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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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das verstummte, als Jamie seinen Blick von den Armbrustschützen auf dem Wehrgang abwandte.
    Der Torwächter räusperte sich und hob abwehrend die Hand. »Wir werden auf die Stadtwache warten, und ihr beide werdet die Nacht in einer Zelle verbringen. Ihr werdet die Einzigen dort sein – die anderen wurden letzte Woche gehängt oder aber freigelassen, um sich den Rebellen anzuschließen. Morgen früh könnt Ihr Euch dann wieder auf Euren Weg machen, richtig? Seid nicht so streng, Mann«, fügte er hinzu und begann, ein wenig bittender zu klingen, obwohl Jamie sich nicht bewegt hatte. Aber die Armbrustschützen standen noch immer dort oben, deshalb war ein bittender Torwächter keine Schwachstelle, die Jamie nutzen konnte.
    Er richtete seinen Blick wieder auf die Mauer und schwieg. Er fühlte sich, als könnte seine Wut ein Loch durch den Stein brennen.
    Neben ihm murmelte Ry irgendetwas, aber Jamie konnte es nicht hören, das Hämmern der Wut in seinem Kopf war zu laut.
    Dafür würde Eva bezahlen. Sie war so gut wie tot.

9
    L ange nachdem das Gefecht aufgehört hatte, näherte sich ein Mann dem Durchgang neben dem Red Cock und starrte auf die nackten Männer, die im grauen Licht des heraufdämmernden Morgens langsam wieder zu sich kamen.
    Sie schüttelten den Kopf, berappelten sich so weit, um zu erkennen, dass sie weder Kleider noch Stiefel noch Waffen hatten. Es war schwer zu sagen, was am beschämendsten war. Dann sahen sie ihn.
    Alle drei nahmen sofort Haltung an. »Sir!«
    »Ihr habt mir den Priester nicht gebracht.« Er musterte ihre nackten Körper. »Wer hat das getan?«
    Sie sahen unbehaglich drein. »Jamie Lost.«
    Er lächelte kaum merklich. »Natürlich.« Eine kleine Gruppe Gaffer begann, sich zu sammeln. Er ignorierte es. »Ich habe die anderen mit dem Bischof nach Westen geschickt. Es gefällt mir nicht, den Bischof zu benutzen, da er sehr teuer ist. Zieht euch an und kommt mit.«
    »Aber, Sir …«, protestierte einer. Er zeigte auf den Boden. Weit und breit keine Kleider.
    »Ich sagte, bekleidet euch und folgt mir. Es ist mir egal, wie ihr das macht. Nehmt seine«, schlug der Mann vor und zeigte auf einen zahnlückigen Gaffer, der diesen Vorschlag gar nicht schätzte. »Mir ist es egal, wie ihr es anstellt, aber wenn ihr nicht fähig seid, euch in dieser Lage selbst zu helfen, habe ich keine Verwendung für euch.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und ging davon.
    »Wer zum Teufel glaubt er, ist er überhaupt?«, murrte der Zahnlückige, sobald das Objekt seines Widerwillens außer Hörweite war.
    Einer der Männer grummelte: »Der Jäger.«
    Der Gaffer spuckte verächtlich durch seine Zahnlücke, eine Prahlerei, um die Männlichkeit zu stärken, die in Gefahr geraten könnte. »Tatsächlich? Nun, innerhalb dieser Stadtmauern gibt es aber kein Wild.«
    Der nackte Soldat sah ihn verächtlich an. »Du Idiot. Er jagt kein Wild. Er jagt Erben. Und jetzt gib mir deine Kleider.«
    »Nicht hier?«
    Eva starrte auf den knurrigen, dickleibigen Wirt namens Roland. Ausgestattet mit einem Dreifachkinn und zwei zornigen Augen starrte er zurück.
    Das Licht der späten Vormittagssonne fiel durch die schmierigen, salzbespritzten Fenster der Gaststube hinter ihm, was für eine grelle, scheckige Beleuchtung in dem gleichermaßen schmuddeligen Vorraum sorgte.
    »Aber er sollte gestern Abend hier eintreffen«, sagte sie, nicht so sehr als Erklärung gedacht, sondern als Versuch, ihre gegenwärtige düstere Realität zu begreifen. Der Mann, der sie mit seinem Boot zurück nach Frankreich bringen sollte, war nicht gekommen.
    »Aye, nun, ist er aber nicht«, entgegnete der Wirt unwirsch. »Zumindest hat er sich nicht bei mir gemeldet. Kein Fischer namens William und auch keine entstellten Töchter eines Fischers. Und«, fügte er in seinem barschen Ton hinzu, »Ihr seid gut beraten, genug Geld zu haben, um die Entschädigung für das Zimmer zu bezahlen, das Ihr nutzt, wo es doch eigentlich für sechs gedacht ist.«
    Eva stieg die Treppe wieder hinauf. Gog ging im Zimmer hin und her, Father Peter beobachtete ihn und murmelte etwas vor sich hin. Ein kleines Tintenfass stand auf dem Tisch – Father Peter ging niemals ohne die Gerätschaften seines Berufes irgendwohin –, aber Roger war heute an den Briefen des Priesters nicht interessiert.
    Er schaute herüber, als sich die Tür knarrend öffnete. Als Eva den Kopf schüttelte, wandte er sich abrupt ab.
    Seine Schritte klangen hohl auf den Dielen, als er zum Fenster ging.

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