Gefangene der Flammen
würde er Arabejila ein für alle Mal vernichten, doch vorher musste er natürlich fliehen. Sie würde ihn nicht bezwingen, diese Idiotin von einer Frau, die sich für etwas Besonderes hielt, nur weil sie Blumen wachsen lassen konnte!
Ein scharfer Ruck ging durch den Berg, und Mitro spürte fast augenblicklich eine Veränderung. Arabejila hatte ihre Aufmerksamkeit von ihm und den Fesseln, die ihn banden, abgewandt. Mit aller Macht unterdrückte er die Panik, die ihn erfasste, da der Ausbruch jeden Moment erfolgen konnte, und zwang sich, ruhig zu bleiben und seine Aufmerksamkeit auf einen Strang seiner Fesseln zu beschränken. Auf einen nach dem anderen. Er musste dieses Gewebe auflösen, um fliehen zu können.
Mitro versuchte, sich an jede Einzelheit seiner jüngsten Begegnung mit Arabejila zu erinnern. Er war schockiert gewesen, entsetzt sogar. Er war so sicher gewesen, dass sie tot war. Sie hatte weder mit ihm gesprochen noch geantwortet, und er hatte versäumt, ihr Bewusstsein zu durchforschen, als er die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Deshalb verhielt er sich jetzt völlig ruhig und versuchte nur, sehr sachte und vorsichtig an ihr Bewusstsein zu rühren. Wenn er wüsste, mit welchen Worten sie ihn gefesselt hatte, könnte er das Gewebe ziemlich leicht auflösen. Er musste nur in Arabejilas Kopf hineingelangen. Sie war seine Seelengefährtin. Ihr Blut würde seinen Ruf beantworten, doch seine Berührung musste sehr behutsam sein.
Mitro verdrängte seinen ganzen Zorn, was nicht leicht war, da Arabejila die Schuld an allem trug, was in seinem Leben schiefgegangen war, und er bereits vorhatte, sie und jeden zu töten, an dem ihr etwas lag. Mit ungewohnter Sanftheit berührte er das dichte Gewebe und suchte eine Verbindung zu Arabejila. Sein Blut regte sich, blieb aber kalt wie Eis. Da war nur Stille. Leere. Es kam kein Kontakt zustande. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er denken, sie wäre tot.
Verwundert wechselte er die Taktik. Das Gefühl der Dringlichkeit nahm zu, als der Berg grollte und Gase in die Höhe spie. Unter ihm drohte der Feuersturm loszubrechen, der sich dort zusammenbraute. Ganz unversehens spürte Mitro wieder eine Veränderung, als lockerte sich das Gewebe ein wenig, als hätte Arabejila die Fäden nicht fest genug angezogen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit von ihm abgewandt hatte. Vorher hatte sie ihn mit beiden Händen fest umklammert, doch jetzt war von diesem eisernen Griff nichts mehr zu spüren.
Triumphierend zerrte Mitro an dem Gewebe und versuchte, es mit seinen Krallen zu durchtrennen. Aber die Fäden hielten seinem Angriff sehr viel stärker als erwartet stand. Er erhöhte den Druck auf die Fesseln und kämpfte gegen einen Anfall von Panik an, weil er befürchtete, dass seine heftigen Bewegungen die Aufmerksamkeit des Jägers erregen könnten. Auch Danutdaxton war in diesem Vulkan zu etwas anderem, viel Mächtigeren geworden, und es war lebenswichtig, ihm nicht zu begegnen.
Die Fesseln zogen sich wieder an, doch dann fielen sie plötzlich und ganz unerwartet von ihm ab. Außer sich vor Begeisterung, stieg Mitro schnell zu der Barriere und der Stelle auf, mit deren Ausdünnung er Jahrhunderte verbracht hatte. Es würde nur Sekunden dauern, sie zu durchbrechen, und wenn der Vulkan ausbrach, würde er mit den Gasen durch den Schlot entkommen. Ein Hochgefühl überkam ihn. Schadenfreude. Triumph. Nichts und niemand konnte ihn jetzt noch aufhalten.
Dax schoss durch den wütenden Vulkan, und stieg, wie nur ein Drache es konnte, aus den unteren Kammern in die Höhe und auf die Barriere zu. Er spürte die leichte Veränderung in der Erde, den beruhigenden Einfluss auf sie, eine sanfte Hand, die den Vulkan beschwichtigte und die katastrophale Explosion abschwächte, die den Berg aufgerissen und kilometerweit alles dem Erdboden gleichgemacht hätte.
Arabejila? , fragte er, obwohl er sicher war, dass sie schon lange nicht mehr auf der Erde weilte. Er hatte ihr Dahinscheiden gespürt und auch die Trauer des Berges, als sie nicht mehr war. Sein Blut hätte nach ihr gerufen, wenn sie noch am Leben gewesen wäre. Und trotzdem war das Gefühl von ihr – das Einladende, die Macht – noch immer da. Mehr denn je sogar.
Aber nur Schweigen antwortete auf seinen Ruf. Wäre Arabejila in der Nähe gewesen – und er wusste, dass irgendjemand versuchte, den Vulkan zu besänftigen –, hätte der Blutaustausch, den sie einst vorgenommen hatten, ihm ermöglicht, eine telepathische Verbindung zu ihr
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