Gefangene der Dunkelheit
Der, der mich erschaffen hat, ist hier. Mein Prinz ist gekommen. Ich freue mich. Das Ende meiner Leidenszeit naht.
Moment â was treibt das nichtleere Wesen da?
Mein Prinz ist ⦠nein, nein, nein!
Ich schreie und trommle mit den Fäusten auf das nichtleere Wesen ein. Es hat meinem Meister mit einem langen, schimmernden Ding weh getan. Er vergeht. Nimm mich mit, flehe ich. Ich ertrage das nicht. Ich leide in meinem Schmerz.
Das nichtleere Wesen kniet neben mir. Berührt mein Haar.
Mein Prinz ist weg.
Ich breche zusammen. Ich bin Trauer. Ich bin Verzweiflung. Ich bin Elend. Ich bin die Klippen aus schwarzem Eis in dem Reich, aus dem meine Prinzen kommen.
Wieder eine Veränderung?
Noch einer, der mich erschaffen hat? Werde ich letzten Endes doch erlöst? Finde ich Gnade durch die Hände meines Meisters?
Nein, nein, nein! Er ist auch weg. Warum foltert man mich so?
Ich bin Qual. Ich bin verlassen. Ich werde bestraft und weià nicht, warum.
Aber â¦
Etwas überragt mich. Es ist dunkel und mächtig. Elektrifizierend. Es ist Lust. Es ist keiner von meinen Prinzen, aber mein hitziger Körper drängt ihm entgegen. Ja, ja, ja â du bist, was ich brauche!
Es berührt mich. Ich stehe in Flammen! Tränen der Erleichterung laufen mir übers Gesicht. Es drückt mich an sich. Haut an Haut. Funken springen über. Es spricht, aber ich verstehe seine Sprache nicht. Ich befinde mich in einem Bereich, in dem es keine Worte gibt. Nur Haut, Fleisch und Begierde.
Ich bin ein hungriges, rastloses Tier ohne Bewusstsein.
Und ich habe ein Geschenk erhalten, das alle anderen übertrifft â meine Meister müssen zufrieden mit mir sein!
Die Sprache klingt in meinen Ohren geschwätzig, aber der Körper entdeckt eine eigene Sprache.
Das Wesen, das mich umfangen hält, wird meine Qual beenden. Es wird die Leere füllen.
Es ist auch ein Tier.
VIER
Ich bin am Leben. Ich lebe wirklich. Nie war ich lebendiger als jetzt. Ich sitze im Schneidersitz inmitten von seidenen Laken. Das Leben ist ein Festschmaus für die Sinne, und ich bin unersättlich. Auf meiner Haut glänzt SchweiÃ, und ich fühle mich befriedigt. Trotzdem brauche ich mehr. Mein Geliebter ist zu weit weg. Er bringt mir Essen. Keine Ahnung, warum er so sehr darauf besteht. Ich begehre nur seinen Körper, seine elektrisierenden Berührungen, die urtümlichen, intimen Dinge, die er mit mir macht. Seine Hände, die Zähne, die Zunge und hauptsächlich das, was er zwischen den Beinen hat. Manchmal küsse ich es. Lecke es. Dann glänzt auf seiner Haut der SchweiÃ, und ich spüre, dass sein Verlangen wächst, wenn er unter meinen Lippen härter wird. Ich drücke seine Hüften herunter und reize ihn. Das gibt mir das Gefühl von Macht.
»Du bist der schönste Mann, den ich je gesehen habe«, sage ich. »Du bist vollkommen.«
Er gibt einen erstickten Laut von sich und murmelt vor sich hin, dass ich diese Aussage bei Gelegenheit ernsthaft in Zweifel ziehen würde. Ich ignoriere das. Es sagt viele rätselhafte Dinge. Ich beachte sie alle nicht. Ich bewundere die übernatürliche Anmut seines Körpers. Dunkel, kraftvoll, muskulös streift er wie ein wildes Tier im Zimmer umher. Schwarze und rote Symbole bedecken den gröÃten Teil seiner Haut. Das ist exotisch,erregend. Er ist groÃ. Beim ersten Mal konnte ich ihn beinahe nicht aufnehmen. Er füllt mich vollkommen aus und stillt meinen Hunger â nur so lange, bis er sich von mir entfernt; dann bin ich wieder leer.
Ich gehe auf alle viere und strecke mich ihm einladend entgegen. Ich weiÃ, dass er meinem Hinterteil nicht widerstehen kann. Wenn er es ansieht, nimmt sein Gesicht einen lustigen Ausdruck an. Er presst die Lippen zusammen, und sein Blick verhärtet sich. Manchmal dreht er sich ruckartig weg.
Aber immer sieht er mich wieder an.
Durchdringend und so hungrig, wie ich mich fühle.
Ich glaube, er wehrt sich gegen sein Verlangen. Das verstehe ich nicht. Begierde ist. Tiere beurteilen sie nicht. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Lust ist. Tiere verschaffen sich Genuss. »Mehr«, sage ich. »Komm wieder ins Bett.« Es hat einige Zeit gedauert, bis ich diese feine Sache, die man Sprache nennt, gelernt habe. Ich lerne schnell, allerdings weià ich noch längst nicht alles. Er behauptet, dass ich die Sprache immer beherrscht und nur vergessen hätte. Er
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