Gefangene Seele
sechs Uhr, dann war es jetzt erst vier Uhr nachmittags in Kalifornien. Er holte tief Luft und wählte. Es hatte erst zweimal geklingelt, als eine Frau antwortete.
Sie zwitscherte: “Shooting Star Productions. Wie kann ich Ihnen helfen?”
“Ich versuche einen Mann namens Otis Jacks zu erreichen. Ist er da?”
“Nein, das tut mir leid. Mr. Jacks ist schon gegangen. Möchten Sie ihm eine Nachricht hinterlassen?”
Frank sank zusammen. Wenigstens war der Hurensohn noch in Los Angeles. Wenigstens war das eine gute Nachricht.
“Es ist wichtig, dass ich ihn so schnell wie möglich erreiche. Können Sie mir seine Mobilnummer geben?”
Die Empfangsdame zögerte. Sie war erst seit ein paar Wochen in der Firma und noch nicht vertraut mit Dingen wie der Herausgabe von Mobilnummern. Dann zuckte sie mit den Schultern. Es war ja nicht so, dass sie seine Privatnummer oder Adresse weitergab. Sie nannte Frank die Nummer.
“Danke”, sagte er und legte auf. Dann wählte er unverzüglich die zweite Nummer.
Es klingelte fünfmal, und Frank bereitete sich schon darauf vor, auf einen Anrufbeantworter zu sprechen, als plötzlich jemand dran war.
“Hallo … hier Jacks.”
“Du hast dich früher mal Solomon genannt. Wie hast du davor geheißen, hm, Otis?”
Otis hielt inne. Seines Wissens kannte niemand aus seiner Vergangenheit seinen Werdegang. Offensichtlich hatte er sich geirrt.
“Wer spricht da?”, fragte er.
“Belassen wir es dabei, dass hier einer deiner alten Kunden spricht.”
“Hören Sie zu, Sie Arschloch. Ich habe keine Zeit, mit Ihnen meine Zeit zu verschwenden, sagen Sie endlich, was Sie wollen.”
“Hast du kürzlich mal in die Zeitung gesehen? Kennst du die Nachrichten über das Mädchen … das du einmal Jade genannt hast?”
Otis grunzte. Also war er nicht der Einzige, der über die Nachrichten besorgt war.
“Ja, ich habe davon gehört.”
“Also, was wirst du tun?”, fragte Frank.
“Nichts”, antwortete Otis. “Ich werde nichts tun, und genau das empfehle ich auch Ihnen, wer Sie auch immer sein mögen.”
Big Frank schnaubte durch die Nase. Niemand sprach so mit ihm. Das ließ er nicht zu.
“Nun, vielleicht hast du nicht so viel zu verlieren wie ich.”
“Das ist Ihr Problem, nicht meines”, gab Otis knapp zurück. “Also stecken Sie sich Ihren Schwanz wieder zurück in die Hose, wo er hingehört, und halten Sie den Ball flach. Die Aufregung wird sich schnell genug wieder legen. Oder Sie lassen sich einfach eine Nasenkorrektur machen und gehen auf die Bahamas. Verdammt, machen Sie mich nicht dafür verantwortlich, dass Sie so ein kranker Ficker sind.”
Frank kochte, aber er konnte gegen Otis nicht viel ausrichten, ohne seine eigenen schmutzigen Geheimnisse aufzudecken. Dennoch konnte er nicht widerstehen zu bluffen: “Ich weiß mehr über dich, als du glaubst”, flüsterte Frank. “Du hast Babys geraubt … du hast Kinder an Perverse wie mich verkauft … was heißt das also?”
Frank hängte auf. Er hätte wissen müssen, dass der bedauernswerte Bastard ihm nicht weiterhelfen würde, aber er hatte es einfach versuchen müssen. Und da Otis seine Stimme nicht erkannt hatte, fühlte sich Frank sicher. Nun musste er herausfinden, ob der Mann an Jades Seite Raphael war. Wenn das zuträfe, dann würde Frank dafür sorgen, dass er ihn nicht verriet.
Er sah sich in seinem Schlafzimmer um und betrachtete das Ölgemälde an der Wand. Es war nur ein Druck eines Van Goghs, aber er mochte die Buntheit der Farben und die Paranoia, die er in den Pinselstrichen sah. Dann legte er sich aufs Bett und schloss die Augen. Er verfluchte die Tatsache, dass eine Frau mit runden Formen ihn nicht anmachte, im Gegensatz zu der Flachbrüstigkeit und der Schlankheit kleiner Mädchen.
Er lag dort in der Stille und überlegte sich all die Möglichkeiten und die Komplikationen, die es mit sich brachte, wenn er seiner Neigung nachging und ignorierte, was er gelernt hatte. Schließlich setzte er sich mit einem Seufzer auf. Es blieb dabei, für ihn stand zu viel auf dem Spiel.
Als er dieses Mal den Hörer des Telefons in die Hand nahm, hatte er einen Plan.
Es war acht Uhr morgens, als Otis Jacks in der Praxis seines Arztes ankam. Dieser Mann war eines der größten Talente in Los Angeles, wenn es um Schönheitschirurgie ging. Aber noch wichtiger war es, dass er für die angemessene Summe Geld einen perfekten Gedächtnisverlust für die Namen bestimmter Patienten entwickelte. Es ging tatsächlich das
Weitere Kostenlose Bücher