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Gefangen

Gefangen

Titel: Gefangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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Part, und du weißt ja, wo wir mit diesem Stück hinwollen. Also betrachte es als letzte Warnung. Wenn du den Auftritt hier vermasselst, wirst du in diesem Chor nie wieder ein Solo singen. Dann kannst du auch deine Bewerbung für die Musikhochschule vergessen, und wenn dich manche Leute für noch so begabt halte n …“ Sie lässt den letzten Satz so stehen, aber es ist klar, was sie meint.
    Plötzlich spüre ich einen Stich wie ein Muskelzucken. Ist das Carmen?
    „Tiffany war immer meine erste Wahl“, sagt Miss Fellows mürrisch zu ihrer Kollegin, obwohl sie genau weiß, dass ich noch zuhöre.
    „Aber ihr fehlt das Strahlende, die Helligkeit in Carmens Stimme. Das wissen Sie doch, Fiona!“, murmelt Miss Dustin. „Carmen hat zwar noch nicht so viel Gesangserfahrung, aber Sie müssen zugeben, dass sie wirklich außergewöhnlich ist.“
    Miss Fellows schnaubt. „Falls sie mal in die Gänge kommt! Ich hätte mich nicht von Ihnen überreden lassen dürfen, Ellen. Sie hat’s ja noch nicht mal versucht. Sitzt da wie ein Zombie, statt zu singen. Als hätte sie einen Persönlichkeits-Bypass, seit wir hier sind. Falls man bei ihr überhaupt von Persönlichkeit sprechen kan n …“
    Wieder dieses innere Zucken. Keine Sorge, Carmen, ich hasse sie genauso sehr wie du.
    Die Musiklehrer der anderen Schulen verlassen hinter Miss Dustin und Miss Fellows den Raum und unterhalten sich dabei leise miteinander.
    „Zwei Wochen“, knurrt der weißhaarige alte Mann. Er wirft mir einen vorwurfsvollen Blick über die Schulter zu, als seien die mangelhaften Gesangskünste der Schüler von Paradise, Port Marie und Little Falls allein meine Schuld.
    „Nicht mal das“, erwidert M r Masson düster, ohne einen Blick zu mir. Für ihn bin ich nur eine weitere Panne in einer Chorprobe, die fast nur aus Pannen bestanden hat. „Wenn das so weitergeht, wird es diesmal eine Katastrophe.“
    „Lauren Daley hätte diesen Part singen können“, murmelt der attraktive junge Lehrer, als hätte er vergessen, dass ich noch da bin.
    M r Masson nickt. „Ein Phänomen. Eine Jahrhundertstimme. Lauren hätte alle mit Leichtigkeit mitziehen können. Die Leute hätten Eintritt gezahlt, nur um sie singen zu hören, egal was der Rest verbockt hätte. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dieses Mädchen denke.“
    Was hat Tiffany vorhin noch mal gesagt? Ich komme einfach nicht drauf.
    „Lauren Daley ist tot“, ruft der ältere Mann aus und mein Blick schnellt zu ihm zurück.
    Alle drei stehen jetzt am Eingang des Saals. Ich höre sie immer noch so deutlich, als ob sie direkt neben mir wären. Ist die Akustik hier drin so gut?
    „Das wissen wir nicht“, erwidert M r Masson fest.
    „Na ja, jedenfalls so gut wie“, murmelt der ältere Mann, während die Gruppe um die Ecke biegt, sodass ich allein in einem Meer ramponierter Stühle zurückbleibe.
    Was hat Tiffany noch mal gesagt? Und plötzlich geht mir in diesem staubigen, hallenden Raum ein Licht auf. Lauren Daley war Sopransängerin, eine hervorragende Stimme, ein Star. So wie Tiffany, die sich offenbar auch für einen Star hält. Oder wie Carmen. Daran habe ich mich die ganze Zeit zu erinnern versucht.
    Ich muss Ryan Daley finden. Wenn er bisher noch nicht auf diese Verbindung gekommen ist, muss es ihm unbedingt jemand sagen.
    Vielleicht habe ich mich weiterentwickelt, vielleicht war ich anfangs, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, so eine Art Prinzessin auf der Erbse. Aber Luc wird mich noch kennenlernen, wenn er glaubt, dass ich hier nur auf meinem geborgten Hintern sitze und Däumchen drehe. Wenn man Zeit im Überfluss hat und will, dass sie schnell vergeht, muss man sich irgendwie beschäftige n – Regel Numero uno, Freunde. Auf die harte Tour gelernt. Das könnt ihr mir glauben.
    Ryan Daley gilt als Unruhestifter. Immer schon. Und ich liebe solche Querköpfe. Solange sie nur denen Schaden zufügen, die es verdient haben, bin ich voll auf ihrer Seite.
    Aber Ryan war den ganzen Tag nirgends zu finden. Ich ging im Schlepptau der St.-Joseph’s-Schar von Klasse zu Klasse und hielt Ausschau nach einem Prachtstück von eins neunzig, das mit einer Knarre herumläuft und den Rächer der Enterbten spielt. Aber alles, was ich in Erfahrung brachte, waren Klatsch und Tratsch, wilde Spekulationen und Hirngespinste.
    „Er ist eben wie das Phantom der Oper“, witzelte einer der schlaksigen Amateurtenöre, die sich wie schmachtende Napfschnecken an Tiffany geheftet hatten. Der Typ sah nicht

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