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Gefangen in der Schreckenskammer

Gefangen in der Schreckenskammer

Titel: Gefangen in der Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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psychologisch — ,
schlage ich vor, daß wir uns nun wirklich an Angelika Schmählich wenden. Nicht
an Tickel. Den sehe ich nach wie vor als Schleimi — obwohl sein Hinweis auf
Lambster nicht unklug war.“
    „Was meinst du: Ob der Schütze nicht
ganz dicht ist unter der Frisur? Ist doch Wahnsinn, hier im Park rumzuballern.
Es wird schon stimmen, was Natascha sagt. Beinahe hätte er sie getroffen.“
    „Den armen Bello hat er getroffen. Und
das wird er büßen!“
    Sie schwangen sich auf die Räder und
fuhren zum Capitol, wo sich die Spätvorstellung ihrem Ende näherte.

11. Das Geständnis
     
    Die Maschinen verstummten. Im
Vorführraum erlosch das Licht. Lambster schloß die Tür ab.
    Käsige Blässe überzog sein Gesicht. Ein
echter Cowboy hätte sich geschämt, so stubenhockerisch auszusehen.
    Lambster bebte innerlich. Die Angst saß
ihm im Genick und in allen Gliedern. Es war nicht nur die Angst vor dem
Ungewissen, das auf ihn zukommen könnte, sondern auch eine ganz bestimmte
Furcht. Er fürchtete sich vor sich selbst. Vor dem, was er tat. Es war
Wahnsinn. Das wußte er. Trotzdem tat er immer wieder die irrsten Dinge. In
seiner Seele schien ein böser Kobold zu sitzen. Der gab die Befehle, und
Lambster gehorchte.
    Schlotternd verließ er das Kino.
    Es hatte geschneit. Jetzt sandte die
Nacht bittere Kälte aus.
    Lambsters Landrover parkte in der Nähe.
    Mit bloßen Händen wischte er die
Schneeschicht von der Windschutzscheibe. Dann mußte er den Eiskratzer benutzen.
Im Wagen gurtete er sich an.
    Nein! dachte er. Nicht nach Hause. Kein
Auge könnte ich zumachen. Ich muß es Tickel sagen. Ich muß. Jetzt! Pfeif doch
drauf, wie spät es ist. Ein Psychologe ist wie ein Arzt. Tag und Nacht muß er
dasein. Außerdem ist er nicht schüchtern bei seinen Rechnungen.
    Als er aus der Parkreihe ausscherte,
rutschten die Räder weg. O weh! Glatteis. Nicht gestreut. Kein Salz. Das war ja
lebensgefährlich. Sicherlich deshalb diese Leere in den Straßen.
    Er fuhr vorsichtig und nur halb so
schnell wie erlaubt.
    Ständig glotzte er auf die Fahrbahn.
Für den Rückspiegel hatte er kein Auge.
    Tim und Karl konnten mühelos folgen.
Sie rutschten zwar auch, aber eleganter.
    Trotz der Kälte im Wagen schwitzte
Lambsters Gesicht. Und er fühlte sich wie nach einem Fünf-Tage-Ritt durch
Indianer-verseuchtes Gebiet.
    Mitternacht war vorüber. Er fuhr nicht zu
Tickels Praxis, sondern zur Privatwohnung. Er parkte schräg auf dem Bordstein
und drückte dann einen frostkalten Daumen auf den vereisten Klingelknopf.
    „Ja?“ schepperte die Psychologen-Stimme
in der Gegensprechanlage.
    „Hier ist Theo Lambster, Herr Tickel.
Entschuldigen Sie die Störung zu dieser Zeit. Aber ich bin in seelischer
Bedrängnis. Die Angst zermalmt mich. Kann ich bitte mit Ihnen reden?“
    Tickels Antwort verzögerte sich etwas.
    Sicherlich schmetterte er erst mal ein
Glas an die Wand oder grub vor Wut die Zähne in den Teppich. Vielleicht tobte
er innerlich wie ein feuerspeiender Vulkan. Aber solches Benehmen paßt so wenig
zu einem Psychologen wie dreckige Hände zu einem Zahnarzt.
    Deshalb klang Tickels Stimme wie in
Haferschleim gekocht, als er erwiderte: „Selbstverständlich, lieber Lambster.
Wenn ich da bin, bin ich da, kommen Sie hoch.“
    Tickel empfing ihn an der Wohnungstür.
Der Psychologe war unsicher. Mit seinem Lächeln versuchte er, sich zu maskieren
— wie üblich.
    Um Himmels willen! überlegte er. Was
will Lambster jetzt? Ist dem etwa ein Kronleuchter aufgegangen? Hat ihn dieser
Kommissar gleich in die Mangel genommen? Ahnt Lambster, daß der Hinweis von mir
kommt?
    Aber der reiche Filmvorführer zeigte
keinerlei Feindseligkeit. Er war nur mal wieder seelisch auf Talfahrt. Seine
verbrecherischen Triebe sorgten dabei für höllisches Tempo, und er wußte nicht,
wie er bremsen sollte.
    „Was zu trinken, Lambster?“
    „Wenn Sie ein Glas Wasser hätten?“
    „Wasser? Keinen Fruchtsaft?“
    „Keinen Fruchtsaft! Wasser!“
    Im Wilden Westen damals, dachte Tickel,
haben sie auch nur Wasser gehabt gegen den Durst. Deshalb! Na, gut!
    Lambster trank hastig, als hätte er
Fieber, und ließ die Zunge ins Glas hängen.
    „Herr Tickel“, flüsterte er dann, „ich
weiß nicht, was ich tun soll. Es wird schlimmer mit mir. Ich kann es nicht mehr
beherrschen. Heute abend hatte ich einen Anfall.“
    Tickels Schlitzaugen wurden noch enger.
„Einen Anfall?“
    „Sie wissen doch“, nickte Lambster.
„Diese Schießwut. Diesen Drang, anderen

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