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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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Ich bin ja noch immer in Elternzeit. Nebenbei arbeite ich an meinem Businessplan. Den brauche ich, falls ichmich mit dem Gründungszuschuss der Arbeitsagentur selbstständig machen möchte. Ich bin zwar viel zu früh dran. Doch ich will vorsorgen, ich denke mir: »Wer weiß, wie viel Zeit dir dafür die nächsten Wochen bleibt.«
    Ich bin mit allem rechtzeitig fertig, um zu meinem Bruder zu fahren, bevor er zu einer zweiten Operation in die Klinik muss. Ich beschließe, den Kleinen mitzunehmen. Die Idee ist, meinen Bruder abzulenken. Aber es funktioniert nicht.
    Mein Bruder ist zu k. o. von der ersten Operation und genervt von seiner besorgten Familie. Er beginnt mir von den Risiken der zweiten OP zu erzählen, bricht aber ab – offenbar mache ich ein zu kummervolles Gesicht. Immerhin höre ich durch, dass er noch gar nicht sicher ist, ob er sich überhaupt wieder operieren lässt.
    Mein Vater freut sich, uns zu sehen. Er kümmert sich rührend um uns. Die Krebserkrankung meines Bruders hat ihn gezeichnet. Seine Fürsorge weitet er auf uns aus, auch weil er merkt, dass sie meinen Bruder im Moment eher belastet. Und so komme ich nicht umhin, selbst zum Thema für ihn zu werden. Auf einmal hat er einen kranken Sohn und eine womöglich bald arbeitslose Tochter. Ich hatte ihm vor meiner Abreise den Businessplan gemailt. Damit wollte ich ihn beruhigen nach dem Motto: »Schau, ich mache was gegen die drohende Arbeitslosigkeit.« Und ich wollte auch seinen Rat und sein Feedback einholen. Das erhalte ich dann am Abend und es fällt strenger aus als erwartet.
    »Also, Julia, das können wir so nicht lassen«, legt er los. Ganz klar, dieser Satz gefällt mir nicht. Am allerwenigsten behagt mir das »wir«. Das kann nur drei Dinge bedeuten. Erstens: Mein Vater will sich mit mir zusammen selbstständig machen. Oder zweitens: Mein Vater will mein neuer Chef werden. Oder drittens: Ich bin über Nacht wieder zum Schulmädchen mutiert. Alle drei Möglichkeiten gehen mir gegen den Strich. Aber bevor ich antworten kann, feuert er schon sein Urteil ab.
    »Das ist absolut unprofessionell. Ich überarbeite das mal.«
    Und dann will er mich dazu bringen, seinen Bekannten zukontaktieren, der für eine Unternehmensgründung »horrende Zuschüsse« erhalten hat. Ich bin in der Zwickmühle. Einerseits schätze ich die Expertise meines Vaters und ich wäre dumm, sie aus kindlichem Trotz nicht zu nutzen. Andererseits will ich mir nichts mehr sagen lassen (müssen) und dem Sozialstaat »horrende« Gelder abknöpfen, das will ich auch nicht – meiner Meinung nach ist der Gründungszuschuss ohnehin großzügig. Wir einigen uns schließlich darauf, dass er den Businessplan auf Vordermann bringt und mir hilft, realistisch einzuschätzen, wie viel ich damit verdienen könnte. Den Bekannten-Kontakt kann ich mit dem Argument wenigstens auf später verschieben, dass ich mir ja noch gar nicht sicher sei, ob ich mich wirklich selbstständig machen möchte.
    Schwierig ist auch der Besuch bei meiner Mutter. Ich war nicht umhingekommen, ihr vor ein paar Wochen am Telefon von der Kündigung zu erzählen. Den Entschluss dazu traf ich, weil ich anfing mich zu verplappern und irgendwelche Treffen zu einer Zeit plante, die nach meiner Elternzeit lag.
    »Weißt du jetzt schon, wann du wieder anfängst?«, fragte sie mich daraufhin hellsichtig.
    »Ähm, ich habe noch etwas Zeit«, versuchte ich mich vage herausreden.
    »Haben sie dir nichts angeboten?«, hakte sie nach. Warum können Mütter so hartnäckig sein?
    Bei diesem Gespräch redete ich mich ein weiteres Mal mit meinem Elternzeit-Zustand heraus. Beim nächsten schenkte ich ihr dann reinen Wein ein. Seither arbeitet es in ihr.
    Als wir uns jetzt wiedersehen, kommt daher das Gespräch unweigerlich auf meine berufliche Situation. Natürlich ist es gegenüber dem, was gerade meinem Bruder widerfährt, völlig unwichtig. Aber es hält sie, genauso wie meinen Vater, nicht davon ab, sich auch Sorgen um mich zu machen.
    »Hast du dich schon beworben?«, fragt sie mich. »Ich habe eine interessante Stellenanzeige in der Zeitung gelesen. Da kann man im Internet mehr erfahren«, sagt sie und hält mir einen Zeitungsschnipsel unter die Nase.
    »Mhm«, antworte ich einsilbig und denke: »Na super, meine Mama, die von meinem Job im Grunde keine Ahnung hat und noch nie im Internet war, gibt mir Stellen- und Bewerbungstipps.«
    »Ja, ja, die habe ich auch gesehen. Keine Sorge. Ich bin dran. Ich habe doch tolle

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