Gefangene der Dunkelheit
haben«, mahnte sie ihn lächelnd. Zumindest wäre Sean sicher.
»Ich werde zu dir zurückkehren, zu euch allen«, versprach er und küsste sie auf beide Wangen. »Unsere Suche ist noch nicht beendet.«
Tristan stand im Schutz der Bäume und sah die Karawane vorüberziehen. Daimons Zügel lagen in seiner Hand, und Simon und Orlando ritten neben ihm. Heinrich hatte seine Ritter wieder nach Hause geschickt. Der französische Feldzug war anscheinend vorüber. Er beobachtete mit seltsam verworrenen Gefühlen die Männer, die er in die Schlacht geführt hatte. Sie waren seine verschworenen Gefolgsleute, die meisten von ihnen seine Freunde. Er kannte jeden Einzelnen beim Namen, von Sir William auf seiner schneeweißen Stute bis zum Fußsoldaten Remus, der ins Gras neben der Straße gepinkelt hatte und nun lief, um die anderen wieder einzuholen. Sie würden ihn genauso wiedererkennen, sich freuen, ihn zu sehen, und ihm gerne wieder dienen. Aber er fühlte sich von ihnen durch mehr als nur die Schatten des Waldes abgetrennt. Ein Schleier hatte sich zwischen ihn und diese lebendigen Männer, die er gern hatte, gesenkt. Er war nicht mehr der Mann, der sie befehligt hatte. Er war ein Vampir.
Simon beugte sich von seinem Pferd herab und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Tristan?«, fragte sein Bruder des verfluchten Blutes sanft. »Seid Ihr sicher?«
Tristan nickte mit fest zusammengebissenem Kiefer. Seine Handlungsweise stand fest. Er konnte jetzt nicht mehr davon abweichen. Er schwang sich mühelos in den Sattel und ritt im Trab auf die Straße hinaus.
»Mylord!« Sir William sah ihn zuerst, und ein Lächeln reiner Erleichterung breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Ihr lebt!« Er sprang von seinem Pferd, kniete sich vor Tristan hin, erhob sich dann wieder und ergriff seine Hand. »Gott sei gepriesen!«
»Amen«, antwortete Tristan mit schwächerem Lächeln, und das Wort brannte auf seiner Zunge.
»Wo ist Heinrichs Gesandter?«, fragte ein anderer Ritter, Sir Andrew, und schaute zur Karawane zurück. »Und wo ist dieser verdammte Baron?«
»Der Baron von Callard sagte, er habe von Eurer Ermordung gehört«, erklärte Sir William. »Er begegnete uns mit eigenen Truppen, die zu Eurem Schloss wollten.« Sein Gesicht verzog sich wie aus Scham. »Vergebt uns, dass wir ihm geglaubt haben, Mylord.«
Tristan stieg von seinem Pferd, um ihn zu umarmen. »Ich vergebe Euch nichts, denn Ihr habt nichts falsch gemacht«, versprach er. »Es stimmt, dass ich das Opfer eines Verrats war.« Simon und Orlando traten aus dem Wald. »Aber der Herzog kam mir zu Hilfe.«
»Der Herzog?«, echote Sir Andrew. Er beugte ebenfalls eilig das Knie vor Simon. »Euer Gnaden …«
»Simon, der Herzog von Lyan«, erklärte Tristan. »Und dies ist sein Zauberer Orlando.« Die Karawane hatte angehalten, während Rufe die Neuigkeit verbreiteten, und eine Menschenmenge versammelte sich um sie. »Seine Heilkünste haben mir das Leben gerettet.«
»Aber wie wurdet Ihr angegriffen, Mylord?«, fragte Andrew. »Wo ist der Schurke jetzt?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Tristan. »Aber wir werden es bald herausfinden.« Ein Mann in einem einfachen braunen Gewand galoppierte auf sie zu, gefolgt von einem Ritter in Rüstung. Es war der Gesandte, den er als einen der Günstlinge des Königs erkannte, ein sauertöpfischer junger Gelehrter namens Nicholas, der die Liebe des Königs zu Geschichte und Zahlen teilte. Der Ritter war ein Fremder … aber nein. Als er abstieg und sein Visier hochklappte, hätte Tristan schwören können, ihn schon früher gesehen zu haben.
»Mylord DuMaine?«, fragte er ungläubig. »Könnt Ihr es wirklich sein?« Er war jung, nicht älter als Tristan selbst, und er sah fast ebenso gut aus wie Simon. Seine Züge waren so regelmäßig wie auf einem Gemälde. Seine Rüstung war wunderschön gearbeitet – in Italien gefertigt, dachte Tristan flüchtig, während er sein Gesicht betrachtete. Aber wo hatte er diesen Mann schon einmal gesehen?
»Ich bin Tristan DuMaine«, antwortete er. »Aber wer seid Ihr?«
»Dies ist der Baron von Callard«, antwortete Nicholas, der noch immer auf seinem Pferd saß. »Er war es, der uns das Gerücht von Eurem Tod mitteilte, Mylord – wenn Ihr tatsächlich der Mann seid, der Ihr zu sein behauptet.«
Das war der Baron?, dachte Tristan und hörte kaum mehr zu. Dieser sympathisch wirkende junge Bursche war das Ungetüm, das Gastons Diener so in Angst versetzt hatte? Das war der Mann, der
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