Gefangene deiner Dunkelheit
einen Menschen ganz und gar verwandeln könnte. Juliette nimmt an, dass mit den Jahren mehr Menschen, als wir ahnten, auch das Blut von anderen Spezies in sich trugen, nicht viel vielleicht, aber wahrscheinlich doch genug für eine genetische Verbindung zwischen ihnen.«
»Du denkst jedoch, das Wolfsblut ist nicht so stark wie das karpa-tianische und dass Manolito kein Problem haben wird, mich zu verwandeln?«
Sie konnte Riordans Zögern spüren. »Ich weiß, dass er dich verwandeln muss, weil er sonst nicht überleben würde.«
»Das habe ich dich nicht gefragt.« Sie trat einen Schritt von ihm zurück, um ihm in die Augen sehen zu können. »Wovor habt ihr Angst?«
»Ich weiß nicht, was geschehen wird, wenn er dich verwandelt«, antwortete Riordan ganz ehrlich, als er wieder die Hand ausstreckte, um den Biss an ihrer Schulter zu untersuchen. Die Stelle war nicht nur verbrannt von dem Blut und Speichel des Vampirs, sondern auch zerfetzt und wund. MaryAnn zitterte, was ihr aber nicht einmal bewusst zu sein schien. Ihre Finger krallten sich in Manolitos langes Haar, als wäre er ihr Rettungsanker, doch auch das merkte sie nicht. »Als ich Juliette verwandelte, kämpfte der Jaguar mit aller Kraft um sein Leben.«
»Manolito hat aber Luiz verwandelt.«
»Luiz lag im Sterben. Es war die einzige Chance für den Jaguar, zu überleben. Ein kleiner Teil von ihm lebt noch, so wie auch ein kleiner Teil von Juliettes Jaguar noch in ihr lebt, aber es ist nicht das Gleiche wie zuvor, obwohl sie noch die Gestalt eines Jaguars annehmen können.«
MaryAnns Herz schlug schneller. Sie mochte die Wölfin, die ein Teil von ihr war, und war stolz auf sie. Und irgendwie, obwohl sie das soeben erst herausgefunden hatte, war ihre Beschützerin schon immer da gewesen, hatte ihr Leben mitgeformt und ihr ohne ihr Wissen beigestanden. Sie wollte nichts anderes sein. Sie betrachtete sich als menschlich. Vielleicht hatte Juliette recht, und die meisten Menschen hatten eine genetische Verbindungen zu einigen der anderen Spezies, aber was auch immer der Grund war, MaryAnn war gern, wer sie war; sie fühlte sich wohl in ihrer Haut und wollte sich nicht verändern, wenn das bedeutete aufzugeben, wer sie war. Und was sie war. Nicht, wenn sie die gerade erst entdeckte Wölfin dadurch wieder verlieren würde.
Aber konnte sie Manolito aufgeben? Ihn sterben lassen? Ihn zum Vampir werden lassen? »Manolito kann nicht zum Vampir werden, wenn er weiß, dass er eine Gefährtin hat, nicht wahr? Falls ich nicht Karpatianerin werde, meine ich?« Ihr Kopf pochte genauso heftig wie ihr Herz. MaryAnn wusste nicht, was mehr wehtat, ihr Kopf oder ihre Schulter. Sie konnte das Brennen der Wunde bis in ihre Knochen spüren.
Plötzlich musste sie Manolitos Geist anrühren und die Verschmelzung mit ihm suchen. Sie kämpfte gegen das Bedürfnis an, weil sie wusste, dass er sie nicht bei sich im Land der Schatten haben wollte, aber das war schwer, da sie sich so verzweifelt nach ihm sehnte. Sie konnte fast nicht atmen und hatte große Mühe, ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen. War sie das, oder war es Manolito? Befand er sich in Schwierigkeiten?
»Natürlich könnte er verrückt werden vor Verlangen. Es ist schlimmer zu wissen, dass eine Gefährtin da ist und man trotzdem nicht gerettet werden kann. Er wird tun, was nötig ist, MaryAnn, und am Ende wirst du darüber froh sein.«
Inzwischen schmerzte jedes Körperteil, ihr Rücken, ihre Arme und Beine, als hätte jemand sie geschlagen. »Ich brauche ihn«, gab sie ganz offen zu und hätte eigentlich beschämt sein müssen, aber das Einzige, woran sie denken konnte, war, zu Manolito zu eilen.
Riordan runzelte die Stirn. Winzige Schweißperlchen aus Blut bedeckten ihre Stirn. Es passte so gar nicht zu MaryAnn, eine Behauptung wie die seine widerspruchslos hinzunehmen, und normalerweise hätte sie ihm auch ihr Verlangen nach Manolito nie gestanden. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Er musste sichergehen, dass das unreine Blut des Vampirs sich nicht wie Gift in ihr verbreitete. »Entspann dich einfach, MaryAnn. Ich werde dich heilen, wie es bei unseren Leuten üblich ist.«
Sie atmete tief ein und schmiegte sich an Manolito, weil sie das Gefühl seiner Nähe, die Wärme seiner Berührung brauchte, aber er fühlte sich kalt und leblos an, sein Geist war weit entfernt von seinem Körper. »Ich muss zu ihm.«
»Dann atme tief durch und lass mich dich heilen. Er würde das wollen«, sagte Riordan, noch immer
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