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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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er mit dem letzten Atemzug, mindestens einen meiner Elternteile, wenn nicht beide, mit in den Tod nehmen würde.
    Â»Zeit gewinnen«, hatte Barrons gesagt.
    Ich nahm den Speer aus dem Holster. In dem Moment, in dem ich ihn unter der Jacke hervorholte, fing er an zu knistern und weiße Funken zu sprühen. Er hatte eine solche Leuchtkraft, dass der alabasterfarbene Schein in den Augen blendete, als würde der Speer Kraft aus dem Feenbereich ziehen.
    Ich konnte meine Hand nicht dazu bringen, ihn loszulassen. Meine Finger gehorchten mir nicht mehr.
    Â»Lass ihn fallen – sofort!« Er wandte sich meiner Mutter zu und hob die Faust.
    Ich knurrte, als ich den Speer von mir schleuderte.Die Spitze bohrte sich in die Wand des glatten rosafarbenen Tunnels. Der fleischige Tunnel zitterte, als hätte er Schmerzen. »Lassen Sie sie in Ruhe«, stieß ich hervor.
    Â»Schieb die Waffen mit dem Fuß weg und zeig mir die Steine.«
    Â»Im Ernst, Barrons hat gesagt, das soll ich nicht tun.«
    Â»Los!«
    Seufzend nahm ich die Steine aus dem Beutel und aus dem Samttuch, in das sie gewickelt waren.
    Die Reaktion war prompt und heftig: Der Tunnel zog sich zusammen, ächzte, und der Boden unter mir bebte. Die Steine leuchteten in blau-schwarzem Licht. Die Wände zogen sich zusammen und dehnten sich aus, als wollten sie mich durch Kontraktionen aus dem Kanal pressen, und plötzlich blendete mich das bösartige Licht, und das Rauschen des Windes und Wassers betäubte meine Ohren. Ich kniff die Augen zu. Es gab nichts, woran ich mich festhalten konnte. Ich hatte die Steine in der Hand und versuchte, sie mit dem Samttuch zu bedecken, das mir der Wind fast entrissen hätte. Mein Rucksack stieß gegen meine Schienbeine und wurde ein Stück weggetragen.
    Ich heulte in den Wind, rief nach meinen Eltern, nach Barrons … und ja, zum Teufel, sogar nach dem Lord Master! Ich hatte das Gefühl, in zehn verschiedene Richtungen gezerrt zu werden. Meine Jacke wurde mir von den Schultern gerissen. Ich hatte große Mühe, die Steine in den Beutel zu stecken.
    Plötzlich war alles still.
    Â»Ich hab’s Ihnen gesagt«, grollte ich, ohne die Augen zu öffnen, weil sie sich noch nicht von dem grellen Lichterholt hatten. »Barrons hat geraten, sie nicht aus dem Beutel zu nehmen. Aber hören Sie auf mich? Nein.« Er gab keine Antwort. »Hallo?«, rief ich vorsichtig. Immer noch keine Antwort.
    Ich öffnete die Augen.
    Weg war der rosafarbene Tunnel.
    Ich stand in einer Halle aus purem Gold.
    Goldene Wände, goldener Boden – ich legte den Kopf in den Nacken: Gold, so weit das Auge reichte. Falls es eine Decke gab, konnte ich sie nicht sehen. Überall hoch aufragende goldene Wände, die ins Nichts führten.
    Ich war allein.
    Kein Lord Master. Keine Wachen. Keine Eltern.
    Ich senkte den Blick, in der Hoffnung, mein Gewehr, die Messer und den Rucksack dort vorzufinden.
    Da war nichts außer dem weitläufigen goldenen Boden.
    Ich suchte hektisch die Wände nach meinem Speer ab. Nirgendwo war ein alabasterfarbener Schimmer zu sehen.
    Mir wurde, als ich mich langsam im Kreis drehte, bewusst, dass an diesen goldenen Wänden nichts anderes zu sehen war außer Hunderte, nein Tausende, nein – ich starrte nach oben – mehrere Milliarden Spiegel.
    Ich schmeckte ein Stück der Unendlichkeit. Ich war ein winziger Punkt auf einer Zeitschiene, die sich nach beiden Seiten endlos ausdehnte.
    Â»O Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
    Ich wusste, wo ich war.
    In der Hall of All Days.

EINUNDDREISSIG
    Ich habe keine Ahnung, wie lange ich dort saß.
    Die Zeit konnte ich an diesem Ort nicht einschätzen.
    Ich saß mit angezogenen Knien inmitten der Hall of All Days, starrte den goldenen Boden an, weil ich mich klein fühlte und mir schwindelig wurde, wenn ich den Blick schweifen ließ, und versuchte, meine Situation zu analysieren.
    Problem: Irgendwo da draußen in der realen Welt, in meinem Wohnzimmer in Ashford, Georgia, hielt der Lord Master noch meine Eltern gefangen.
    Ich konnte mir vorstellen, dass er richtig wütend war.
    Es war nicht mein Fehler gewesen. Er hatte darauf bestanden, dass ich ihm die Steine zeigte. Ich hatte ihn gewarnt. Aber die Schuldfrage war irrelevant wie meine Anwesenheit in dieser riesigen Hall of All Days.
    Der Lord Master hatte meine Eltern in seiner Gewalt – das war relevant.
    Ich hoffte, dass

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