Gefangene deiner Dunkelheit
sie ein und versuchte, nicht auf das erotische Gefühl seiner Zähne an ihrem Finger zu reagieren. Wie konnte eine so kleine Spielerei solch merkwürdige Dinge mit ihrem Magen anstellen? Oder ihre Brüste so schwer und empfindsam werden lassen? Wie konnte sie jemals zulassen, dass dieser Mann sie in einem Schlafzimmer berührte? Darüber würde sie nie hinwegkommen.
»Ich lese wieder deine Gedanken.«
»Das tust du dauernd.« Sie dachte nicht daran, sich zu entschuldigen. »Hör auf, so sexy zu sein. Ich bemühe mich, klar zu denken. Einer von uns muss uns hier herausbringen.« Sie warf ihm unter halb gesenkten Lidern einen vernichtenden Blick zu, doch er grinste sie nur an, und sein Lächeln brachte ihren Körper ebenso mühelos zum Prickeln, wie es seine Zärtlichkeiten vermochten. Sie steckte in Schwierigkeiten. Großen Schwierigkeiten. Mit einem leisen Schnauben löste sie ihren Blick von ihm, entschlossen, einen Weg zu finden, sie von hier wegzubringen.
»Könnte das nicht das Unrecht sein, uns ohne meine Zustimmung aneinander zu binden und ohne mein Wissen mein Blut zu nehmen? Denn das dürfte wohl nach niemandes Maßstäben in Ordnung sein. Vielleicht musst du Reue verspüren, um uns hier herauszubekommen?«
»Ich kann sagen, es täte mir leid, meine Gefährtin beansprucht zu haben, aber das wäre nicht die Wahrheit.«
Sie seufzte. »Du nimmst das hier nicht ernst genug. Wenn wir dieser Schattenwelt entkommen wollen und du mir irgendwie ein Unrecht angetan hast, sollten wir dann nicht überlegen, was es war?«
»Das vermeintliche Unrecht kann es nicht sein. Das ist eine natürliche Handlungsweise für einen Karpatianer. Es wäre falsch von mir, unsere Seelen nicht miteinander zu verbinden. Ich würde zu einem Vampir werden, und du würdest irgendwann an gebrochenem Herzen sterben.«
Wieder schnaubte MaryAnn. »An gebrochenem Herzen? Ich kenne dich doch nicht einmal.« Aber sie hatte schon um ihn getrauert. Um ihn geweint. War ernsthaft deprimiert gewesen, und nun war sie ganz heiß und unruhig und voller Euphorie, obwohl sie umgeben war von Gespenstern, Insekten und Spinnen, die so groß waren wie Essteller. Sie versuchte noch einmal, es ihm verständlich zu machen. »Und wenn ich nun verheiratet wäre? Du hast nicht einmal abgewartet, um es herauszufinden. Ich hätte eine verheiratete Frau sein können.« Denn eine ganze Menge Männer interessierten sich für sie.
Manolitos Finger schlossen sich fester um ihre, und winzige Flammen züngelten in seinen Augen auf. »Es gibt nur einen Mann für dich.«
»Na, dann bist du ja vielleicht zu spät gekommen. Der Punkt ist doch der, dass ich hätte verheiratet sein können. Ich hatte ein Leben, bevor du aufgetaucht bist, und mir gefiel dieses Leben.
Niemand hat das Recht, das Leben eines anderen auf den Kopf zu stellen, ohne die Zustimmung dieser Person.« Sie zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. »Ich liebe dich nicht, Manolito.«
Seine schwarzen Augen, die sich sogar noch verdunkelten vor glutvoller Begierde, raubten ihr den Verstand und die Fähigkeit zu atmen. »Das mag ja sein, ainaak enyem, aber es ändert nichts daran, dass du meine Gefährtin und die andere Hälfte meiner Seele bist, so wie ich dein Gefährte bin. Wir sind füreinander bestimmt. Ich muss nur einen Weg finden, dich in mich verliebt zu machen.« Er beugte sich zu ihr vor, so nahe, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut spürte und seine Lippen, die die ihren streiften, als er flüsterte: »Du kannst dir sicher sein, päläfertiil, dass ich meine gesamte Aufmerksamkeit darauf konzentrieren werde.«
Ihr Herz kam völlig aus dem Takt, pochte und hämmerte so hart, dass sie einen Herzanfall zu bekommen glaubte. »Du bist sehr attraktiv. Und das weißt du auch, nicht wahr? Gab es andere Frauen? Vielleicht war das dein großes Unrecht.« Und tatsächlich machte der Gedanke sie nervös, auch wenn das lächerlich war. Er hatte sie nicht gekannt, kannte sie noch immer nicht, doch für Vernunft war offenbar kein Platz in ihren Emotionen. Dieses seltsame, wilde ... Ding, das sich tief in ihr verbarg, begann, sich zu regen und mit seinen scharfen Krallen an der Innenseite ihres Bauches zu kratzen.
Entsetzt sprang MaryAnn auf und entzog Manolito ihre Hand. Sie fing schon an, das alles für bare Münze zu nehmen. Die nicht vorhandene Schattenwelt. Die Gefährtin eines Mannes, den sie nicht mal kannte. Eine Spezies, die mit Vampiren und Magiern umging. Nichts machte Sinn in dieser Welt, und
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