Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
am Samstag, wenn sie sowieso kommt.“
„Kein Problem.“ Opal zog sich den Terminkalender heran und schrieb etwas hinein. „Und was ist, gewinnt ihr das große Spiel am Freitagabend?“
„Na klar, Ma’am“, gab Ricky großspurig zurück. Die Wolverines kriegen so richtig schön eins in die Fresse.“
„Da können Sie drauf wetten, Ma’am“, schaltete sich Tommy jetzt ein. „Die Jungs werden es noch schwer bereuen, jemals einen Fuß nach Bend gesetzt zu haben.“
„Genau das wollte ich hören.“ Miss Opal nickte zufrieden, dann kramte sie unter dem Tresen herum, wobei sie gleich darauf ein ärgerliches Schnauben von sich gab. „Ich weiß ganz genau, dass ich mir eine Flasche von dem Schampoo für mich selbst zurückgelegt habe. Wo ist sie bloß? Möchte wetten, dass Fayrene sie verkauft hat, nur weil sie zu faul war, nach hinten zu gehen und sich eine andere zu holen.“
Sie gab ihre erfolglose Suche auf und schaute über die Schulter nach hinten. „Becky Lynn“, rief sie, „bring mir doch bitte eine Flasche Erdbeerschampoo aus dem Lager!“
Tommy und Ricky drehten sich um und sahen sie an. Der Besenstiel rutschte ihr aus der Hand und fiel polternd zu Boden. Unfähig, sich zu rühren, starrte sie die beiden Jungen an.
Rickys Mundwinkel hoben sich verächtlich. Ihr Herz begann zu hämmern, ihre Handflächen wurden feucht. Sie wollten nur ein bisschen Spaß haben, während du dachtest, du müsstest sterben.
Miss Opal hob die Augenbrauen. „Becky Lynn? Das Schampoo.“
„Ja, Ma’am“, flüsterte sie, wandte sich um und beeilte sich, das Schampoo zu holen.
Spaß. Nur ein bisschen Spaß.
Den Blick auf ihre Schuhspitzen gerichtet, kehrte sie zurück und überreichte Miss Opal die Flasche.
„Hi, Becky Lynn.“
Sie schaute Ricky an. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Er erwiderte ihren Blick, arrogant, überheblich, kalt, ohne das geringste Anzeichen irgendwelcher Schuldgefühle. Sie wusste, dass er ihre Angst spürte. Und sie machte ihm Spaß, diese Angst. Auch das fühlte sie sehr genau.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. Solche wie er kamen immer durch. Man brauchte nur aus dem richtigen Stall zu kommen, dann konnte man sich alles erlauben. „Hallo“, erwiderte sie seinen Gruß. Ihre Stimme klang höher als sonst. Ihre Nägel gruben sich in ihre Handflächen.
Er grinste erneut, diesmal jedoch breit und leutselig. „Schon lang nicht mehr gesehen, Becky Lynn. Wo versteckst du dich denn die ganze Zeit?“
Sie spürte, dass Miss Opals Blick auf ihr ruhte, und schüttelte den Kopf. Ihr Mund war trocken. „Nirgends … ich bin … nirgends.“
Ricky nahm die Flasche mit Schampoo entgegen und warf sie Tommy zu, der sie geistesgegenwärtig auffing. „Na, wir werden dich schon finden, wenn wir Sehnsucht nach dir haben, Becky Lynn. Oder was meinst du, Tommy?“
Tommy lachte glucksend. „Na klar doch. Irgendwann die Tage.“
Becky Lynn schnappte nach Luft, sagte jedoch nichts. Miss Opal ließ sie nicht aus den Augen. „Becky Lynn, hinten steht eine neue Lieferung. Sei so gut und pack die Sachen noch schnell aus.“
Erleichtert nickte sie, drehte sich um und floh ins Lager. Nachdem die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, schlug sie sich die zitternden Hände vors Gesicht. Wir werden dich schon finden, wenn wir Sehnsucht nach dir haben, Becky Lynn hatte Ricky gesagt. Und Tommy hatte bekräftigt: Irgendwann die Tage.
Ihr Gefühl hatte sie also nicht getrogen; sie hatte sich keineswegs alles nur eingebildet. Ricky und Tommy hatten sie nicht vergessen; sie hatten sie lediglich auf Warteschleife gelegt.
Sie hörte, wie Miss Opal die Jungen freundlich verabschiedete, dann bimmelte die Ladenglocke.
Bitterkeit stieg wie Galle in ihr hoch, Tränen brannten in ihren Augen. Niemand würde ihr glauben, niemand in Bend sah in Tommy und Ricky etwas anderes als zwei sportbegeisterte Jungen und herausragende Footballstars, die der Mannschaft der High School von Bend über die Stadtgrenzen hinaus zu Ruhm verhalfen. Und an diesem Ruhm partizipierte ganz Bend.
Becky Lynn kniete sich neben dem Karton auf dem Fußboden nieder und begann, die Lieferung auszupacken. Als sie den Lieferschein zur Hand nahm, verschwammen die Artikelbezeichnungen vor ihren Augen.
Wo sollte sie sich nur verstecken? Wie konnte sie sich schützen? Verzweifelt lehnte sie ihren Kopf an die Kiste und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie rannen ihr über die Wangen, liefen die Nase hinunter, bis sie an ihrer Nasenspitze
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