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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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schon immer von meinen Eltern gewusst und erst jetzt entschieden, von seinem Wissen Gebrauch zu machen?
    Im Spiegel – jenseits der fünf Meter, die uns trennten – schüttelte mein Dad den Kopf. Seine Augen sagten: Kommt gar nicht infrage, Baby. Du bleibst auf deiner Seite des Spiegels. Wag es nicht, dich gegen uns einzutauschen.
    Natürlich musste ich das. Er war derjenige gewesen, der mir beigebracht hatte, dass das Herz Gründe hatte, die der Verstand nicht kannte – das war, soweit ich mich erinnerte, das einzige Zitat von Pascal. Die Vernunft der ganzen Welt hätte mich nicht dazu bewegen können, dem Spiegel den Rücken zuzukehren – sogar wenn ich Barrons nicht im Hintergrund gehabt hätte. Selbst ohne das Sicherheitsnetz hätte ich diesen Hochseilakt vollführt. Ich mochte am gestrigen Abend den Namen meiner leiblichen Mutter und meinen Familiennamen erfahren haben und mich selbst als eine Mac O’Connor ansehen, aber Jack und Rainey Lane waren für mich Mom und Dad, und das würden sie auch bleiben.
    Ich näherte mich der Wand. Dads Blick war zornig, und er hätte mich angeschrien, hätte er keinen Knebel im Mund gehabt.
    Ich trat in den Spiegel.

TEIL III
    Aber jetzt schauen wir durch dunkles Glas, und bevor sich die Wahrheit allen offenbart, von Angesicht zu Angesicht, sehen wir sie in Fragmenten (o weh, wie unleserlich), im Irrtum der Welt, so dass wir ihre originalgetreuen Zeichen buchstabieren müssen, selbst wenn sie uns undeutlich und so erscheinen, als wären sie mit einem Willen verschmolzen, der sich gänzlich dem Bösen beugt.
    Umberto Eco
    Im Namen der Rose

DREISSIG
    Â»Schön, dass du gekommen bist«, höhnte der Lord Master. »Hübscher Hut.«
    In einen Spiegel zu treten war, als würde man sich in eine klebrige Membrane drücken. Die Oberfläche wellte sich zähflüssig, nachdem ich sie berührt hatte. Sie leistete Widerstand, als ich versuchte hindurchzusteigen. Ich presste ein bisschen stärker, und es kostete mich einige Kraft, die silbrige Haut mit dem Stiefel zu durchbohren. Ich schob das ganze Bein hinein.
    Immer noch drängte mich der Spiegel mit seiner Elastizität zurück.
    Für einen Moment stand ich je zur Hälfte im und außerhalb des Spiegels. Mein Gesicht steckte im Spiegel, der Hinterkopf ragte noch ins Haus. Gerade als ich dachte, die Haut würde mich mit der Kraft eines gigantischen Gummibandes zurückschnellen lassen, saugte sie mich ein – warm und unangenehm feucht – und spuckte mich auf der anderen Seite wieder aus.
    Ich erwartete, mich im Wohnzimmer wiederzufinden, aber ich befand mich in einer Art Tunnel, der mit einer feuchten rosafarbenen Haut umgeben war. Mein Wohnzimmer war weiter weg, als es im Spiegel ausgesehen hatte. Zwischen mir und meinen Eltern war ein Abstand von etwa zwölf Metern. Barrons hatte sich geirrt. Der LM war mit den Spiegeln geschickter, als er es ihm zutraute. Darroc konnte nicht nur Spiegelhintereinanderstapeln, sondern auch noch das Bild, das der Spiegel zeigte, beeinflussen. Der rosafarbene Tunnel war von der anderen Seite nicht sichtbar. Es stand eins zu null für den LM, aber das Spiel würde er nicht gewinnen.
    Â»Als hätte ich eine andere Wahl gehabt.« Ich wischte mir das Gesicht am Ärmel ab und kratzte eine dünne Schicht stinkender, glitschiger Nachgeburt ab. Dabei schob ich fast den MacHalo von meinem Kopf. Ich hatte mir überlegt, ob ich ihn vor dem Betreten des Spiegels abnehmen sollte (die meisten Leute nahmen einen nicht ernst, wenn man ihn trug), aber jetzt war ich froh, es nicht getan zu haben. Kein Wunder, dass die Menschen diese Spiegel meiden.
    Du hattest durchaus eine Wahl , sagten die zornig funkelnden Augen meines Vaters. Du hast die falsche Entscheidung getroffen.
    Die Augen meiner Mutter brachten weit mehr zum Ausdruck. Sie begann mit meinen wirren schwarzen Haaren, die unter dem Helm hervorschauten. Die enge Lederhose, die ich trug, brachte sie regelrecht auf die Palme, und meine kurzen, schlecht gepflegten Fingernägel verurteilte sie ganz und gar. Als ihr Blick auf das Gewehr fiel, das an meiner Schulter hing und gegen meine Hüfte schlug, musste ich sie ausblenden.
    Ich machte einen Schritt.
    Â»Nicht so schnell«, sagte der Lord Master. »Zeig mir die Steine.«
    Ich nahm das Gewehr in die Hand, streifte den Rucksack ab, öffnete ihn, fischte den schwarzen

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