Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
Vom Netzwerk:
Laut. Ich starrte auf seine verstümmelte Hand, um die ein schmutziges, mit Blut getränktes Tuch gebunden war. „Ich … es tut mir so leid. Ich habe dir nicht geglaubt. Alles ist meine Schuld.“
    „Schon gut“, antwortete er leise. „Jeder an deiner Stelle hätte so reagiert.“ Er war sehr blass und sah mitgenommen aus.
    „Du bist mein bester Freund, und ich habe dir nicht geglaubt. Ich habe dir nicht vertraut, und jetzt hat man dir das angetan. Es ist meine Schuld.“
    „Schon verziehen, Leon. Ich glaube, wir diskutieren das ein andermal in gemütlicherer Umgebung.“ Er scheiterte kläglich in seinem Versuch, zu lächeln.
    „Hast du große Schmerzen?“
    „Nein, es geht. Es fühlt sich eher taub an.“
    „So ein widerwärtiger Scheißkerl.“
    „Sie waren die ganze Zeit mitten unter uns.“ Tom zuckte hilflos mit den Schultern. Ich sah mich um. Wir befanden uns in einem düsteren, kahlen Raum ohne Fenster, die einzige Beleuchtung waren zwei Fackeln an der Wand. Modriger Gestank erfüllte die Luft. Diesen Geruch kannte ich aus meinen Träumen.
    „Wir müssen in der Grigorescu-Villa sein. Ich kann immer noch nicht glauben, dass alles wahr ist.“
    Alexei befand sich vielleicht nur ein paar Räume weiter. Ob es ihm gut ging? Was hatte sein Cousin mit uns vor? Würde er uns elend verrecken lassen, oder wollte er uns an den Anführer der Fledermäuse ausliefern?
    „Elende Blutsauger.“ Tom spuckte auf den Boden und verzog das Gesicht.
    „Tom. Alexei ist nicht so wie die anderen. Er wird uns hier rausholen.“
    Tom schüttelte energisch den Kopf. „Hör doch auf. Sie sind alle gleich. Du musst blind geworden sein.“ Er sah mich unsicher an. „Und seit wann bist du überhaupt schwul? Er hat dich verhext.“
    „Quatsch. Es ist eben so. Ich weiß es ja auch nicht aber, Alexei ist … ich … ach er ist eben anders.“
    „Ein verdammter Blutsauger ist er! Sieh mich an!“ Tom hielt seine Hand hoch und knirschte mit den Zähnen. „Reicht dir das immer noch nicht?“
    „Das hat nicht Alexei getan“, erwiderte ich energisch. „Wie du es mir erzählt hast, hat er dir damals sogar das Leben gerettet.“
    „Er hat doch nur mit dem anderen um die Beute gekämpft. Wie Tiere sind die!“
    Ich seufzte und legte den Kopf in die Hände. Ich wusste, dass es besser war, nicht mit ihm darüber zu streiten. Tom wollte nicht an Alexei glauben, und ich konnte es ihm nicht einmal verdenken. Mein Blick blieb an der schweren Holztür hängen, ich wollte mich erheben.
    „Das hab ich schon versucht, Leon. Es hat keinen Sinn.“ Tom hielt mich am Arm zurück, aber ich schüttelte den Kopf und wollte mich losreißen.
    „Wir können hier nicht herumsitzen und warten, bis wir vergammeln.“ Meine Fluchtgedanken wurden jäh unterbrochen, als sich auf dem Flur schnelle Schritte näherten. Ich dachte schon wieder, ich sei im falschen Film, als die Tür mit übermenschlicher Kraft aus den Angeln gerissen wurde und krachend auf dem Boden landete.

***
     
    In seinem unermesslichen Zorn und in seiner Angst um Leon war Alexei wie ein Berserker auf Razvan und Serban losgegangen und hatte sie beide vorerst überwältigen können. Doch bereits als er die Stufen zu den Kellern hinabeilte, waren sie ihm schon wieder dicht auf den Fersen. Sie stürzten hinter Alexei in den Raum, nachdem dieser die Tür mit einem Fußtritt aus den Angeln gerissen hatte.
    Als er Leon entdeckte, überwältigten ihn die Gefühle von Erleichterung, Liebe, Hass und Rache. Leon sah mitgenommen aus, doch er war wohlauf und blickte Alexei mit seinen schönen blauen Augen an. Als Alexei Tom auf dem Boden kauern sah, und das blutige Tuch um seine Hand, wandte er sich um.
    „Du bist eine Bestie, Razvan!“
    Dieser grinste stolz, als hätte er ein Kompliment bekommen. Serban stand wie versteinert neben ihm.
    Alexei war mit zwei Sätzen bei Leon, kniete neben ihm nieder und strich über sein Haar. Leons erschrockener Blick, als er Alexeis Fänge sah, entging ihm nicht.
    Alles wird gut. Ich hol euch hier raus.
    Ich wusste, dass du kommst, Alexei.
    Alexei steckte Leon den Ring an den Finger und wandte sich dann an Tom, der zurückschreckte.
    „Wir sind nicht alle gleich, Tom“, flüsterte er. Alexei half beiden, aufzustehen und stellte sich schützend vor sie. Leon griff nach Alexeis Arm, als sich Serban langsam näherte. In seinen Augen loderte ein Feuer des Zorns und der Verachtung.
    „Es ist also wahr? Du hast dich mit den Menschen verbündet?“
    Seine Stimme

Weitere Kostenlose Bücher