Gefangene des Feuers
Zeit für ihn gegeben hatte, wo eine Poker spielende Lady ihn schockiert hätte, aber die Erinnerung an eine solche Zeit wollte sich nicht einstellen.
Seine Karten sahen abgenutzt aus, mit Eselsohren und Flecken. Annie sah sie an, als würden sie all das verkörpern, was gefährlich und verboten war. Rafe legte ihre Sättel vor das Feuer, damit sie sich daran anlehnen konnten und es bequemer hatten als im Schneidersitz. Dann erklärte er ihr das Spiel. Sie begriff schnell, obwohl ihr noch die Erfahrung fehlte. Also lehrte er sie, wie Blackjack gespielt wurde, ein passenderes Spiel für zwei Personen und eines, das sie genügend fesselte, um die nächsten beiden Stunden damit mit ihm zu verbringen.
Als das Spiel schließlich seinen Reiz verloren hatte, schlug Rafe vor, zu Bett zu gehen. Amüsiert quittierte er den aufgeschreckten Blick, den sie ihm zuwarf. „Ist schon gut“, wehrte er ab. „Ich weiß, dass du wund bist. Wir warten damit bis morgen.“ Dass sie immer noch rot wurde, wunderte ihn.
Er gab ihr sein Hemd, damit sie es im Bett anziehen konnte. Nicht, weil er sie nicht nackt wollte, denn genau das war sein Wunsch. Vielmehr wollte er, dass ihre Arme und Schultern warm bedeckt waren. Und obendrein würde sie es in seinem Hemd bequemer haben als in ihrer hochgeschlossenen Bluse. Sie schlüpfte unter die Decke, und als sie sich in ihrer entzückend schüchternen Art an ihn schmiegte, seufzte er bedauernd auf.
Beide waren eigentlich noch nicht müde, aber Rafe war zufrieden damit - beinahe jedenfalls -, einfach nur neben ihr zu liegen. Träge nahm er ihre Hand und hob ihre Finger an seine Lippen. Die Wärme, die ihnen entströmte, ließ seine Lippen prickeln.
Annie kuschelte ihren Kopf an seine Schulter. Zu gerne hätte sie die Zeit angehalten, um für diesen Moment zu leben, aber sie wusste, dass es leider nicht möglich war. Obwohl sie ihn liebte, durfte sie nicht vergessen, dass es keine gemeinsame Zukunft für sie gab - dass er vielleicht überhaupt keine Zukunft hatte. Schmerzlich zog ihr Herz sich zusammen, als sie sich vorstellte, eine Kugel könnte sein Leben auslöschen. Dass er kalt und reglos irgendwo verloren liegen könnte und für immer von ihr gegangen wäre.
„Dieser Mann, von dem sie glauben, dass du ihn getötet hast“, begann sie zögernd, weil sie wusste, dass es ihm nicht gefallen würde, wenn sie dieses Thema anschnitt. „Weißt du, wer es wirklich getan hat?“
Er war einen Augenblick still, ehe er ihre Finger wieder an die Lippen führte. „Ja, sicher.“
„Gibt es denn keine Möglichkeit für dich, das zu beweisen?“
Er hatte es versucht, in der Zeit, als er so wütend gewesen war, dass er sie alle dafür hatte zahlen lassen wollen. Beinahe hätte er dabei sein Leben verloren, ehe er voller Entsetzen feststellen musste, dass alle Beweise gegen ihn sprachen. Er wusste, wer Tench getötet hatte, oder zumindest, wer den Mord in Auftrag gegeben hatte. Aber er konnte nicht beweisen, dass nicht sein Finger am Abzug gewesen war. Doch all das verschwieg er, sondern sagte stattdessen in leisem Ton, während er ihre Hand an sein Gesicht legte: „Nein.“
„Das kann ich so nicht hinnehmen“, rief sie empört. „Es muss einen Weg geben. Was ist denn passiert? Erzähl es mir!“ „Nein“, sagte er wieder. „Je weniger du weißt, desto sicherer lebst du. Sie sind nicht wegen dem, was ich getan habe, hinter mir her, Liebes. Sondern wegen dem, was ich weiß. Und sie töten jeden, von dem sie glauben, dass ich es ihm erzählt habe.“ Das war ein Grund mit gewesen, warum er den Versuch schließlich aufgegeben hatte, sich selbst zu entlasten. Denn zwei Menschen mussten sterben, die ihm hatten helfen wollen. Die Einzigen, die ihm wohl noch glauben würden, waren seine Freunde, und er konnte nicht zulassen, dass sie auch sterben mussten. Und was spielte es jetzt auch noch für eine Rolle? Er selbst machte sich keine Illusionen mehr. Doch andere Menschen hatten ein Recht auf ihre eigenen; diese Illusionen waren manchmal ihr einziger Trost.
„Was ist denn daran so gefährlich?“, warf sie ein und hob den Kopf von seiner Schulter.
„Ich würde dich in Gefahr bringen, wenn ich es dir erzähle.“
„Daran hättest du denken sollen, bevor du mich hierher verschleppt hast! Wenn jemand es herausfindet, wird er dann nicht annehmen, dass du mit mir darüber gesprochen hast?“ „Keiner aus der Stadt hat mich bei deinem Haus gesehen“, versicherte er ihr.
Sie schlug eine andere
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