Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
Vom Netzwerk:
ziemlich zu bei dem Versuch, ihn dazu zu bringen, meine Wünsche zu erfüllen. Mit meiner animalischen Magie suche ich nach seiner Schwäche, um sie gegen ihn einzusetzen, wie er meine gegen mich einsetzt. Etwas gibt nach, und plötzlich bin ich nicht mehr zwischen dem seidenen Laken und seinem muskulösen Körper gefangen, sondern …
    Ich stehe in der Wüste. Ich befinde mich im Körper meines Liebhabers und sehe die Umgebung durch seine Augen. Ich bin mächtig, riesig und stark. Wir atmen die erstickend heiße Nachtluft ein. Wir sind allein – so allein! Ein sengender Wind fegt über die Wüste und schwillt zu einem heftigen Sandsturm an, der unzählige kleine, nadelspitze Sandkörnchen in unser ungeschütztes Gesicht treibt, und wir können kaum die Hand vor Augen sehen. Aber wir machen keine Anstalten, uns abzuschirmen. Wir heißen den Schmerz willkommen, werden zu dem Schmerz. Wir atmen die Sandkörner ein, die in unserer Lunge brennen.
    Andere flankieren uns, dennoch sind wir allein. Was haben wir getan? Was ist aus uns geworden? Haben sie sie schon aufgesucht? Weiß sie davon? Wird sie uns verraten? Sich von uns abwenden?
    Sie ist unsere Welt. Unser hellster Stern, die strahlendste Sonne, und jetzt sind wir finster wie die Nacht. Wir waren schon immer düster, gefürchtet, jenseits der Gesetze. Trotzdem hat sie uns geliebt. Wird sie uns auch weiterhin lieben? Wir, die nie Unsicherheit oder Furcht kannten, haben jetzt beides, in diesem nahezu unsinnigen Moment der größten Stärke, kennengelernt. Wir, die ohne Gewissen getötet, ohne nachzufragen alles genommen und ohne Zögern andere bezwungen haben, stellen jetzt all das in Frage. Zugrunde gerichtet durch eine einzige Tat. Wir, deren Schritte niemals stockten, sind ins Straucheln geraten. Wir fallen auf die Knie, legen den Kopf in den Nacken und schreien, während Sandkörner in die Lunge dringen; wir schreien mit aufgeplatzten, brennenden Lippen unseren Unmut hinauf in den Himmel – in diesen verdammten Himmel, der uns verhöhnt  …
    Jemand schüttelt mich.
    Â»Was treibst du da?«, brüllt er. Ich liege wieder im Bett zwischen Seidenlaken und meinem Geliebten. Noch spüre ich die glühende Hitze der Wüste, und meine Haut erscheint mir rau wegen der vielen Sandkörner. Er starrt mich unverwandt an; sein Gesicht ist weiß vor Zorn. Und mehr. Er, den nichts erschüttern kann, ist aus der Fassung geraten.
    Â»Wer ist sie?«, frage ich. Ich bin nicht mehr in seinem Kopf. Es war anstrengend, so lange zu bleiben. Er wollte mich nicht dort haben. Mit seiner ungeheuren Stärke hat er mich vertrieben.
    Â»Ich weiß nicht, wie du das machst, aber du wirst es nie wieder tun«, knurrt er und schüttelt mich noch einmal. »Hast du verstanden?« Er fletscht die Zähne. Das erregt mich.
    Â»Du hast sie allen anderen vorgezogen. Weshalb? War sie besser im Bett?«
    Das ergibt keinen Sinn.
    Ich bin sehr versiert.
    Eigentlich sollte er mich über alle anderen stellen.
    Ich bin hier. Jetzt. Sie ist fort. Keine Ahnung, woher ich das weiß, aber sie ist schon sehr, sehr lange weg. Weit länger als das, was er »Wochen« nennt.
    Â»Dring nie wieder in meinen Kopf ein!«
    Eindringen – dieses Wort kenne ich. »Oh, bitte …!«
    Â»Schlaf«, befiehlt er mit tausend Stimmen. »Sofort.«
    Ich leiste Widerstand, aber er sagt es immer und immer wieder. Nach einer gewissen Zeit fängt er an zu singen. Schließlich holt er Tinte und zeichnet etwas auf meine Haut. Das hat er schon einmal gemacht. Es kitzelt, aber es … beruhigt.
    Ich schlafe.
    Ich träume von kalten Orten und Festungen aus schwarzem Eis. Ich träume von einer weißen Villa. Ich träume von Spiegeln, die Türen zu Träumen und Tore zur Hölle sind. Ich träume von Tieren, die nicht existieren dürfen. Ich träume von Dingen, die ich nicht benennen kann. Ich weine im Schlaf. Starke Arme umfassen mich. Ich schaudere. Mir ist, als würde ich sterben.
    Etwas in meinem Traum möchte, dass ich sterbe. Oder dass mein Leben weniger wird, soweit ich das verstehe.
    Es macht mich wütend. Ich will mein Dasein nicht schmälern oder gar sterben, egal, wie viel Schmerz ich ertragen muss. Ich gebe jemandem ein Versprechen. Jemandem, der mein hellster Stern, meine strahlendste Sonne ist. Jemandem, dem ich nacheifern möchte. Ich frage

Weitere Kostenlose Bücher