Gefangene deiner Dunkelheit
tatsächlich Männer gibt, die so wie du gebaut sind«, entfuhr es ihr, und beschämt bedeckte sie ihr Gesicht ganz schnell mit einer Hand. Hätte Manolito nicht ihre andere gehalten, hätte sie auch diese noch vor ihre Augen geschlagen.
Wie oberflächlich sie war. Weil sie so auf seine Muskeln fixiert war ... aber wie hätte sie die beachtliche Wölbung vorn in seinen Jeans nicht registrieren können? Er versuchte nicht einmal, sie zu verbergen. Dabei hätte sie eigentlich an seine Wunden denken und voller Sorge sein müssen. Doch nein, sie konnte an nichts anderes mehr denken, als ihn auszuziehen und ihren Spaß mit ihm zu haben. Sie war nicht immer so gewesen, vielleicht lag es ja an diesem merkwürdigen Schattenreich, in dem sie sich zu befinden schienen. Aber wenn sie schon einmal dabei war, konnte sie es auch richtig machen. MaryAnn blickte auf ihre einst so hübschen Stiefel. Vielleicht brauchte sie ein Paar von diesen Domina-Stiefeln und eine schöne lange Peitsche, um die Kontrolle über sich zu haben – oder über ihn.
»Ich kann schon wieder deine Gedanken lesen«, sagte er mit typisch männlicher Belustigung in seiner Stimme.
»Sehr gut. Dann versuch, ein bisschen Sinn hineinzubringen, denn das will mir selbst nicht ganz gelingen. Geht es dir gut?« Na also. Die Frage war auf jeden Fall schon passender. Ein bisschen verspätet, aber immerhin.
Der Regenwald umgab sie, das Wasser floss noch immer aus den Felsen und vereinte sich mit Flüssen. Alles schien genauso wie zuvor zu sein ... und trotzdem anders. Böser, noch viel beängstigen der und seltsam still. Vorher, als sie den Dschungel betreten hatte, war ihr aufgefallen, dass er stiller war, als sie sich ihn vorgestellt hatte, aber beim Gehen hatte sie angefangen, die Zikaden und andere Insekten zu hören, die Schreie der Vögel und den Wind und Regen in dem Blätterdach hoch über ihnen. Nach einer Weile war ihr der Wald sogar so laut und voller Bewohner erschienen, dass sie sich nicht mehr so allein gefühlt hatte. Doch jetzt wirkte er weniger lebhaft, viel trister und grauer, nicht mehr so belebt und geradezu unheimlich still.
Schlangen glitten über den Waldboden und wanden sich um grotesk verkrümmte Äste. Würmer, Blutegel und Zecken brachten das Unterholz in Bewegung, als wäre es selbst etwas Lebendiges. Die Käfer waren groß, mit dicken, harten Panzern, die Moskitos allgegenwärtig und immer auf der Suche nach Blut. Die Blumen strömten einen modrigen Geruch aus, und an allem schien der Geruch von Tod zu hängen. Aber manchmal, wenn sie sehr schnell blinzelte oder an Manolito dachte und daran, wie hinreißend er war, erstrahlte der Regenwald für einen Moment wieder in seinen gewohnten bunten Farben. Das machte keinen Sinn, gab ihr aber immerhin die Hoffnung, dass sie das Geheimnis vielleicht würde entschlüsseln können, sie beide aus diesem Schattenreich herauszubringen. Sie musste sich nur ein bisschen Zeit nehmen.
»Bring mich zu eurem Haus. Glaubst du, du findest den Weg zurück?«
»Ich will die anderen nicht in Gefahr bringen.«
»Falls ein Vampir in dieser Gegend hier herumschleicht, weiß er vermutlich ohnehin schon von den anderen. Zu mehreren sind wir sicherer, besonders, wenn du nicht bei uns sein wirst.« Der Gedanke, von ihm allein gelassen zu werden, versetzte sie sofort in Panik. Ihre Kehle wurde so eng, dass sie kaum noch atmen konnte, aber sie wehrte sich mit aller Kraft dagegen, ihren Ängsten zu erliegen. Er war Karpatianer und sie ein Mensch ...
MaryAnn versteifte sich plötzlich. »Warte mal. Moment mal!« Sie hob abwehrend die Hände, als könnte sie so die in sie eindrin gende Information abblocken. »Hast du mein Blut zu dir genommen?«
»Natürlich.«
Da war wieder dieses Erstaunen auf seinem Gesicht, als wäre sie vielleicht doch nicht ganz so wissend, wie er gedacht hatte. »Und du denkst, ich sei die andere Hälfte deiner Seele. Destiny hat mir gesagt, dass in eurer Gesellschaft ein Mann die Frau ohne ihre Zustimmung an sich binden kann. Ist das wahr? Hast du das mit uns getan?«
»Natürlich.«
MaryAnn fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und hatte plötzlich ein äußerst ungutes Gefühl in der Magengegend. »Wie viele Male braucht es, um jemanden in einen Karpatianer zu verwandeln?«
»Ein dreimaliger Blutaustausch ist nötig, wenn sie nicht schon Karpatianer sind.«
MaryAnn biss ganz fest auf ihren Daumen, als Erinnerungen in ihr erwachten. Sie starrte auf den Fingernagel, den sie sich erst
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