vor lauter Aufregung hatte ich die Tasche oben im Büro liegengelassen. Ich hatte keinen Bock, mich noch mal allein mit dem alten, komischen Kauz konfrontiert zu sehen, doch ich brauchte die Tasche – und meine Schlüssel. Ich warf einen Blick über die Schulter zurück auf die Villa. Wenn ich mich beeilte, würde ich Alexei vielleicht noch einholen und könnte ihn darum bitten, die Tasche zu holen.
    Ich hämmerte mit dem Türklopfer gegen das schwere Eichenholz und wartete. Doch diesmal öffnete niemand. Ich runzelte die Stirn, bis mir einfiel, dass der Angestellte bereits Feierabend hatte. Ich klopfte lauter. Im nächsten Moment setzte sich die Tür von selbst in Bewegung und öffnete sich knarrend. Ich spähte in die Eingangshalle. Da es draußen langsam dunkler wurde, erschien hier nun alles noch ein wenig düsterer, es brannten lediglich die Kerzen am Kronleuchter und in den Wandhalterungen.
    Die Finger um die Papiere geschlossen schritt ich auf die Treppe zu. Meine Schuhe verursachten auf dem Marmorboden ein klapperndes Geräusch, so dass ich bei jedem Schritt zusammenzuckte. Im nächsten Moment spürte ich einen Luftzug. Er wurde stärker, man hörte den Wind durch das alte Gemäuer pfeifen. Dann gab es einen Knall, und ich fuhr herum. Wo immer dieser Wind auch herkam, er hatte die schwere Tür zugeworfen.
    „Scheiße noch mal“, fluchte ich, mein Herz hämmerte in wildem Stakkato.
    Ich eilte die Treppe hinauf. Oben war es noch finsterer.
    „Verdammt, können die in dieser Burg kein Licht machen?“
    Der Flur schien auf einmal noch viel länger zu sein, als vorhin, überhaupt sah alles anders aus. Es herrschte solch eine dumpfe Stille, dass man einen Mäusefurz hätte hören können. Mit jedem Schritt kam es mir vor, als würden die Wände näher rücken.
    Nach einigen Metern entdeckte ich eine Tür, die einen kleinen Spalt geöffnet war. Fahles Licht drang hervor. Als ich mich dem Zimmer näherte, vernahm ich gedämpfte Stimmen und das Kichern einer Frau. Ich lugte durch den Türspalt.
    Da kam ich mal wieder genau im richtigen Moment. Ein Mann mit langem, schwarzen Haar und eine Blondine hatten es sich auf einem Sofa bequem gemacht. Der Mann lag halb auf ihr, sein Gesicht klebte förmlich an ihrem Hals. Ich musste die beiden nach dem Büro von Grigorescu fragen. Und zwar bevor sie richtig loslegten, sonst würde ich womöglich die ganze Nacht hier herumirren. Ich atmete tief durch und wollte gerade anklopfen, als der Mann überrascht aufblickte. Was ich sah, ließ mich entsetzt aufkeuchen, ich taumelte einen Schritt zurück. Vor mir tat sich die Szenerie eines billigen Horrorstreifens auf, mein Geist konnte nicht erfassen, was meine Augen erblickten.
    Der Fremde entließ die Frau aus seiner Umarmung, sie sank leblos auf das Sofa zurück. An ihrem Hals klaffte eine Wunde, aus der das Blut in Strömen floss und das Sofa rot färbte. Der Mann fixierte mich mit seinem stechenden Blick. Seine Augen waren schwarze Höhlen, in denen ein tiefrotes, dämonisches Feuer glühte. Das lange, schwarze Haar umrahmte sein bleiches Gesicht, wie ein Vorhang. Seine Lippen waren mit Blut verschmiert, das ihm am Kinn hinunterlief. Im nächsten Moment verwandelte sich sein wütender Blick in ein irres Grinsen, das lange, weiße Fänge entblößte. Ich blinzelte und ermahnte mich, ruhig zu bleiben, als sich der billige Vlad-Dracul-Verschnitt abrupt erhob und auf mich zukam. Seine Pupillen verfärbten sich blutrot.
    Ich ließ die Türklinke los, als hätte ich mich daran verbrannt und hob beschwichtigend die Hände.
    „Ähm … ich … ich …“
    Plötzlich setzte er zu einer Art Flug an, jedenfalls konnte man seinen Sprung als solchen bezeichnen. Als er ein unnatürlich lautes Fauchen hören ließ und seine Reißzähne fletschte, entwich mir ein panischer Laut. Während ich noch darüber nachdachte,

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