Gefeuert
mit Sperrzeiten gedroht wird oder mir ein Arbeitspaket auferlegt wird, wie es die Arbeitsagentur macht.
Im Umgang mit der Arbeitsagentur habe ich nie den Eindruck, einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld und den »Service« zu haben. Im Gegenteil. Es wird einem das Gefühlvermittelt, dass man die Aufmerksamkeit der Arbeitsagentur gnädigerweise erhält, aber nur, wenn man »ein guter Arbeitsloser« ist und alles tut, was von einem erwartet wird. Man fühlt sich klein und erniedrigt. Und dass man seit der Arbeitsmarktreform als »Kunde« bezeichnet wird, wirkt fast höhnisch, wie ein Schlag ins Gesicht. Jedes Unternehmen, das seine Kunden auf diese Art und Weise behandelt, wäre in kürzester Zeit pleite. Auch der Begriff »Agentur« kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um ein Amt und schikanöse Bürokratie handelt. Immerhin erreicht die Behörde damit eines: Jeder versucht, dass er so schnell wie möglich aus ihrem Machtkreis verschwindet und wieder zu Arbeit kommt.
Die folgenden Tage stehen ganz im Zeichen der Jobsuche. Ich muss unbedingt ein paar Bewerbungen losschicken. Zuerst will ich bei einem Arbeitgeber anrufen, der eine sehr interessante Position ausgeschrieben hat. Die Stelle scheint geradezu für mich gemacht. Ich erfülle jede einzelne Voraussetzung. Leider ist kein Ansprechpartner angegeben und den will ich jetzt erfragen. Und wer weiß, vielleicht ergibt sich aus dem Telefonat noch mehr. (»Sehr gut«, motiviert mich eine innere Stimme im Ohr. Sie gehört Frau Mayer, meiner Jobberaterin. »Genau so muss man es machen! Das habe ich in Bewerbungsratgebern gelesen.« Dann verstummt sie zum Glück. Was hat sie auch in meinem Kopf zu suchen?)
Allerdings habe ich die Rechnung ohne die Dame am anderen Ende der Leitung gemacht. Sie scheint die Funktion eines Bewerber-Abschreckers innezuhaben, obwohl ihre Telefonnummer in der Anzeige angegeben ist. Sie gewährt mir kein »Guten Morgen«. Meine Frage kommentiert sie mit einem knappen »Nein«. Und während ich mich noch verabschiede, knallt sie schon den Telefonhörer auf – natürlich ohne ein »Wiederhören« oder ähnlichen höflichen Schnickschnack.
Na gut, dann adressiere ich mein Anschreiben eben an die »sehr geehrten Damen und Herren«. Abwimmeln lasse ich mich so leicht nicht. Vielleicht ist Montagmorgen auch der falsche Zeitpunkt, um anzurufen.
Sämtliche Bewerbungsratgeber empfehlen Jobsuchern, vor der schriftlichen Bewerbung den telefonischen Kontakt zu suchen. Ich sehe ein, dass man damit aus der Masse der Bewerber herausstechen kann. Sicherlich macht sich nicht jeder die Mühe und manche scheuen womöglich auch die Situation. Andererseits muss man ja auch über etwas reden können beziehungsweise sinnvolle Fragen stellen. Und wenn das nicht klappt, sei es vor Aufregung oder weil die Chemie mit dem Gesprächspartner nicht stimmt, kann der Schuss nach hinten losgehen.
Damals, in der guten alten Zeit, als ich noch bei meinem Arbeitgeber fest im Sattel saß, war ich oftmals auf der anderen Seite: Bewerber riefen
mich
an. Diese Telefonate waren meistens überflüssig und deswegen nervig, manchmal aber auch sehr aufschlussreich. Ich erinnere mich vor allem an Bewerber, die einen negativen Eindruck hinterließen, weil sie entweder zu ahnungslos oder zu forsch waren.
Ich bin gespannt, was aus meiner Bewerbung wird und ob mir mein missglückter Telefonversuch negativ ausgelegt wird. Zumindest zum Vorstellungsgespräch würde ich sehr gerne eingeladen werden.
Ich versuche den unschönen Anruf zu verdrängen und mache mich an die nächste Stellenanzeige. Diesmal wird eine Onlinebewerbung gewünscht. Hätte ich die Wahl, würde ich lieber eine Bewerbungsmappe schicken. Es erscheint mir so unpersönlich, meine Daten in vorgegebene Abfragefenster einzugeben. Auch das Anschreiben würde ich lieber ausdrucken und persönlich unterschreiben, als es online zu formulieren. Es dauert lange, bis ich alles ausgefüllt, wieder und wieder kontrolliert und die gewünschten Dateien wie Zeugnisse hochgeladen habe.
Kaum habe ich den Button »Bewerbung abschicken« gedrückt, erhalte ich eine automatisierte E-Mail . Ich habe jetzt einen Benutzernamen und ein Kennwort. Das finde ich seltsam, die Bewerbung ist ja schließlich schon verschickt – oder geht das Unternehmen davon aus, dass man sich für mehrere Positionen bewirbt? Noch während ich darüber nachdenke,kommt schon die zweite automatisierte E-Mail . Nun wird mir für mein Interesse gedankt
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