Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
so weit es ging, an die Fakten gehalten: zuerst Caros Anruf bei April, während diese gerade auf dem Flur von Ravenwood stand, weil jemand sie in Mr Sheldons Büro gelockt hatte. Die besorgte und argwöhnische Caro hatte Inspector Reece angerufen, der daraufhin zur Schule gefahren war und Miss Holdens Leiche gefunden hatte. Gemeinsam waren er und Caro durch die Stadt zu Mr Sheldons Haus gerast – mit Blaulicht und allem Drum und Dran, hob Caro hervor –, wo ihnen bereits auf der Straße der penetrante Benzingestank in die Nase gestiegen war. Reece hatte die Haustür aufgebrochen, gerade noch rechtzeitig, um mit anzusehen, wie Mr Sheldon die arme April in der Flammenhölle die Treppe hinaufgezerrt hatte, was ihrer Geschichte ein ordentliches Maß an Glaubwürdigkeit verlieh. Die Feuerwehrleute hatten drei Leichen in den Trümmern des Hauses gefunden – allesamt bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. Da Gabriel mit einer schweren Rauchvergiftung im Krankenhaus lag, war April derzeit die einzige Zeugin: Ben hatte den Mord an Marcus Brent gestanden. Daraufhin war Mr Sheldon wegen der Ermordung von Miss Holden mit ihm in Streit geraten und hatte ihn bewusstlos geschlagen, ehe er das Feuer gelegt hatte, um sämtliche Spuren zu vernichten.
»Genauso ist es gewesen«, sagte Caro. »Bloß hat nicht der heldenhafte Gabriel Swift April aufs Dach getragen und gerettet, sondern umgekehrt. Sie hat ihn die Treppe hochgeschleppt.«
»Was das angeht, schummle ich gern ein bisschen«, meinte Reece. »Die Staatsanwaltschaft wird wesentlich mehr Milde walten lassen, wenn er sich als großer Held entpuppt. Benjamins Geständnis und seine Fingerabdrücke auf Miss Holdens Leiche mögen zwar ausreichend sein, um Gabriel von dem Verdacht wegen des Mordes an Marcus Brent zu entlasten, aber als er aus der Untersuchungshaft geflüchtet ist, hat er zwei Sicherheitsbeamte angegriffen.«
»Aber er ist unschuldig. Das sollte den Angriff doch rechtfertigen, oder etwa nicht?«
Reece lächelte. »Ich bin nicht sicher, ob die Polizeigewerkschaft das genauso sieht.«
DCI Johnston saß an einem Tisch in einem der Krankenhausbüros, das ihm die Verwaltung für die Befragung zur Verfügung gestellt hatte. Er deutete auf einen Stuhl, ohne den Blick von Aprils Aussage zu lösen. Schließlich schob er die Blätter ordentlich zusammen, nahm seine Lesebrille ab und starrte April feindselig an.
»Das ist doch alles Unsinn!«
April schluckte und bemühte sich um eine neutrale Miene. »Was ist Unsinn, Inspector?«
»Diese ganze Story«, sagte er und lehnte sich zurück. »Ehrlich gesagt glaube ich kein Wort davon.«
»Aber es ist genauso passiert, wie ich gesagt habe, Mr Johnston. Wie hätte ich so etwas erfinden können?«
»Gute Frage, Miss Dunne«, gab Johnston zurück.
»Wollen Sie damit etwa andeuten, dass ich gelogen habe?«
Der Detective ließ langsam den Atem entweichen. »Stellen wir uns doch lieber mal eine viel grundsätzlichere Frage – wieso Sie? Wieso stecken immer Sie mittendrin?«
April schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht ganz.«
»Sie befanden sich an mehreren Tatorten. Sie wurden zweimal angegriffen und einmal sogar sehr schwer dabei verletzt. Sie kannten Milo und Layla, die beide unter höchst mysteriösen Umständen ums Leben gekommen sind, und jetzt hat auch noch jemand versucht, Sie in einem Haus zu verbrennen. Weshalb sollte all das ausgerechnet einer unschuldigen Siebzehnjährigen zustoßen?«
»Ich habe Ihrer Meinung nach also erfunden, dass ich zweimal beinahe getötet wurde. Übrigens beide Male in Situationen, in denen die Polizei mich eigentlich hätte beschützen sollen.«
»Nein, Miss Dunne. Ich glaube nicht, dass Sie diese Angriffe erfunden haben. Für beide Vorfälle gibt es Zeugenaussagen, Beweise und einen plausiblen Zeitrahmen. Es ist nur …« Er tippte auf die Aussage auf dem Tisch. »Diese Geschichte hier ist einfach nicht stimmig.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Weshalb sollte Benjamin Osbourne Sie entführen wollen?«
»Woher soll ich das wissen?«, gab April zurück. »Er hat mir einen Sack über den Kopf gezogen und keine Anstalten gemacht, über seine Gründe mit mir zu diskutieren. Vielleicht war er eifersüchtig auf Gabriel, und ich … was weiß ich.«
»Aber weshalb sollte er Sie zu Mr Sheldon nach Hause bringen? Was hatte Ihr Schulleiter mit all dem zu tun?«
April wandte den Blick ab. »Auch diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Wie auch?«
Natürlich war April voll und ganz
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