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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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Recht. Wir hatten uns gerade geküsst, und ich behandelte ihn nun so unfair, ohne richtige Erklärung. Alexeis Blick spiegelte eine ähnliche Reaktion.
    „Bitte, sprich mit mir. Wovor hast du solche Angst? Lass es mich doch verstehen.“
    Ich hob meine Tasche auf und funkelte ihn wütend an. „Ach, hör doch auf mit deinem Psychoscheiß!“
    Er hob die Augenbrauen und sah ratlos aus.
    Ich schloss kurz die Augen, atmete tief ein und schüttelte den Kopf. „Ich sehe und höre Dinge, die ich dir nicht erklären kann. Nicht jetzt. Und meine Gefühle dir gegenüber machen mir Angst. Für dich scheint das alles normal, aber ich war bis vor Kurzem noch überzeugt davon, hetero zu sein. Bitte lass mir ein wenig Zeit.“ Ich wandte mich ab, flüchtete durch den Regen zur Haustür und in meine Wohnung hinauf, ohne mich noch einmal umzusehen. Mein Verstand war wie blockiert. Ich schlug die Tür hinter mir zu und lehnte mich dagegen. Meine Sinne waren wie betäubt, in meinen Ohren rauschte das Blut im Takt meines wild klopfenden Herzens. Noch immer brannte das Feuer von Alexeis Kuss auf meinen Lippen. Was hatte mich nur dazu getrieben, davonzurennen? Vielleicht lag es ja an meinen Fähigkeiten und ich empfing irgendetwas, das ihm einmal zugestoßen war? Das hatte ich noch gar nicht bedacht, ich war viel zu sehr mit mir selbst und der Angst vor meiner Bisexualität beschäftigt. Und dann war da noch Tom, mit seinem kranken Scheiß.
    „Was soll ich nur tun?“ Ich starrte an mir hinunter. Mein Anzug und mein Hemd waren durchnässt, und ich zitterte, was jedoch nicht an der Kälte lag. Ich hatte mich noch nicht mal bei Alexei bedankt, dass er mein Leben gerettet hatte. Was war ich nur für ein Feigling und Idiot! Ich machte mich auf den Weg ins Bad, zog meine Klamotten aus und nahm eine heiße Dusche. Als ich mich einigermaßen gefangen hatte, schlüpfte ich in eine Jeans und ein Shirt, schnappte meine Autoschlüssel und verließ meine Wohnung. Wenn ich nicht wollte, dass mich Alexei für verrückt hielt, war ich ihm endlich eine Erklärung schuldig.

Kapitel 9
     
    Ich pochte mit dem Türklopfer gegen das dunkle Holz. Es dauerte nicht lange, da öffnete der eigenartige Diener vom letzen Mal die Tür und blickte mich an, als hätte er mich noch nie zuvor gesehen.
    „Sie wünschen?“ Er hob eine Augenbraue und musterte mich von Kopf bis Fuß.
    „Ich möchte zu Alexei Grigorescu.“
    Der alte Mann schüttelte den Kopf und zupfte ein paar Fussel von seiner Weste. „Tut mir leid, aber Herr Grigorescu möchte nicht gestört werden. Erst recht nicht von Wildfremden.“ Er machte Anstalten, mir die Tür vor der Nase zu schließen. Ich legte eine Hand gegen das schwere Holz.
    „Erstens bin ich kein Fremder, ich war schon einmal hier, falls sie sich erinnern und zweitens bin ich mit ihm verabredet“, log ich und zeigte mich aufgebracht über sein Verhalten. Der Mann setzte eine beleidigte Miene auf.
    „Ich kann mich an jeden Gast erinnern, aber ich bin mir sicher, dass Sie niemals hier waren.“ Er schüttelte pikiert den Kopf.
    Was war mit diesem Kerl los? „Jetzt hören Sie mal, Sie Kauz. Ich war vor ein paar Tagen schon mal hier und Sie selbst haben mich zu Herrn Grigorescu Senior geführt.“
    Als er mich daraufhin noch immer nicht hineinlassen wollte, ging mein Temperament mit mir durch. Ich vergaß meine Nervosität für eine Sekunde, drängte mich mit Gewalt an ihm vorbei und lief zielstrebig in die Empfangshalle.
    „Sie werden mich augenblicklich zu Herrn Grigorescu führen, ich bin ein Freund und werde ihm Ihr unmögliches Verhalten mitteilen!“
    Ich eilte auf die Treppe zu. Bei deren Anblick überfiel mich erneut eine Vision und ich blieb wie vom Donner gerührt stehen. Ich sah den fremden schwarzhaarigen Mann und Alexei auf den Stufen miteinander kämpfen. Wie durch Watte hindurch hörte ich die Stimme des Dieners.
    „Bleiben Sie stehen! Schon gut, schon gut, ich werde Sie zu Herrn Grigorescu führen, machen Sie nicht so einen Lärm!“
    Der Mann blickte sich nervös um, mir fiel erneut auf, wie blass er war. Er zog ein Taschentuch aus seiner Westentasche und wischte sich Schweiß von der Stirn. Kopfschüttelnd schritt er vor mir die Stufen hinauf.
    Mit jedem Schritt, den ich machte, überkam mich mehr und mehr das beklemmende Gefühl, dass gleich etwas Schreckliches geschehen würde. Das Gefühl verstärkte sich, als wir einen schäbig beleuchteten Korridor entlang gingen. Gott sei Dank blieben wir schon bald an

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