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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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zugleich war ich unheimlich wütend auf ihn. Er hatte das alles angefangen, wegen seiner Spinnereien.
    „Geht schon.“ Tom hielt sich den Hinterkopf und richtete sich auf. „Hast du gesehen, was der für Kräfte hat? Glaubst du mir jetzt endlich?“
    „Hör auf damit! Warum bist du überhaupt hier?“ Ich stützte ihn. „Hör endlich auf mit deinen verdammten Vampirgeschichten! Ich weiß nicht, was du für ein Problem mit ihm hast. Es war falsch von ihm, dich zu …“, ich suchte nach dem richtigen Wort, „ähm – werfen , aber du bist auch selbst dran schuld. Warum lässt du ihn nicht in Ruhe?“
    „Ich bin euch gefolgt. Glaub mir doch, er ist ein …“
    „Nein Tom, bitte. Keine Vampire mehr. Du hast kein Recht über Menschen zu urteilen, die du nicht kennst. Meinetwegen sieh in jedem zweiten deiner Patienten einen Vampir, aber mich lass in Zukunft in Ruhe mit deinem Scheiß, wenn du unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen willst.“
    Tom seufzte auf und nickte. Ich ließ mich auf keine Diskussion mehr mit ihm ein. Er fuhr mich nach Hause und versprach, sich zusammenzunehmen.
     
    Die nächsten Tage fühlte ich mich wie in Trance. Meine Albträume verschlimmerten sich von Nacht zu Nacht, jedes Mal kamen noch mehr Bilder hinzu, die mich mehr und mehr verunsicherten und verwirrten. Der schwarzhaarige Mann verfolgte mich in einem düsteren Korridor, ich verspürte Todesangst. Blut haftete an seinen Lippen, hinter denen lange Fänge aufblitzten. Sein Gesicht war zu einer zornigen Fratze verzogen. Auch Serban Grigorescu kam in den Träumen vor, doch er stand immer nur ruhig da, sah mich an und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. Einmal sah ich Alexei mit dem Fremden kämpfen, dabei besaßen beide überirdische Kräfte, wirbelten durch die Luft oder krachten hart gegen Mauern. Alle besaßen sie diese grausigen Fangzähne und das war nur Toms Schuld.
    Wenn ich an Alexei dachte, verspürte ich Unbehagen, starke Zuneigung und brennendes Verlangen gleichermaßen. Seine übermäßige Kraft erschreckte und erregte mich zugleich. Wenn ich an den Abend vor dem „Underground“ dachte, fing mein gesamter Körper zu kribbeln an, ich glaubte seine Hände und Lippen noch auf meiner Haut zu spüren und wurde schon allein von dieser Erinnerung hart. Ich verfluchte mich dafür, wollte diese Empfindungen verbannen, sie ignorieren, doch es half nichts. Sie verschwanden nicht, im Gegenteil … sie wurden von Tag zu Tag stärker, je mehr ich versuchte, sie zu verdrängen.
    Manchmal hatte ich das Gefühl, Alexeis Nähe zu spüren. Jeden Tag wuchs das Gefühl, ihm Unrecht getan zu haben. Obwohl ich noch immer wütend auf ihn war, vermisste ich ihn von Tag zu Tag mehr.

***
     
    Alexei hatte Leon seit dem Abend in der Diskothek nicht mehr gesprochen, doch er war immer in seiner Nähe, um ihn zu beschützen. Morgens, wenn Leon zur Arbeit fuhr, war Alexei bereits da. Auch abends saß er in seinem Wagen, hinter verdunkelten Scheiben, und wartete, bis Leon nach Hause kam. Zweimal hatte Alexei beobachtet, wie sich Leon mit Tom zum Essen traf und verging beinahe vor Sehnsucht. Sie schienen sehr vertraut und lachten miteinander. Jedes Wort, das sie wechselten, jeder Augenaufschlag, den Leon seinem besten Freund widmete, traf Alexei wie ein Dolch mitten ins Herz. Er wusste, dass zwischen den beiden nur Freundschaft bestand, doch die Aufmerksamkeit, die Leon Tom schenkte, schmerzte sehr. Warum zum Teufel musste von all den sterblichen Wesen ausgerechnet dieser Tom sein Freund sein? Die Welt der Sterblichen war verdammt klein. Hätte sich Alexei damals nicht in Razvans blutrünstige Jagd eingemischt … warum musste er auch immer den Retter der Menschheit spielen? Vampire töteten ihre Opfer manchmal, das würde er nie verhindern können. Und er hatte seine Rasse auch noch in Gefahr gebracht, als Tom mit seinem Wissen geflüchtet war.
    Alexei seufzte schwer auf und schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen.
    Zum Glück waren die letzten Tage düster und verregnet gewesen, sonst hätten es seine Augen und seine Haut nicht durchgestanden. Die Sehnsucht und Begierde nach Leon wurden von Tag zu Tag stärker, es war kaum mehr zu ertragen. Alexei musste mit ihm sprechen, seine Stimme hören, die zarte, duftende Haut berühren. Und noch etwas beschäftigte ihn sehr: Leons Ring.
    Es war unglaublich gewesen, den Schmuck nach all der Zeit seiner quälenden Träume plötzlich in der Realität und ausgerechnet an Leons Finger zu sehen. Alexei

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