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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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brauchte ein paar Sekunden der Besinnung, in denen er wie paralysiert in den Spiegel starrte. Schließlich behob er den Schaden mit einem mentalen Befehl, wandte sich ab und verließ fluchtartig das Bad.
    Was hatte das zu bedeuten? Langsam zweifelte Alexei an seiner Geisteskraft. Der matte Schein des Badlichtes drang durch den Türspalt in das Wohnzimmer. Irgendetwas auf dem Kaminsims erzwang seine unbedingte Aufmerksamkeit. Er ging darauf zu. Es befanden sich mehrere gerahmte Bilder darauf. Eins zeigte Leon im Alter von etwa zwölf Jahren mit seinem Vater, Ines und der kleinen Fiona. Sie lachten und sahen sehr glücklich aus. Alexei besah sich die anderen. Leons Vater, ein paar unbekannte Gesichter und mehrere Kinderbilder. Gerade wollte er sich abwenden, da fiel sein Blick auf ein weiteres Foto. Das Bild zeigte Leon mit einem alten Mann. Dies war im Grunde nichts ungewöhnliches, wäre da nicht die befremdende Tatsache, dass Alexei sofort das Gefühl hatte, ihm schon einmal irgendwo begegnet zu sein. Seine Hand zitterte, als er das Bild anhob. Er überlegte fieberhaft, ob der Mann vielleicht auf der Wohltätigkeitsveranstaltung gewesen war, oder ob er ihn mit Leon zusammen gesehen hatte. Dieses Funkeln in seinen freundlichen, blauen Augen war ihm seltsam vertraut …
    Alexei wurde jäh aus seinen Überlegungen gerissen, als aus dem Schlafzimmer ein Wimmern und gequältes Stöhnen drang. Rasch stellte er das Bild zurück und eilte hinüber, wo sich Leon unruhig im Bett wälzte, vermutlich von Albträumen geplagt. Mit einem Satz war Alexei bei ihm, setzte sich auf die Bettkante und strich beruhigend über sein Haar.

***
     
    Ich schritt die Treppe hinauf und bog in einen langen, düsteren Korridor ein, der mit jedem Schritt dunkler wurde. Ich hörte mich selbst panisch schnell atmen und zitterte am ganzen Leib. Und doch wurde ich durch eine unbekannte Macht gezwungen, weiter zu gehen. Ich wusste genau, wo ich hinging, wusste genau, welche Tür es war, hinter der sich das verbarg, was ich sehen sollte, sehen musste. Je dunkler es wurde, umso mehr bildete ich mir ein, der Boden würde sich unter mir verändern. Er wurde seltsam weich, beinahe schlammig, zugleich trat ich ständig auf eigenartige, kleinere und größere Unebenheiten, die mich fast zum Stolpern gebracht hätten. Ein eigenartiger, modriger Geruch hing in der Luft, der immer intensiver wurde. Wieder knackte es unter meinen Schuhsohlen. Meine Hand legte sich auf die Klinke, und ich öffnete die Tür. Was ich sah, überraschte mich nicht, dennoch empfand ich grenzenloses Grauen, Abscheu und Angst. Der schwarzhaarige Fremde saugte der Frau das Blut aus dem Körper, der in seinen Armen immer mehr erschlaffte. Zugleich veränderte sich etwas an ihm, sein Haar …
    Sein Haar wurde heller und etwas kürzer, auch seine Kleidung veränderte sich wie durch Zauberei. Und dann, als er den Kopf hob, glaubte ich mich am Rande des Wahnsinns, oder sogar darüber hinaus.
    Alexeis sonst hellgrünen Augen loderten rot auf, sein schönes Gesicht war zu einer dämonenhaften Fratze verzogen und er leckte sich über die mit blutverschmierten Lippen. Als er mich ansah und Anstalten machte, sich zu erheben, erwachte ich endlich aus meiner Starre und flüchtete. Nach zwei Sätzen rutschte ich jedoch auf dem schlammigen Boden aus und fiel der Länge nach hin. Ich wollte mich aufrichten und erkannte nun, was den Fußboden bedeckte. Er war übersät mit unterschiedlich stark verwesten Leichen und Skeletten, der Gestank war unerträglich. Irgendetwas schien sich wuselnd und sich windend unter mir zu bewegen und zu krabbeln. Todesangst und mein unbändiger Lebenswille gaben mir letztendlich die Kraft, mich hoch zu stemmen und weiter zu stolpern, doch ich kam abermals nicht weit.
    Kräftige Arme ergriffen mich von hinten und warfen mich auf den Boden zurück. Ich schrie auf und strampelte mit den Beinen, schlug wild um mich, fest entschlossen zu kämpfen. Doch er war zu stark. Mit einem Ruck drehte er mich herum und lachte grausig auf. Nichts erinnerte mehr an den Mann, den ich so sehr liebte. Er entblößte seine Fangzähne, die er im nächsten Moment mit erbarmungsloser Wucht in meine Kehle hieb. Ich verspürte solche Schmerzen, dass ich nicht einmal mehr fähig war, erneut zu schreien. Mein Körper verlor langsam an Kraft, ich konnte fühlen, wie das Blut aus meinem Körper sprudelte. Mit letztem Willen versuchte ich mich zu befreien, doch ich hatte keine Chance zu

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