Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
die Luft ein und zwang sich zum Weitergehen. Dann hörte sie, wie jemand hinter ihr ihren Namen rief. Der Klang schwebte durch die abendliche Dämmerung, gerufen in einer Geisterstimme, wie Kinder sie an Halloween imitieren, um sich gegenseitig zu erschrecken. Ruckartig blieb sie wieder stehen.
Ricky und Tommy sind hier.
Ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter, das Herz schlug ihr in der Kehle. Dann begann sie zu rennen.
Zu ihrer Rechten hörte sie, wie jemand durch das Feld lief. Einen Moment später schoß ein schwarzer Schatten wie ein Pfeil aus der Dämmerung und baute sich vor ihr auf. Ricky. Grinsend bleckte er die Zähne. „Hallo, Becky Lynn.“
Sie blieb stehen, ihre Angst ballte sich zu einem Klumpen in ihrer Kehle. Es gelang ihr nicht, ihn hinunterschlucken. „W…w… was machst … du denn hier?“ stammelte sie.
„Ich warte auf dich, Becky Baby. Wir warten auf dich.“ Er grinste noch immer. Ihre Hände wurden klamm. „Genau wie wir es versprochen haben, stimmt’s, Tommy?“
„Stimmt.“ Tommy sprang aus dem Graben zu ihrer Linken. „Was hast du denn heute Abend noch so vor, Baby?“ Nun sah sie, dass sich zu Tommy noch eine dritte Person hinzugesellt hatte, die jetzt von ihm am Ärmel gepackt und unsanft vorwärts geschubst wurde.
Es war Buddy. Er sah elend aus und hielt etwas in der Hand, von dem sie nicht erkennen konnte, was es war. Sie suchte mit den Augen die Umgegend nach ihrem Bruder ab, aber sie hatten offensichtlich entschieden, ihn diesmal nicht mitzunehmen.
Sie machte einen Schritt vorwärts. Ihre Gedanken rasten. Wo war ein Fluchtweg? Warum war sie so leichtsinnig gewesen? Warum hatte sie nicht auf Miss Opal gehört? Während sie tief Luft holte, versuchte sie, ihren Verstand oder zumindest das, was davon noch übrig war, zu ordnen.
„Wo hast du denn heute deinen Wachhund gelassen?“ Ricky schnalzte mit der Zunge. „Zu schade. Wirklich. Um dich.“
Tommy lachte, und Buddy schaute auf seine Schuhspitzen.
„Wetten, dass sie gleich die Englein im Himmel singen hört, stimmt’s, Tommy?“
„Na klar doch. So ein schönes Stück Frischfleisch.“
Sie schlossen die Reihen und kamen drohend auf sie zu. Becky Lynns Finger und Zehen fühlten sich an wie taub, auf der Zunge lag ihr ein Geschmack von Asche. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie in dem Haus schräg gegenüber ein Licht aufflammte. Wenn sie es bis dorthin schaffte, wäre sie in Sicherheit.
Sie wich einen Schritt zurück. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie suchte nach etwas, womit sie die Jungen ablenken könnte, nach etwas, das ihr für den einen Moment Luft verschaffen könnte, um die rettende Haustür zu erreichen. „Lasst mich in Ruhe“, flüsterte sie. „Bitte.“
Ricky lachte unflätig und machte wieder einen Schritt auf sie zu. „Warum sollten wir?“
„Ich hab euch nichts getan. Ich will einfach nur in Ruhe gelassen werden.“
„Wenn ich mich richtig erinnere, hast du mir eine runtergehauen, oder irre ich mich da?“ Ricky wandte sich nach Tommy um. „Oder wie siehst du das, Kumpel?“
„Aber sicher hat sie.“ Tommy grinste. „Volle Pulle.“
„Es … es tut mir Leid“, versuchte sie es erneut mit bebender Stimme, „ich wollte es nicht, es war nur, weil …“
„Verrat uns doch mal, was du dir dabei gedacht hast, uns bei Miss Opal zu verpfeifen?“ Rickys Stimme klang gefährlich sanft. „Hast du gehofft, unsere Väter würden uns den Arsch versohlen, oder was?“
Miss Opal hat ihr Versprechen gebrochen. Die Enttäuschung über diesen Vertrauensbruch schnürte ihr den Atem ab. Becky Lynn schnappte nach Luft. „W… was meinst … du denn damit?“
„Hast du wirklich geglaubt, dass dir jemand diesen Stuß abnimmt?“ spottete Ricky. „Du bist echt noch bescheuerter, als ich dachte. Soll ich dir sagen, was passiert ist? Unsere Eltern haben sich halb tot gelacht, und das war’s dann.“
„Kommt, Leute“, schaltete sich Buddy nervös ein. Seine Stimme klang höher als normalerweise. „Lasst sie gehen. Das Training fängt gleich an. Wenn wir zu spät kommen, ist der Coach bloß wieder sauer.“
„Was will er denn schon groß machen?“ erwiderte Tommy großspurig. „Glaubst du vielleicht, er sperrt uns für das nächste Spiel? Einfach lachhaft! Er weiß doch genau, dass er ohne uns nicht gewinnen kann.“
„Komm, Buddy, du scheißt dir doch bloß gleich in die Hosen.“ Rickys Stimme triefte vor Verachtung. „Es ist noch genug Zeit, dass jeder mal darf.“
Sie
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