Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
Atem stank nach Schnaps. Angst stieg in ihr auf. „Ich muss erst noch mal auf die Toilette“, flüsterte sie, rutschte vom Barhocker und schwankte, als sie mit beiden Füßen auf dem Boden stand.
Der Mann packte sie am Arm und hielt sie fest. „Beeil dich, Babe, ich warte auf dich.“
Sein Griff tat ihr weh. Sie schüttelte seinen Arm ab und bahnte sich torkelnd ihren Weg zwischen den dicht an dicht gedrängt stehenden Menschen hindurch, deren Gesichter von den Blitzen der Lichtorgel sekundenlang grell erleuchtet wurden und im nächsten Moment schon wieder im Dunkel versanken.
Voller Angst suchte sie nach einem bekannten Gesicht. Sie brauchte etwas, an das sie sich halten konnte, weil sie das Gefühl hatte, dass der Boden unter ihren Füßen schwankte. Sie fühlte sich weitergeschoben, willenlos ließ sie es geschehen. Ihr Herz schien außer Rand und Band geraten zu sein, es hämmerte wie verrückt, gleich würde es ihre Brust sprengen.
Als ihr Blick zu Boden fiel, kreischte sie laut auf. Ihr Herz – zu ihren Füßen lag ihr Herz, blutverschmiert und noch immer heftig pulsierend.
Prinzessin. Die Stimme dröhnte in ihrem Kopf. Zoe wirbelten herum. Daddy. Daddy ist zu dir zurückgekommen.
„Wow – wie wunderschön.“ Starke Hände legten sich auf ihre Schultern.
„Daddy“, flüsterte sie, und Tränen stürzten aus ihren Augen. Sie warf sich in seine Arme, und er begann sie im Rhythmus der Musik hin und her zu schwenken. Zoe presste ihr Gesicht an seine Brust, um sich seines Herzschlags zu versichern, um sich immer wieder von neuem davon zu überzeugen, dass er auch wirklich und wahrhaftig lebte. Sie presste die Augen ganz fest zu, ihr Daddy war zu ihr zurückgekommen; endlich war sie in Sicherheit.
„Sieht so aus, als wäre heute Nacht meine Glücksnacht.“ Er lachte und presste sie enger an sich. „Ich habe eine wunderschöne Prinzessin gefunden.“
Ihr Herz war übervoll, so voll, dass sie Angst hatte, es würde zerbersten. Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute zu ihrem Daddy hoch. Er lächelte. Jetzt wusste Zoe, dass sie nie mehr Angst zu haben brauchte.
Langsam erwachte Zoe. Alles tat ihr weh. Ihr Kopf, ihr Brustkasten, ihr Nacken, ihre Augen. Ihr ganzer Körper schmerzte, es waren Schmer zen, wie sie sie noch niemals vorher verspürt hatte. Während sie vorsichtig versuchte, sich zu bewegen, stöhnte sie. Dann riss sie die Augen auf. Obwohl es bereits dämmerte, brannte das Licht auf dem Nachttisch. Sie streckte die Hand aus, knipste es aus und machte die Augen wieder zu. Als sie sich umdrehen wollte, stieß sie gegen etwas Warmes, Hartes.
Wieder riss sie die Augen auf. Neben ihr lag ein Mann. Ein Mann, den sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Sie kramte in ihrem Gedächtnis, versuchte sich zu erinnern, wer er sein und wo sie ihn aufgegabelt haben könnte.
Sie kam nicht darauf.
Um ihn nicht zu wecken, schlüpfte sie ganz leise aus dem Bett. Als ihre Füße den Boden berührten, ging die Welt um sie herum in Schräglage. Eine Hand auf der Stirn taumelte sie ins Bad.
Nachdem sie sich übergeben hatte, schleppte sie sich zum Waschbecken. Sie fühlte sich entsetzlich. So schrecklich hatte sie sich noch nie im Leben gefühlt. Als sie sich mit den Fingerspitzen über die Lippen fuhr, bemerkte sie, dass sie aufgeplatzt waren und staubtrocken, die Mundwinkel eingerissen und blutverkrustet.
Sie drehte das Wasser auf und spülte sich den Mund aus, dann schüttete sie sich mit beiden Händen Wasser ins Gesicht. Warum nur konnte sie sich an nichts mehr erinnern? Sie war jeden Morgen im ersten Moment etwas verwirrt, doch normalerweise hielt dieser Zustand nur ganz kurz an, dann konnte sie wieder klar denken, und ihre Erinnerung kehrte zurück. Doch heute konnte sie sich trotz aller Anstrengungen an nichts mehr erinnern.
Anscheinend hatte sie einen totalen Blackout gehabt. Dunkel fielen ihr jetzt das Coke und die Pillen wieder ein. Was für Pillen? Sie runzelte die Stirn. Sie wusste es nicht mehr. Sie wusste nur noch, dass sie sie von einem Typ auf einem Parkplatz bekommen hatte.
Sie lehnte sich über das Wascbbecken und musterte ihr Gesicht im Spiegel. Grauenhaft. Als ihr Blick ein Stück nach unten irrte und auf ihre linke Brust fiel, blinzelte sie ein paar mal rasch hintereinander und ging noch näher an ihr Spiegelbild heran. Was war denn das? Sie betastete die leuchtend rote Stelle mit den Fingerspitzen und zuckte unter der Berührung zusammen. Wieder starrte sie in den Spiegel und
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