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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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den Männern, die wollen nur Schweinerei.«
    Ich konnte mit dieser Information nichts anfangen. Was war das, Schweinerei? Mit Sand werfen? In die Hose machen? Auf dem Plumpsklo danebenmachen? Ins Heft klecksen? Den Dreck vom Schweinestall ins Haus bringen?
    Das alles war bei uns schon als »Schweinerei« mit Schlägen bestraft worden. Aber halb totgeschlagen hatten die Eltern uns deshalb nie. Nur gestern die Sieglinde. Das mit Hansi musste eine ganz besonders schlimme Schweinerei gewesen sein.
    Ich vermisste meine Schwester. Viele Nächte habe ich mich in den Schlaf geweint und nie verstanden, was eigentlich passiert war.
    Ein Jahr später war sie unglücklich verheiratet; ihr Mann schlug sie und ließ sie hungern, sie kam mit dem Kind nach Hause und flehte meine Eltern unter Tränen an, wieder bei uns wohnen zu dürfen. Es war eine Tochter, ein kleines Mädchen, das ich zärtlich in die Arme nahm. Ich wiegte es in meinen Armen und sang ihm etwas vor, weil die Eltern Sieglinde so laut anschrien, dass das kleine Mädchen weinte. Dann habe ich ihm zur Beruhigung meinen nicht ganz sauberen Finger in den Mund gesteckt, und als es daran saugte, empfand ich ein nie gekanntes Glücksgefühl. Dieses Vertrauen, diese Hingabe! Meine kleine Nichte! Ihre Enkelin! So niedlich und unschuldig! Dieser Anblick musste meine Eltern doch erweichen!
    Aber meine Eltern prügelten Sieglinde mitsamt dem Kind aus dem Haus, und ich habe meine Schwester viele Jahre nicht wiedergesehen. Mit ihrem Mann Hansi hat sie schließlich eine Bäckerei in der Nähe von Karlsruhe aufgemacht. Sie musste weiterhin schuften, bekam keine Liebe, dafür drei weitere Kinder. Ein ganz normales deutsches Frauenschicksal in der Nachkriegszeit.

7
    »Jetzt weiß ich endlich, an wen du mich erinnerst!«
    Jürgen Bruns saß mir im Raucherzimmer gegenüber und beugte sich leicht vor.
    »An wen?« Ich nahm hastig einen nervösen Zug.
    »Kennst du Frühstück bei Tiffany ?«
    »Nein. Ich kenne nur das Frühstück in der Klinik.«
    »Audrey Hepburn.«
    »Du meinst, diese … Schauspielerin?«
    »Genau. Du hast dieselbe zierliche Figur, denselben mädchenhaften Charme und dasselbe Leuchten in den Augen.«
    »Ich habe ein … « Ich sollte ein Leuchten in den Augen haben? So erschöpft wie ich war, konnte das gar nicht stimmen. Meine Augen waren glanzlos, und bevor ich Jürgen Bruns getroffen hatte, wollte ich eigentlich immer nur schlafen. Schon die Gespräche mit Krankenschwestern und Ärzten hatten mich ermüdet.
    »Das sagst du jetzt nur, weil du sehen willst, wie ich rot werde.«
    »Nein, wirklich, Gerti.« Jürgen berührte mich sanft an der Schulter. »Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich, dieses Zauberwesen kenne ich von irgendwoher. Ich habe nächtelang wach gelegen und darüber nachgegrübelt. Und auf einmal wusste ich es: Audrey Hepburn.«
    Mir wollte kein Laut über die Lippen kommen. Das war doch eine Schönheit! Ein Weltstar! Mein Herz zog sich zusammen vor Freude, gleichzeitig versuchte ich, meine Verlegenheit so gut es ging zu unterdrücken.
    Plötzlich schrillten in mir alle Alarmglocken. Ich würde nie wieder auf einen Mann hereinfallen! Nie wieder süßen Versprechungen und Komplimenten erliegen. Was war mir alles passiert, nur weil ich so gutgläubig und vertrauensselig gewesen war! Jürgen Bruns. Abgesehen davon, dass er gut aussah und angenehm zurückhaltend war, wusste ich doch gar nichts über meinen Mitpatienten. Er konnte gut zuhören, und ich hatte Vertrauen zu ihm gefasst. Vielleicht war das ein Fehler?
    »Jetzt habe ich dir schon so viel aus meinem Leben erzählt und du mir noch gar nichts«, versuchte ich Land zu gewinnen. Meine Finger zitterten leicht, als ich die Asche abstreifte. Ich sah ihm direkt in die Augen. »Was ist mit dir?«
    »Was willst du wissen?« Jürgen Bruns lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Ein Mann zum Verlieben. Welchem Schauspieler er ähnlich sah, konnte ich im Moment nicht sagen. Er hätte einen Cowboy spielen können, natürlich den Guten, der am Ende das Böse besiegt. Oder einen Naturburschen, der die Försterstochter vor der Gerölllawine rettet. Ein Mann mit der berühmten Schulter zum Anlehnen. Mein Kopf schwirrte wie ein Karussell.
    »Irgendeinen Schwank aus deinem Leben!«
    Ich paffte nervös und sah ihn aufmunternd an.
    »Meine Kindheit war ähnlich armselig wie deine. Mein Frühstück bestand aus einer Steckrübenscheibe, und in der Schule bekamen wir das

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