Gefangene der Magie
Gegenstand, den ihr Volk geschmiedet hatte, nur so unterschätzen? Als sie dem Blick ihres Spiegelbildes begegnete, war es um sie geschehen.
Sie spürte noch, wie sich eine raue Hand um ihren Oberarm schloss und versuchte, sie wegzuziehen. Dann war sie fort.
Die Welt um sie verschwand. Kälte ergriff sie und erstickte ihre Schreie. Die einzigen Laute, die sie noch vernahm, waren hohl und gedämpft. Als würde eine Wand aus Glas sie vom Rest der Welt abschirmen.
Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass sie tatsächlich hinter Glas gefangen war. Im Spiegel der Sidhe.
Sie sah Ares auf der anderen Straßenseite, wie seine Hand ins Leere griff und er irritiert auf die Stelle blickte, an der sie eben noch gestanden hatte.
Hände schwebten am Rande ihres Sichtfeldes. Sie versuchte, den Blick nach oben zu wenden, doch sie schaffte es nicht. Es gelang ihr nicht einmal, an sich selbst hinunterzusehen. Ihre Augen blickten starr geradeaus, in eine spiegelverzerrte Welt.
»Wirklich ärgerlich, dass du mich gezwungen hast, den Seelenspiegel zu verwenden«, sagte Ryan und ließ die Eingangstür mit einem Fingerschnippen hinter sich zufallen. »Es dauert sieben Jahre, bis er sich aufgeladen hat und wieder zu gebrauchen ist.«
Er sagte noch mehr, aber Kira war nicht fähig, seinen Worten zu folgen. Kälte lähmte ihre Gedanken, durchdrang all ihre Zellen.
Cian hörte Kiras Schreie, wollte zu ihr laufen und sie vor allen Gefahren beschützen. Aber er konnte sich nicht bewegen, nicht einmal mehr atmen. Er war gefangen und zerrissen und hatte doch keine Ahnung, wo er sich befand.
Die Welt vor ihm spiegelte sich in verzerrten Facetten, als versuchte er, durch dreißig Fenster gleichzeitig zu blicken. Kaum noch nahm er wahr, wie Ares an Kiras Arm riss, ehe sie sich in Luft auflöste.
Cian wollte nach ihr rufen, doch dafür fehlten ihm Stimme und Lippen. Wenn seine Angst um sie nicht so lebendig gewesen wäre, hätte er geglaubt, er sei tot.
Später konnte sich Kira kaum noch an die Zeit erinnern, die sie innerhalb des Spiegels verbracht hatte. Ein Schutzmechanismus ihres Körpers, der alles Grässliche verdrängte. Ihr sollte es recht sein.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie nass geschwitzt auf kaltem Beton. Frost überzog ihre Haut, wo sich Schweiß in Eis verwandelt hatte.
Der Spiegel lag in Scherben neben ihr. Sie fror zu sehr, um bei seinem Anblick Genugtuung zu verspüren. Wäre sie ein Mensch gewesen, hätte sie die Eiseskälte niemals überlebt.
Als sie jemanden atmen hörte, wandte sie den Blick von den Scherben ab. Ryan stand über sie gebeugt da. Kraftlos, wie sie war, ließ sie sich von ihm in eine rote Decke wickeln.
»Du hast den Spiegel zerbrochen«, sagte er in einem Tonfall, den Kira nicht zu deuten wusste. »Ich hätte das nicht für möglich gehalten. Du hast mich gerade um ein Vermögen gebracht.« Merkwürdigerweise klang Ryan eher amüsiert als erzürnt.
Zärtlich strich er ihr über die Wange. Und obwohl sie ihn lieber niedergeschlagen hätte, drückte sie ihr Gesicht gegen seine Hand. Sie war so wundervoll warm.
Ryan lachte leise. »Wir sind ja heute richtig anschmiegsam. Aber mach dir keine Sorgen, dir wird es bald wieder besser gehen. Ehrlich gesagt mag ich es lieber, wenn du stark genug bist, mich anzugiften.«
Ryan zog seine Hand zurück und nur ihr letztes bisschen Würde bewahrte sie davor, dagegen zu protestieren.
Die Welt verschwamm vor ihren Augen und sie schloss die Lider. Es dauerte nicht lange, bis die Erschöpfung sie in den Schlaf riss. In eine Traumwelt, in der es weder Magier noch gefährliche Spiegel gab.
Ryan war so klug, sich nicht in das Innere ihres Käfigs zu wagen. Als Kira das nächste Mal erwachte, war sie weit davon entfernt, ihr Gesicht in seine Handfläche schmiegen zu wollen. Eher hätte sie ihm den Kopf von den Schultern gerissen.
Er war jedoch nicht klug genug, sich gänzlich von ihr fernzuhalten. Minutenlang wedelte er mit der Flöte vor ihrem Gesicht herum. Und das, obwohl Sidhe für ihren lang anhaltenden Groll und ihre ausgefeilten Rachepläne berüchtigt waren.
»Also, wie funktioniert es?«, fragte er Kira mit schmeichelnder Stimme. »Ich spüre die alte Magie darin, kann sie aber nicht erreichen. Als du die Flöte in die Hand nahmst, hat sie vor Magie regelrecht geleuchtet. Sag schon, wie hast du das gemacht?«
Die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst, funkelte Kira ihn trotzig an.
Ryan gab sich gekränkt. »Nimmst du mir die Sache mit
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