Gefangene der Magie

die Klimaanlage von der Hitze befreit, war Cian aber gefangen in seinen Gedanken. Gequält von all den Wiesos. So bekam er nicht mehr mit, wie Max aus dem Wagen stieg und nach ihm rief.
    Der Bus startete und fuhr los. Cian konnte das schreckliche Gefühl nicht abschütteln, dass es die falsche Richtung war.
    Nach allem, was passiert war, gab es eigentlich nur noch ein Ziel für Cian. Er selbst erkannte das aber erst, als der Bus an der Haltestelle in der Nähe der Armorstreet ankam. Kurz entschlossen stieg er aus.
    Welche Ironie, wenn er so darüber nachdachte. Als er Evan noch als Freund betrachtet hatte, hatte dieser ihm einen Schlüssel für sein Apartment in der Armorstreet gegeben. Kira und er sollten dort Zuflucht finden, aber rückblickend hatte Evan wohl nie gewollt, dass sie dort ankamen. Zumindest legten die Sidherebellen, die sein ehemaliger Freund ihm kurz darauf auf den Hals gehetzt hatte, diesen Entschluss nahe.
    Verbittert? Er?
    Die Sonne hatte ihren Rundgang über den Horizont schon fast beendet, als Cian von einer schmalen Straße in die Armorstreet einbog.
    Evans silberner Jaguar stand am Fahrbahnrand und verriet dessen Anwesenheit. Es war ein altes Modell vom Anfang der Jahrtausendwende und hatte Evan ein kleines Vermögen gekostet.
    Evan liebte seine Autos, vor allem die Oldtimer, und der Jaguar war sein größter Schatz. Ein komplizierter magischer Schutz umgab ihn, der Evan Tage harter Arbeit gekostet hatte. Kein Autodieb würde den Jaguar auch nur anfassen können, aber Cian kannte Evans Zauber. Ihn aufzuheben, war für ihn ein Leichtes.
    Leise vor sich hin summend, hob er einen Ast vom Boden auf und zog im Vorbeigehen einen langen Kratzer in den Lack des Jaguars. Noch nie hatte das Quietschen von Metall süßer in seinen Ohren geklungen.
    Die Haustür stand offen. Vor der Apartmenttür im dritten Stock brauchte Cian erneut nur wenige Sekunden, um den Schutz vor Einbrechern zu deaktivieren. Ja, welche Ironie. Auf die gleiche Weise hatte Evan es Sinas Auftragskillern möglich gemacht, ihn zu ermorden. Er war einer der wenigen gewesen, die Cians Code kannten.
    Mit einem leichten Magiestoß ließ Cian die Tür aufschwingen.
    Dann trat er ein.
    Das Apartment stammte noch aus Evans Collegetagen und hatte sich seitdem wenig verändert. Im Gegensatz zu der Wohnung im Zentrum mit ihren eleganten Möbeln und dem anspruchsvollen Design, herrschte hier ein chaotischer Stilmix.
    Der Tisch seiner Großmutter war von schwarzen Bürostühlen umringt, während das samtrote Sofa gut in ein Pornosetting gepasst hätte. Kleidung und leere Kaffeetassen, wohin das Auge sah. Der Geruch von verschüttetem Whisky kitzelte Cian in der Nase.
    Als Evan anfing, im Zentrum zu arbeiten, hielt er es für praktischer, wieder in die Wohnung seiner Eltern zu ziehen. Das Apartment in der Armorstreet hatte er für die Wochenenden behalten.
    »Damit niemand auf die Idee kommt, mir Samstagabend Arbeit aufzuhalsen«, hatte Evan immer gesagt. Wahrscheinlicher war aber, dass es ihm auf Dauer zu anstrengend war, Frauen durch die Sicherheitsschleusen zu bringen.
    Es war Samstag und somit hatte Cian Glück. Dann feuerte jemand mit einer Pistole auf ihn und schon war es mit dem Glück wieder vorbei. Die Kugel verfehlte ihn um einen halben Meter, aber Cian fluchte trotzdem.
    »Bei Merlins Eiern!«, schimpfte er. »Ich schwöre, wenn noch einmal jemand auf mich schießt, werde ich zum Mörder!«
    »Cian?« Ein ungekämmter sandfarbener Haarschopf erschien im nächsten Türrahmen. »Bist das wirklich du?«
    Cian nutzte Evans Verwirrung und verbog den Pistolenlauf mit einem Magiestoß. Evan kannte sicher fünfzig andere Arten, ihn zu töten, aber solange keine Pistole im Spiel war, war Cian bereit, es mit allem aufzunehmen.
    Evan kommentierte die Zerstörung seiner Waffe nicht einmal, sondern ließ sie einfach zu Boden fallen.
    »Dann stimmt es, was man mir gesagt hat? Du hast es tatsächlich geschafft, deinen Körper wiederzubekommen? Unglaublich.« Fassungslos schüttelte Evan den Kopf. »Du riechst wie ein Grab, aber ich muss sagen, du hast dich gut gehalten, für ’nen toten Kerl.«
    Cian schnaubte. Er hatte keine Lust auf humorvolles Geplänkel. Das erinnerte ihn nur zu sehr daran, was er mit dieser Freundschaft verloren hatte, was Evan zerstört hatte.
    »Das Gleiche kann man von dir nicht behaupten«, sagte er kühl. »Von uns beiden siehst eher du wie eine Leiche aus.«
    Ein bitteres Lächeln umspielte Evans Lippen. Cian hatte das