Gefangen in Deutschland
mehr als unangenehm.
»Ich gehe sicherlich recht in der Annahme, dass Sie an einer stationären Aufnahme in unserem Haus nicht interessiert sind?«
Ich schüttelte fast unmerklich den Kopf. Er musste es aber trotzdem registriert haben, denn er stieß einen tiefen Seufzer aus und gab der anwesenden Krankenschwester die Anweisung, mir ein paar Schmerztabletten, meine Röntgenbilder und den Untersuchungsbericht auszuhändigen. Mit der Auflage, in den nächsten Tagen zu einem Kontrolltermin zu erscheinen, wurde ich entlassen.
Schritt für Schritt bewegte ich mich langsam auf den Ausgang der Klinik zu. Jede Bewegung löste ein wahres Feuerwerk an Schmerzen in mir aus. Draußen angekommen, atmete ich erst einmal tief durch und sog die kühle Abendluft ein. Vielmehr versuchte ich tief durchzuatmen, denn so ganz wollte mir das nicht gelingen: Ich verspürte sofort ein heftiges Stechen in der linken Lungenhälfte, wohl die Folge meines Rippenbruchs.
Allmählich dämmerte mir die Situation, in der ich mich nun befand: Meine schöne, günstige Wohnung hatte ich aufgegeben, mein Partner hatte mich krankenhausreif geprügelt, und zu meinen Freunden hatte ich jeden Kontakt verloren, sodass ich keinen Ort hatte, an dem ich nun Zuflucht suchen konnte. Was war nur aus mir geworden? Wie hatte es so weit kommen können, dass ich mich in eine solche Abhängigkeit von einem Mann gebracht hatte? Warum hatte ich nicht längst die Reißleine gezogen?
Nach einer Bank oder anderen Sitzgelegenheit suchend blickte ich mich um. Länger als fünf Minuten aufrecht zu stehen, war mir in meinem Zustand unmöglich.
Ich war gerade fündig geworden, als ich sah, wie sich ein dunkler Schatten von der Krankenhausmauer löste: Mahmud, der direkt auf mich zusteuerte!
Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag. Weil ich aber wegen meiner Verletzungen sowieso nicht weglaufen konnte, blieb ich einfach still sitzen und harrte der Dinge, die da kommen würden.
Schweigend nahm er neben mir Platz. Als ich ihn unauffällig von der Seite musterte, sah ich, dass er am ganzen Körper zitterte.
»Wie geht es dir?«, war alles, was er nach einer Ewigkeit herausbrachte.
So sehr ich mich auch vor ihm fürchtete, so wenig hatte ich trotz allem meinen Sinn für Ironie verloren. Was sollte mir schon passieren? Verprügelt hatte er mich ja bereits!
»Oh, Mahmud, mir geht es ganz hervorragend! Ja, ich möchte fast behaupten, es ging mir noch nie besser! So ein paar nette Platzwunden und eine Rippenfraktur habe ich mir schon immer gewünscht«, lachte ich höhnisch auf.
Mahmud vergrub das Gesicht in den Händen.
»Es tut mir so leid, Katja! Ich würde alles dafür geben, das Geschehene rückgängig machen zu können. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Bitte, Katja, verzeih mir! Ich schwöre dir, dass so etwas nie mehr passieren wird! Bitte, Katja, lass es mich wieder gutmachen!«
Bei seinen letzten Worten hatte er die Hände vom Gesicht genommen und mir direkt in die Augen geschaut. Ich meinte, echte Verzweiflung in seinem Blick zu lesen. Aber eine Weiterführung unserer Beziehung schien mir in dem Moment völlig indiskutabel. Zu tief waren auch die seelischen Verletzungen, die Mahmuds Schläge bei mir hinterlassen hatten. Da ich jedoch so schnell gar nicht gewusst hätte, wo ich in der nächsten Zeit hätte unterkommen sollen, einigten wir uns schließlich darauf, dass ich so lange in unserer Wohnung würde bleiben können, bis ich ein neues Domizil gefunden hätte. Ich wollte gleich am nächsten Tag bei Maria vorbeifahren und ihr von meiner Situation berichten. Vielleicht wusste sie ja Rat.
Mahmud versprach mir hoch und heilig, mich nicht anzufassen und völlig in Frieden zu lassen.
»Ich werde mir ein paar Tage Urlaub nehmen und dich gesund pflegen«, erbot er sich.
»Das ist nicht nötig«, lehnte ich seinen Vorschlag sofort ab. »Ich möchte einfach nur meine Ruhe haben und erst mal darüber hinwegkommen, was heute passiert ist.«
Vierundzwanzig Stunden am Tag Mahmud um mich herum, das würde ich im Augenblick sicherlich nicht verkraften!
Zu Hause angekommen, offenbarte sich bald das nächste Problem: Es erschien mir unmöglich, mit Mahmud in einem Bett zu schlafen. Glücklicherweise zeigte er sofort Verständnis.
»Kein Problem, Katja! Ich schlafe auf dem Sofa und überlasse dir das Schlafzimmer.«
Als Beweis, dass es ihm damit auch ernst war, schleppte er sofort sein Bettzeug ins Wohnzimmer.
Langsam spürte ich, wie wieder etwas Ruhe in
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