Gefangene der Flammen
bezogen hast, wie du es getan hast, um den Vampir festzuhalten oder als du den Vulkanausbruch von uns abgewendet hast. Du hast auch diese Macht benutzt, doch die meiste Energie hast du selbst aufgebracht und in Dax einfließen lassen. Du hast ihn vollständig geheilt, Riley. Und damit meine ich, dass du Knochen und Gewebe aus nichts erneuert hast. Ich habe unter Karpatianern gelebt, und nicht einmal ihre mächtigsten Heiler hätten aus eigener Kraft erreichen können, was du geschafft hast, und das auch noch in solch kurzer Zeit. Es ist ein wahres Wunder. Nachdem du dann ohnmächtig geworden warst, hat Dax dich untersucht, aber er konnte nichts finden und sagte nur, wir sollten dich in Ruhe schlafen lassen. Und das haben wir getan.« Er senkte den Blick. »Möchtest du noch etwas Suppe?«
Riley brauchte einen Moment, bevor ihr auffiel, dass sie auf den inzwischen leeren Teller starrte. »Gern. Danke.«
Gary rief Jubal, und nur Sekunden später wurde ihr leerer Suppenteller gegen einen vollen ausgetauscht. Jubal steckte den Kopf gerade lange genug ins Zelt für ein Lächeln und ein Winken, das Riley automatisch erwiderte. Dann schlüpfte er wieder hinaus, und die Zeltöffnung fiel hinter ihm zu.
»Riley, ich weiß, dass du schon seit einiger Zeit den Verdacht hast, dass Jubal und ich weit mehr wissen, als wir zu teilen bereit sind. Wir bewahren aus vielen Gründen Geheimnisse, vor allem jedoch, um Leute zu schützen, die uns sehr am Herzen liegen. Da Dax uns aber als deine ›Beschützer‹ sieht, hat er uns erlaubt, etwas von unserem Wissen mit dir zu teilen.« Gary schien nachdenken zu müssen, wo er am besten mit seinen Erklärungen beginnen sollte.
»Warte!« Sie hob die Hand. »Bevor du anfängst, erzähl mir etwas über die anderen! Du sagtest, Ben und Jubal ginge es gut. Doch was ist mit dem Rest der Leute aus den Booten? Haben sie überlebt?«
»Dax hat Miguel, Hector, Don und Mack Shelton gefunden, als wir den Berg herunterkamen. Und bei dem Versuch, der Spur des Professors und seiner Studenten zu folgen, sind wir hierhergelangt.« Etwas in seinem Tonfall löste ein ungutes Gefühl in Rileys Magen aus.
»Was ist passiert?«
»Der Professor ist gestürzt. Oh, keine Sorge, es ist nichts allzu Schlimmes! Er hat sich ein Bein gebrochen. Dummerweise ist er im Dschungel und kann nicht laufen. Aber er wird schon wieder.«
»Und?«, versuchte sie, ihm auf die Sprünge zu helfen, als er wieder schwieg. »Du hast doch nicht diesen besorgten Ausdruck in den Augen, weil der Professor sich ein Bein gebrochen hat. Was gibt es sonst noch Neues?«
»Dax fand zwei tote Träger in jener ersten Nacht. Der Beschreibung nach zu urteilen, handelt es sich dabei um Fernando und Jorge. Sie waren offenbar auf dem Rückweg, um zu sehen, ob wir alle dem Vulkan entkommen waren.«
Riley schüttelte den Kopf. »Wie schrecklich!« Da sie jedoch wusste, dass das noch nicht alle schlechten Neuigkeiten waren, schwieg sie und wartete auf die anderen.
»Einer der Führer und auch einer der Studenten des Professors werden vermisst. Pedro machte sich auf die Suche nach sauberem Wasser für das Frühstück, und Marty begleitete ihn. Sie kamen nie zurück.« Garys Miene wurde noch grimmiger. »Dax glaubt, dass Mitro sie gefunden haben könnte.« Sein Gesichtsausdruck besagte, dass auch er das befürchtete. »Aber er könnte sich ja geirrt haben; deshalb haben wir die meisten Männer auf die Suche nach ihnen geschickt.«
Gary ließ ihr einen Moment, die Neuigkeiten zu verarbeiten, während er ihren leeren Suppenteller zu Jubal hinausbrachte und mit zwei blauen Emailletassen wiederkam.
Vampire . Riley schüttelte ungläubig den Kopf. Vampire waren Monster aus Legenden und Geschichten; Kreaturen aus Gruselfilmen und -romanen. Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben. Aber dann wiederum dürften auch keine Drachen existieren, und ihre Mutter dürfte nicht tot sein, und … Rileys Herz schien einen Schlag auszusetzen, als sie über diesen Mann namens Dax nachdachte. Auch er dürfte eigentlich nicht hier sein, was immer er auch war.
Sie nahm den Campingbecher, den Gary ihr reichte, und trank dankbar einen Schluck von dem lauwarmen Wasser. Es schmeckte nach Asche und Chemikalien, löschte aber zumindest den Durst und milderte die Trockenheit in ihrer Kehle.
»Was verschweigst du mir sonst noch, Gary?«, fragte sie, als ihr das Bild der beiden kämpfenden Drachen in den Sinn kam. »Was ist mit dem Jäger, diesem Dax? Wusstest du, dass er die
Weitere Kostenlose Bücher