Gefangen in der Wildnis
langsam wir vorankommen."
„Mir soll's recht sein." Quinn zuckte mit den Schultern. „Aber ich dachte, Sie hätten es eilig, Ihre Leute zu verständigen. Die machen sich doch bestimmt Sorgen um Sie."
Rusty sah auf Coopers Haarschopf. „Cooper?" Er hob das Gesicht zu ihr. „Mir macht es nichts aus, hier zu bleiben. Und wenn du ohne mich schneller vorankommst, macht es doch nur Sinn, oder nicht? Sobald du an ein Telefon kommst, kannst du meinen Vater verständigen. Er wird sofort jemanden schicken, um mich abzuholen. Morgen Abend könnte dann endlich alles vorbei sein."
Er betrachtete ihr hoffnungsvolles Gesicht. Sie würde mitkommen, wenn er darauf bestand, und alle Strapazen klaglos ertragen. Aber selbst mit zwei gesunden Beinen wäre es nicht einfach für sie, sich fünfzehn Meilen durch die Wildnis zu schlagen. Und mit der Verletzung würde es noch schwieriger werden. Vielleicht müssten sie sogar ein Camp für die Nacht aufschlagen.
Trotzdem behagte ihm die Vorstellung nicht, sie sich selbst zu überlassen. Wie zäh auch immer sie sein mochte, sie konnte sich nicht verteidigen. In dieser Umgebung war sie hilflos wie ein Schmetterling. Er versicherte sich, dass es nicht Sentimentalität war, die ihn so denken ließ. Er hasste einfach nur den Gedanken, dass ihr jetzt noch etwas passieren sollte, nachdem sie so lange durchgehalten hatte und die Rettung in greifbarer Nähe und nicht nur ein Hirngespinst war.
Er legte die Hand auf ihr Knie und drückte es. „Wir sehen mal, wie du dich morgen früh fühlst."
Die nächsten Stunden zogen sich dahin. Rusty konnte nicht verstehen, dass die Gawrylows hier nicht verrückt wurden. Es gab nichts zu tun, nichts zu lesen, nichts zu hören oder anzusehen - außer einander. Und als auch das langweilig wurde, starrten alle auf die flackernde Flamme der Öllampe, die mehr schwarzen stinkenden Rauch abgab, als dass sie Licht spendete.
Man sollte meinen, diese Einsiedler würden sie mit Fragen über die Außenwelt bombardieren, aber die Gawrylows zeigten ein bemerkenswertes Desinteresse an allem, was jenseits der Grenzen ihrer eigenen öden Welt lag.
Da sie sich schmutzig und verschwitzt fühlte, bat Rusty um eine Schüssel Wasser. Reuben stolperte über die eigenen Füße, als er ihr das Gewünschte holte, und verschüttete kaltes Wasser über ihren Schoß, bevor er die Schüssel vor ihr abstellte. Rusty schob die Ärmel ihres Pullovers hoch und wusch sich Gesicht und Hände mit dem Seifenstück, das Cooper ihr erlaubt hatte mitzunehmen. Zu gern hätte sie sich dem Luxus hingegeben, immer wieder ihr Gesicht mit dem kühlen Wasser zu benetzen, aber drei Augenpaare waren auf sie gerichtet. Als Cooper ihr eines seiner T-Shirts zuwarf, nahm sie es dankbar an und trocknete sich damit das Gesicht.
Sie nahm ihre Bürste aus der Kosmetiktasche und fuhr durch ihr Haar, das niemals zuvor so dreckig, verfilzt und stumpf gewesen war. Sie wollte gerade einen Knoten auflösen, als Cooper ihr unwirsch die Bürste aus der Hand riss.
„Das reicht."
Sie reckte die Schultern, bereit, laut zu protestieren, doch seine versteinerte Miene hielt sie zurück. Überhaupt benahm er sich schon den ganzen Tag so seltsam - noch seltsamer als sonst. Sie wollte ihn fragen, was, zum Teufel, mit ihm los sei, aber es schien ihr weiser, einen Streit zum jetzigen Zeitpunkt zu vermeiden.
Allerdings drückte sie ihren Ärger dadurch aus, indem sie sich die Haarbürste abrupt wieder zurückholte und sie sorgfältig in ihre kostbare Kulturtasche legte. Diese Tasche und ihr spärlicher Inhalt waren die einzigen Beweise, dass irgendwo auf der Welt fließend heißes Wasser, Kurpackungen, Körperlotionen, Schaumbad und Parfüm existierten.
Endlich legten sie sich zur Nachtruhe. Rusty schlief mit Cooper zusammen, so wie die letzten beiden Nächte zuvor. Sie lag auf der Seite, ihr Bein auf seinem Schenkel, das Gesicht dem Feuer zugewandt. Als Bettstatt benutzten sie die Felle, die Cooper aufeinander gestapelt hatte. Taktvoll hatte er Quinns Angebot von Bettwäsche ausgeschlagen.
Aber dieses Mal rückte Cooper nicht an sie heran, hielt sie auch nicht fest. Stattdessen lag er auf dem Rücken, so angespannt und wachsam, dass sie es spüren konnte.
„Was ist dein Problem?" flüsterte sie schließlich nach einer guten halben Stunde.
„Halt den Mund und schlaf."
„Und warum schläfst du nicht?"
„Weil ich nicht kann."
„Warum nicht?"
„Sobald wir hier raus sind, erkläre ich es dir."
„Erkläre es mir
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