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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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nicht, warum gerade jetzt. Aber lass dir gesagt sein, dass ich diese Geschichte hier und heute zum letzten Mal erzähle. Danach wirst du mich für immer damit verschonen, dass wir uns verstanden haben.“ Er seufzte schwer auf und begann zu sprechen. „Es war der fünfte Juli 1898. Ich werde diesen schwarzen Tag, der mein ewiges, verdammtes Leben zerstörte nie mehr aus meinem Gedächtnis streichen können.“ Er nahm das Bild von Katharina in die Hand und strich mit den Fingern zärtlich über das Glas. Seine Hand zitterte. Alexei wartete gespannt, dass er weiter erzählte. Sein Vater stellte das Bild wieder ab und betrachtete es mit verklärtem Blick. „Es war eine Gruppe selbsternannter Vampirjäger, wie es sie in Rumänien häufig gibt. Unter den Menschen gelten sie als Verrückte, bisher hatte keiner von ihnen handfeste Beweise für unsere Existenz. Wir töten jeden, der uns in die Quere kommt, das weiß du.“ Er blickte Alexei eindringlich an und schien auf seine Reaktion zu warten. Als Alexei schwieg, fuhr er fort. „Es war helllichter Tag, als sie in unsere Gruft einbrachen, wir waren ihnen schutzlos ausgeliefert. Alle schliefen tief und fest. Diese verdammten Schweine zündeten unsere Särge an, doch ein paar von uns konnten sich befreien und wehrten sich. Wir waren damals eine größere Sippe von etwa dreißig Vampiren und lieferten uns einen erbitterten Kampf mit diesen Bastarden. Ich war halb wahnsinnig vor Angst um dich und deine Mutter, doch ich konnte euch nicht mehr rechtzeitig erreichen. Ich … kam zu spät.“
    Er erhob sich abrupt und wandte sich um. Alexei stand auf und legte die Hände auf der Schreibtischplatte ab. Es tat ihm leid, seinen Vater diese schrecklichen Bilder von damals noch einmal durchleben lassen zu müssen, doch er musste es einfach wissen.
    „Vater, es war nicht deine Schuld.“
    Serban wirbelte plötzlich herum und lehnte sich so schnell über den Schreibtisch, dass Alexei zurückwich. „Du hast ja keine Ahnung, was ich gesehen habe, Alexei! Deinem Onkel haben sie den Kopf abgeschlagen und ihn mir vor die Füße geworfen. Nie, niemals werde ich die Schreie und den Ausdruck in seinen toten Augen vergessen! Es war das reinste Inferno. Alles brannte, dichter Rauch versperrte mir die Sicht, der abscheuliche Geruch von verbranntem Fleisch raubte mir den Atem, aber ich habe mich durchgekämpft. Adriana konnte sich mit Razvan befreien, ich habe sie gefragt, ob sie dich und Katharina gesehen hat, doch sie schüttelte den Kopf, war nicht ansprechbar. Ihr Blick war starr auf den Sarg gerichtet, in dem du und deine Mutter geschlafen habt.“ Serbans Stimme war brüchig, erneut brauchte er eine Pause. Seine Schultern bebten mit seinen schnellen Atemzügen, seine Augen waren rot unterlaufen und seine Kieferknochen mahlten vor Zorn und Trauer. Dann sprach er flüsternd und mit einem starren Ausdruck in den Augen weiter, während er nach einem langen, spitzen Brieföffner griff und ihn durch seine Finger gleiten ließ. „Langsam ging ich darauf zu und dann … niemals werde ich ihren Anblick vergessen. Katharinas Herz war mit einem Holzpflock durchbohrt worden, der noch in ihrem Körper steckte, alles war voller Blut und sie …“
    Alexei zuckte zusammen, als sein Vater den Brieföffner mit voller Wucht auf die Schreibtischplatte niedersausen ließ, wo er stecken blieb. Er hielt den Griff fest umklammert, seine Hand zitterte. „Sie haben ihr den Kopf abgeschlagen und ihn mitgenommen …“
    Er zog den Brieföffner aus der Tischplatte, um ihn erneut darauf niedersausen zu lassen. Dabei löste sich ein Fauchen aus seiner Kehle, Alexei schüttelte den Kopf.
    „Es tut mir Leid, Vater. Es muss grausam für dich gewesen sein. Aber … wo war ich?“
    Serban antwortete nicht sofort, knirschte mit den Zähnen. Wieder zog er das Werkzeug aus der Tischplatte und spielte damit. Alexei bemerkte den Ausdruck von solch blankem Grauen und Schmerz in seinen Augen, dass er daran zweifelte, ob es wirklich richtig gewesen war, seinen Vater nach diesen schrecklichen Ereignissen zu fragen.
    Bevor Serban antworten konnte, wurde plötzlich die Tür so heftig aufgerissen, dass beide erschrocken zusammenfuhren.

Kapitel 15
     
    Im Türrahmen stand Razvan. In seinem Gesicht lag ein solch triumphierendes, gehässiges Grinsen, dass Alexei sogleich Schlimmes ahnte. Razvans Schultern bebten unter seinen hektischen Atemzügen, in seinen Augen flackerten Hass und Genugtuung auf.
    „Dein perfekter Sohn ist ein

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