Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
es sich nicht leisten zu vergessen, wer sie war und wo ihr Platz in der Welt war. Täte sie es, würde sie doch wieder nur ein weiteres Mal enttäuscht und verletzt werden.
Sie schüttelte Miss Opals Hand ab. „Machen Sie sich keine Gedanken“, wiederholte sie.
„Ich mache mir aber Gedanken“, widersprach Miss Opal bestimmt. „Ich mag dich nämlich, und ich fühle mich schrecklich, weil ich dir eben so etwas unterstellt habe. Du bist ein gutes Mädchen, und eigentlich wusste ich ja, dass du so was niemals tun würdest, aber … Schau mich an, Becky Lynn. Bitte.“
Becky Lynn sah ihr ins Gesicht. Miss Opal wirkte plötzlich erschöpft, und in ihren Augen lag tiefes Bedauern. Becky Lynn spürte, wie ihr Zorn und ihre Enttäuschung verflogen.
„Du hast Recht, wenn du wütend auf mich bist. Ich habe mich geirrt, und ich entschuldige mich für das, was ich gesagt habe.“ Miss Opal griff nach ihrer Hand. „Und nun möchte ich, dass du mir ganz genau erzählst, was passiert ist, Becky Lynn.“
Becky Lynn schüttelte den Kopf und versuchte, Miss Opal ihre Hand zu entziehen. „Nein, lieber nicht. Ich … ich möchte nicht darüber reden.“
„Das wollte ich nicht von dir hören, Becky Lynn.“ Miss Opal umfasste ihre Hand fester. „Was haben diese Jungs mit dir angestellt?“
Becky Lynns Misstrauen war noch immer nicht besiegt. Doch da das Gesicht ihrer Arbeitgeberin echte Anteilnahme ausdrückte, entschloss sie sich schließlich zu reden, so schwer es ihr auch fiel. Während sie stockend ihre Geschichte erzählte, schaute sie auf ihre Schuhspitzen, das Blut rauschte in ihren Ohren. „Sie … sie haben mich angefasst. Ricky und Tommy … sie haben mich gegen einen Baum geschubst und mich festgehalten und dann …“ Plötzlich stürzten ihr die Tränen aus den Augen. „Sie haben meine Brust angefasst und meine …“
Sie schaute Miss Opal mit tränenverschleiertem Blick an. „Sie wollten nicht aufhören. Ich habe sie angefleht, aber … aber sie haben nicht auf mich gehört.“
Die Friseurmeisterin stieß einen leisen Entsetzensschrei aus und zog Becky Lynn an ihre Brust. „Meine arme Kleine. Arme, arme Kleine.“ Sie streichelte Becky Lynn übers Haar, wobei sie tröstliche Worte murmelte.
„Sie wollten nicht aufhören“, wiederholte Becky Lynn und durchlebte erneut die Momente ihrer Niederlage. „Nur einer war da bei, der nicht mitmachen wollte, und Randy stand einfach nur daneben. Mein eigener Bruder …“ Sie barg ihr Gesicht an Miss Opals Schulter.
Miss Opal hielt einen Moment inne, dann setzte sie ihr beruhigen des Streicheln fort. „Becky Lynn“, tastete sie sich behutsam vor, „haben dich diese Typen etwa … vergewaltigt?“
Als Becky Lynn nur stumm den Kopf schüttelte, atmete sie erleichtert auf. „Gott sei Dank. Wenigstens das ist dir erspart geblieben. Hast du deinen Eltern von der Sache erzählt?“
Becky Lynn machte sich von Miss Opal los und trat einen Schritt zurück. „Daddy hätte mir … er hätte mir sowieso nicht geglaubt. Und selbst wenn, ich weiß ganz genau, dass er mit Sicherheit nichts unternommen hätte. Und Mama … ach, ich weiß nicht … sie hat genug eigene Probleme.“
Miss Opal presste missbilligend die Lippen aufeinander. „Und es gab auch keine Lehrerin, der du dich hättest anvertrauen können?“
Becky Lynn schüttelte wieder den Kopf. „Nein. Ich hab’s niemandem erzählt.“
„Nun, dann müssen wir jetzt etwas unternehmen. Entweder wir gehen zu Tommys und Rickys Eltern oder aber zur Polizei …“
„Nein!“ Alarmiert schüttelte Becky Lynn den Kopf. Sie konnte sich genau vorstellen, was Tommys und Rickys Eltern denken würden, und auch die Reaktion der Polizei konnte sie sich in den blühendsten Farben ausmalen. Innerhalb von Stunden würde es sich wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet haben, dass die verkommene Becky Lynn Lee zwei Stars am Footballhimmel von Bend der versuchten Vergewaltigung bezichtigt hatte. Nicht auszudenken, was dann los wäre.
Verstört flocht sie ihre Finger ineinander. „Sehen Sie denn nicht, dass mir niemand glauben würde? Sie würden alle denken, dass ich ein Flitt… dass ich mich nur wichtig machen will. Es wäre schrecklich … ich weiß, dass ich das niemals durchstehen würde.“
„Aber man darf sie damit nicht durchkommen lassen.“ Miss Opals Stimme klang bestimmt. „Das wäre falsch.“
„Sie haben mir doch zuerst auch nicht geglaubt, wie wird es dann erst bei den anderen sein?“
Die ältere
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