Gefangen in Deutschland
geplant hatte, schockierte mich zutiefst. Am liebsten hätte ich sie an den Schultern gepackt und kräftig durchgeschüttelt. Wie konnte sie auch nur daran denken, Kerim zu heiraten, wo sie doch genau wusste, dass er sein Glück zuerst bei mir versucht hatte und es ihm offenbar vollkommen egal war, wer die deutsche Frau war, mit der er sich zu verbandeln beabsichtigte?
Für diesen Abend hätte sie die Polizei zu sich nach Hause bestellt, fuhr Petra in ihrem Bericht fort. Die Polizeibeamten sollten dabei sein, wenn sie Ahmed ihren Entschluss mitteilte, sich von ihm zu trennen. Da es sowieso ihre Wohnung sei, in der sie lebten, würde er in Gegenwart der Polizisten seinen Haustürschlüssel abgeben und dann mit seinen persönlichen Sachen die Wohnung verlassen müssen.
Mit strahlenden Augen blickte sie mich an. Sie sah aus, als hätte sie den Hauptgewinn im Lotto gewonnen. Keines meiner Argumente gegen ihre Verbindung zu Kerim, gegen ihren wahnwitzigen Plan, die Beziehung zu Ahmed in Anwesenheit der Polizei zu beenden, ließ sie gelten. Anscheinend war Petra fest davon überzeugt, das Richtige zu tun.
»Aber tut Ahmed dir denn gar nicht leid? Immerhin wart ihr sechs Jahre lang ein Paar!«, unternahm ich einen letzten Versuch, sie zur Räson zu bringen.
Doch Petra zuckte nur mit den Schultern.
»Er ist selbst schuld, Katja. Er hat seine Chance gehabt. Lange genug habe ich mich von ihm hinhalten und verarschen lassen – einmal ganz davon abgesehen, dass er mich ständig verprügelt hat«, ergänzte sie mit trotziger Miene.
Letztlich blieb mir nichts anderes übrig, als ihr bei auftretenden Schwierigkeiten meine Hilfe anzubieten. Allerdings zweifelte ich daran, ihr diese Hilfe im Bedarfsfall auch wirklich gewähren zu können. Denn wenn Mahmud von alledem erfuhr, würde er mir den Kontakt zu Petra sicher sofort für alle Zeiten verbieten. In seinen Augen wäre sie dann tatsächlich die Hure, die er immer in ihr vermutet hatte, und somit nicht mehr der richtige Umgang für mich.
Am selben Abend – Mahmud und ich saßen gerade beim Essen – klingelte es Sturm an unserer Wohnungstür. Mahmud ging öffnen und kehrte mit einem völlig aufgelösten Ahmed in die Küche zurück. Dessen leichenblasses Gesicht und zitternder Körper sprachen Bände: Petra musste ihren Plan in die Tat umgesetzt haben.
Doch natürlich verriet ich mit keinem Wort, dass ich in die ganze Geschichte eingeweiht war, sondern hörte mir gemeinsam mit Mahmud zunächst einmal Ahmeds Bericht an. Vor Aufregung stotternd erzählte dieser, was sich wenige Minuten zuvor in Petras Wohnung abgespielt hatte.
Petra hatte Ahmed in der türkischen Teestube angerufen und ihn gebeten, sofort nach Hause zu kommen, weil etwas Schreckliches passiert sei. Ohne eine nähere Erklärung abzugeben, hatte sie einfach den Hörer aufgelegt. Ahmed hatte sich sofort in ein Taxi gesetzt und war losgefahren. In Petras Wohnung wurde er von ihr und zwei Polizeibeamten empfangen. Mit knappen Worten erklärte ihm seine Freundin, die Beziehung als beendet zu betrachten, und drückte ihm ein paar Taschen mit seinen Habseligkeiten in die Hand. Alle seine Versuche, noch einmal mit ihr über ihre Entscheidung zu reden, blockte sie ab. Wegen der anwesenden Polizisten blieb ihm schließlich nichts anderes übrig, als Petra wie verlangt ihren Haustürschlüssel auszuhändigen und die Wohnung zu verlassen.
»Ich bin dann sofort zu euch, irgendwo muss ich ja hin.«
Ahmeds Stimme klang brüchig. Dann, als hätte ihn eine Eingebung überkommen, drehte er sich zu mir um.
»Sag mal, Katja, wusstest du etwas von Petras Plan?«
Selbstverständlich stritt ich alles ab. Mahmud schien mir jedoch nicht zu glauben, denn er trat sofort in seiner typischen Drohhaltung auf mich zu.
»Sag mir die Wahrheit, Katja! Petra und du seid beste Freundinnen – du kannst mir nicht erzählen, dass sie nicht mit dir darüber geredet hat! Wenn du mich jetzt anlügst und ich irgendwann die Wahrheit rausfinde, schlage ich dich tot wie einen Hund!«
Um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, hatte er mich bei seinen letzten Worten am Arm gepackt. Der Druck seiner Finger war dermaßen stark, dass ich das Gefühl hatte, in einen Schraubstock gezwängt worden zu sein. Ich biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerz laut aufzuschreien. Mit der anderen Hand hatte Mahmud mein Kinn umklammert, sodass ich seinem Blick nicht ausweichen konnte und ihm direkt in die Augen schauen musste.
»Ich frage dich zum letzten
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