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Gefangen

Gefangen

Titel: Gefangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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Ich suche sonst nie Körperkontakt. Es ist unheimlich.
    „Das muss nichts heißen“, erwidere ich vorsichtig. „Vielleicht spürst du deshalb nichts, weil das Schlimmste noch nicht passiert ist.“
    Ryan hebt ruckartig den Kopf und denkt einen Augenblick darüber nach. „Ja, du hast Recht. Ich hätte es merken müssen. So oder so.“
    „Und was soll ich jetzt tun?“ Ich verschränke meine Arme ganz fest und warte auf seine Antwort.
    Er verzieht das Gesicht. „Ich weiß nicht. Herumfahren, Ausschau halten. Mir die Hand halten.“ Er blickt auf, schaut weg und wieder fallen ihm die Haare über die Augen.
    Der letzte Satz war nicht ernst gemeint, sage ich mir streng. Ist nur so eine Redensart. Ich muss mich im Griff behalten. Obwohl ich das Gefühl hab e … zu fallen.
    „Wenn wir nicht schnell handeln“, murmelt er über den Soundtrack meines inneren Monologs hinweg, „erwartet sie dasselbe Schicksal wie Lauren. Das können wir nicht zulassen.“ Plötzlich dehnt er seinen langen, schlanken Körper und springt mit neuer Energie auf. „Mein Auto steht auf der anderen Seite vom Verwaltungstrakt“, ruft er über die Schulter zurück. „Los, komm!“
    Als ich mich nicht rühre, hält er inne und kommt ungeduldig zurück. „Manchmal vergesse ich, dass du dich hier nicht auskennst. Jetzt komm endlich!“ Er hält mir seine Hand hin, um mir aufzuhelfen.
    Ich nehme sie nicht. Aber nicht, weil ich nicht will.
    Ryan zuckt die Schultern. „Wie du meinst“, sagt er schroff und geht weg. Ich muss laufen, um ihn einzuholen.
    Als wir in seinem verrosteten weißen Geländewagen durchs Schultor fahren, starre ich auf sein atemberaubendes Profil und frage mich, warum es bei mir so anders ist.
    Warum ich nie vergesse, dass ich nicht von hier bin.

Kapitel 20

    Wir halten an einer Tankstelle am Ortsrand von Little Falls und kaufen eine Zeitung. Das Singen hat mich so hungrig gemacht, dass ich die Gelegenheit beim Schopf packe, um mit Carmens magerem Taschengeld die armseligen Vorräte der Süßwarentheke zu plündern; ich nehme wahllos von allem.
    Dann steigen wir wieder ins Auto und brüten zusammen über der Zeitung, die Köpfe so dicht beieinander, dass ich mich fast an ihn lehne.
    Junge Frau aus Little Falls vermiss t – Jennifer Appleton, 19, studiert Gesang an der Musikhochschule. Die Polizei geht von einem Verbrechen aus.
    Ryan wirft mir einen angewiderten Blick zu, als ein paar Krümel auf die Seite fallen. „Wie kannst du in so einem Moment nur essen?“, ruft er und schüttelt die Zeitung aus.
    „Stress macht mich hungrig“, rechtfertige ich mich schulterzuckend, während ich bereits meine zweite Verpackung zerknülle und nach dem dritten Riegel greife. Gierig wickle ich ihn aus und stopfe ihn in den Mund.
    „Ich hab dich singen hören“, sagt Ryan mit einem seltsamen Ausdruck. „Ich wusste, dass es deine Stimme war, frag mich nicht, wohe r – obwohl ich dich nicht sehen konnte. Irgendwie kam sie aus allen Richtungen auf einmal. Und es klang s o … so mühelo s … Lauren hat mich immer damit aufgezogen, wie stocktaub und unmusikalisch ich sei, aber du wars t …“
    „Was?“ Ich grinse, den Mund voller Schokolade und Erdnüssen, die vermutlich überall an meinen Zähnen kleben. „Miserabel? Hoffnungslos schrill?“
    Ryan verdreht die Augen, weil er denkt, dass ich auf Komplimente aus bin. „Der Wahnsinn, echt! Aber das weißt du ja selbst. Lauren wäre stocksauer, wenn sie mich jetzt hören könnte. Früher war sie hier in der Gegend das Wunderkind, absolut erste Sahne, aber du bist noch besser. Viel besser als alles, was ich bisher gehört habe. Kaum zu glauben, dass so eine Stimme aus so einem Körper k…“ Er blickt schnell wieder in die Zeitung und streicht sie glatt. „Aber was versteh ich schon davon?“
    „Genauso wenig wie ich“, sage ich, um die Schmetterlinge wegzulachen, die gerade ihr Unwesen im Bauch von Carmen Zappacosta treiben. Ich werfe die Schokoriegelhülle auf den Boden und lenke Ryans Aufmerksamkeit wieder auf die Entführung von Jennifer Appleton. „Hier steht, dass sie in ihren Heimatort zurückgekommen sei, um auf der Hochzeit ihrer Cousine zu singen, und dass sie verschwunden se i – kurz nachdem sie von dem Empfang nach Hause zu ihren Eltern zurückgekommen war.“
    „Sie war zum ersten Mal wieder zu Hause, seit sie an der Uni studiert“, sagt Ryan stirnrunzelnd. „Und nur wegen ihrer Cousine. Hier steht auch, dass sie ein Stipendium an einem der größten

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