Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
Einladung, die er eben erhalten hatte. Das war unmöglich. Er las den Text noch ein zweites Mal durch in der Hoffnung, irgendetwas falsch aufgefasst zu haben. Dem war nicht so. Tremayne Davis lud anlässlich der bevorstehenden Hochzeit von Valentine und Carlo Triani zu einem Empfang und bat um sein Erscheinen.
Becky Lynn heiratet Carlo. Jack holte tief Luft. Wie konnte das passieren? Wie kann sie ausgerechnet Carlo heiraten?
Ob sie wusste, dass er auch eine Einladung erhalten hatte? Er vermeinte es fast zu hören, wie Tremayne ihr erklärte, dass ohne Ausnahme jeder eingeladen werden musste. Sogar Jack Gallagher, der Mann, der die große Valentine bereits gekannt hatte, als sie noch einfach nur Becky Lynn Lee war; der Trottel, der zu blind gewesen war, das Juwel zu erkennen, das direkt unter seiner Nase lag.
Oh ja. Jack verengte die Augen. Das war typisch Südkalifornien, hier wurde jeder eingeladen, selbst der ehemalige Liebhaber der Braut und der verleugnete Bastard-Halbbruder des Bräutigams. Die Party würde ein hundertprozentiges PR-Ereignis sein, und alle würden sich bestens amüsieren. Ganz besonders das glückliche Paar selbst.
Angewidert feuerte Jack die Einladung in die Ecke. Wie konnte das nur passieren? Warum hatte er das zugelassen?
Wilde Verwünschungen vor sich hinmurmelnd, durchquerte er das Studio und trat an seine Fotowand. Er hatte Valentine bisher noch nie fotografiert, obwohl er bereits verschiedene Male versucht hatte, sie zu buchen. Sie war jedesmal nicht verfügbar gewesen. Aber er hatte verschiedene Schnappschüsse von ihr gemacht, als sie noch nicht Valentine, sondern seine Assistentin Becky Lynn gewesen war.
Zwei davon hingen noch immer an seiner Wand. Er hatte sie als eine Art Strafe für sich selbst dort hängen lassen, eine ständige bittersüße Erinnerung an das, was zwischen ihnen gewesen war und was er verloren hatte. Während Jack die Fotos studierte, spürte er einen Kloß in seiner Kehle aufsteigen. Auf dem einen Bild kauerte sie am Boden und fummelte an einem Scheinwerfer herum; kurz bevor er auf den Auslöser drückte, schaute sie zu ihm hoch und lachte. Auf dem anderen blickte sie einfach nur in die Kamera, der Gesichtsausdruck verletzlich und von süßer Sinnlichkeit. Genau dieser Ausdruck war es, der sie zu einer der heiß begehrtesten Frauen machte.
Er streckte die Hand aus, um mit den Fingerspitzen über die Aufnahme zu fahren, doch in demselben Moment, in dem er sich darüber klar wurde, was er beabsichtigte, ließ er sie wieder sinken. Wie war es nur möglich, dass er so viel Zeit mit ihr verbracht hatte, ohne sie jemals wirklich wahrzunehmen? Als er jetzt auf die Fotos schaute, sah er Valentine wie in einem Vexierspiegel und erkannte mühelos das, was Carlo auf den ersten Blick gesehen hatte. Warum nur war ihm das nicht schon viel früher aufgefallen? Warum war er nur so blind gewesen?
Er holte tief Luft; seine Brust fühlte sich an wie zusammengeschnürt. Ob sie Carlo auch so anschaute? Liebte sie ihn?
Jacks Miene verfinsterte sich. Sie war dabei, einen Fehler zu begehen. Einen großen Fehler. Warum sah sie das nicht?
„He, Jack? Hast du schon gehört?“
Jack warf einen Blick über die Schulter und sah seinen Kameraassistenten Pete, zwei große Tüten im Arm, in der Tür stehen. „Ja“, erwiderte er kurz angebunden, „ich habe es schon gehört.“
„Tut mir leid, Alter. Ich weiß genau, wie scharf du auf den Etat warst.“ Pete machte ein bedauerndes Gesicht. „Ich war wirklich felsenfest davon überzeugt, dass du ihn bekommst.“
Jack, der in Gedanken noch immer bei Becky Lynn und Carlo war, schüttelte verständnislos den Kopf. „Was für einen Etat?“
„H.P. Macro-Wear.“ Pete schnaubte missbilligend. „Triani ist wirklich ein glücklicher Hund. Erst entdeckt er Valentine und nun das.“
Begriffsstutzig starrte Jack seinen Assistenten an. Es dauerte eine Weile, bis ihm die grausame Wahrheit dämmerte. „Willst du damit sagen … soll das heißen, dass sich Carlo Macro-Wear unter den Nagel gerissen hat?“
Pete schaute ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Du hast doch eben gesagt, dass du schon davon gehört hast.“
„Nein.“ Jack schüttelte den Kopf. „Ich dachte, du redest von … etwas anderem.“
„Blödsinn. Ich meine Macro-Wear. Triani hat den Etat.“
„Der Drecksack“, stieß Jack zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Nachdem er den Schlag einigermaßen verdaut hatte, sickerte langsam in
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